Kritik an Umbesetzung des Aufsichtsrats
Was Aktionäre von Daimlers Hauptversammlung erwarten können
Seine Anteilseigner wird Daimler-CEO Ola Källenius am Mittwoch mit guten Zahlen und einer höheren Dividende beruhigen. Gegenwind hat er dennoch zu erwarten – vor allem bei der Umbesetzung des Aufsichtsrats.
Kann diesmal gute Nachrichten überbringen: Daimler-Chef Ola Källenius hat bei der Hauptversammlung eine Kernbotschaft - es läuft
Foto: Silas Stein / dpa
Das Corona-Schockjahr: Mit Milliardengewinn abgeschlossen. Den Gewinn: stärker als erwartet gesteigert. Das Sparprogramm: Auf Kurs. Und die Dividende: Wird kräftig erhöht.
Wenn Daimler-Chef Ola Källenius (51) am Mittwoch ab 10 Uhr virtuell vor seine Aktionäre tritt, hat er auf der diesjährigen Hauptversammlung des Autobauers viel zu vermelden, was seine Anteilseigner freuen dürfte. Die kommenden Jahre werden "ein Sack voll Arbeit", sagte der gebürtige Schwede Ende Februar 2020. Da stand die Welt wenige Wochen vor dem Ausrufen einer globalen Pandemie, die Daimler bald mit voller Wucht traf: Fabriken standen weltweit wochenlang still, die Autohäuser waren geschlossen, mit sämtlichen Performance-Kennzahlen ging es entsprechend steil bergab.
Stresstest bestanden
Den "Stresstest" des Jahres 2020 haben die Schwaben besser überstanden als vielfach erwartet. Der Automarkt in China erholte sich schneller als angenommen. Källenius' Kostensenkungsprogramm, beim deutschen Betriebsrat alles andere als unumstritten, wirkte offenbar zügig. Das zeigt sich auch an den Zahlen für das Gesamtjahr 2020: Obwohl Daimler mit 2,84 Millionen Fahrzeugen weltweit um 15 Prozent weniger Pkw und Nutzfahrzeuge absetzte, sank der Erlös nur um 11 Prozent auf 154,3 Milliarden Euro.
Der operative Gewinn stieg dagegen im Gesamtjahr kräftig – und zwar um mehr als 50 Prozent auf 6,6 Milliarden Euro.
Besonders kräftig zum Gewinn trug das Schlussquartal des Jahres 2020 bei, in dem Daimler 70 Prozent des im Gesamtjahr erzielten operativen Gewinns erwirtschaftete. An den Gewinnsteigerungen beteiligt Daimler auch seine Aktionäre: Die Dividende des Fahrzeugbauers soll in diesem Jahr auf 1,35 Euro je Aktie steigen – um 45 Cent mehr als noch im Vorjahr. Das hält die Aktionäre bei Laune, von denen viele noch das alles andere als berauschende Geschäftsjahr 2019 im Gedächtnis haben dürften. Damals dampfte Daimler die Ausschüttung je Anteilsschein auf 0,90 Cent ein, im Jahr 2018 waren es noch 3,25 Euro je Aktie gewesen.
Für das laufende Geschäftsjahr 2021 hat Daimler jetzt seine Renditeziele erhöht – auf jenes Niveau, das die Anteilseigner jahrelang gewohnt waren: Für dieses Jahr will der Autobauer in der Pkw- und Van-Sparte eine bereinigte Umsatzrendite von 8 bis 10 Prozent schaffen, bei Lkws und Bussen rechnen die Stuttgarter nun mit 6 bis 7 Prozent operativer Marge.
Die Corona-Krise, aber auch der US-chinesische Handelsstreit und die teure Umstellung auf Elektromobilität ließen die Margen zuletzt kräftig schmelzen. In der Pkw-Sparte lag sie 2020 bei 6,9 Prozent, in der Truck-Sparte sogar nur bei 2,0 Prozent.
Agiert Daimler bei Dividendenerhöhung "moralisch verwerflich"?
Und zuletzt musste sich Daimler auch mit einem unschönen Streit herumschlagen: Die geplante 50-prozentige Erhöhung der Dividende passt etwa der Bürgerbewegung "Finanzwende" gar nicht. Es sei "moralisch verwerflich", dass Daimler seine Arbeiter in Kurzarbeit geschickt habe, zum anderen aber die Dividende erhöhen wolle. Ein Vorwurf, den selbst Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) im ZDF so nicht gelten lassen wollte. Das Kurzarbeitergeld komme ja den Arbeitnehmern zugute und nicht dem Daimler-Konzern, führte Scholz vor einer Woche aus.
Zwei entsprechende formelle Gegenanträge sind bereits eingereicht. Dass die Aktionäre die Dividendenerhöhung auf der Hauptversammlung deshalb ablehnen, muss Källenius aber nicht fürchten: Größter Anteilseigner bei Daimler ist aktuell mit 9,7 Prozent die Tenaciou Prospect Invest Limited, hinter der sich der chinesische Milliardär Li Shufu verbirgt. Li hat den chinesischen Autobauer Geely gegründet, zu dem auch die schwedische Automarke Volvo zählt.
Zweitgrößter Aktionär ist Kuwaits Staatsfonds, der 6,9 Prozent der Daimler-Aktien hält, 5 Prozent gehören dem chinesischen Autobauer BAIC. Der Autobauer Renault-Nissan, mit dem Daimler jahrelang enger zusammenarbeitete, hat seine Anteile an Daimler jüngst auf 3,1 Prozent gesenkt – um so Schulden abzubauen, wie es zur Begründung hieß. Mehr als die Hälfte von Daimler, exakt 54,1 Prozent, sind in den Händen institutioneller Investoren. Nur gut ein Fünftel, nämlich 21,3 Prozent der Daimler-Aktien, gehören privaten Anlegern.
Deshalb dürften die Anträge gegen eine Dividendenerhöhung auf der Hauptversammlung ergebnislos bleiben – denn die Großaktionäre und institutionellen Investoren haben wohl kein Interesse daran, weniger zu verdienen.
Bei Daimlers Elektro-Offensive sind noch wichtige Fragen offen
Ein paar spannende Fragen dürften auf der Hauptversammlung aber dennoch aufgeworfen werden. Zum einen zum aktuellen Geschäftsjahr, in dem Daimler stark auf Elektroantriebe setzt. Den Elektro-Kompakt-SUV EQA auf Basis des Verbrenner-Modells GLA hatte Daimler Anfang 2021 vorgestellt und bringt ihn nun in den Handel. Mitte April folgt die wichtigste E-Premiere: Mit dem fünf Meter langen Elektro-SUV EQS will Daimler künftig auch im Oberklasse-Elektrosegment mitfahren – mit dem ersten Modell, das auf einer rein für Elektroantriebe entwickelten Architektur aufbaut und bis zu 700 Kilometer Reichweite je Akkuladung schaffen soll.
Die Entwicklungskosten dafür hat Daimler auf die vergangenen Jahre verteilt. Allerdings hakt es aktuell kräftig mit dem Batteriepartner Farasis. Und fraglich bleibt, wie bald die Elektro-Modelle ähnlich üppige Margen liefern werden wie etwa der bisherige Gewinngarant der Schwaben, die S-Klasse. Die hat Daimler kürzlich runderneuert, seit wenigen Monaten ist die siebente Generation des Luxusgleiters auf dem Markt.
Foto: Daimler
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Mercedes S-Klasse: Digitale Schlittenfahrt
Laut Daimler soll der EQS – erraten – "die S-Klasse unter den Elektrofahrzeugen werden". Ob das auch für die Margen gilt, ist allerdings bislang nicht überliefert.
Und auch in punkto künftiger Konzernstruktur ist noch einiges unklar. Ende 2019 hatte sich der Konzern in drei eigenständige Tochter-Aktiengesellschaften für Pkws und Vans, Lkws und Busse sowie eine Tochter für Finanz- und Mobilitätsdienstleistungen aufgespalten. Nun sollen doch nur zwei unabhängige Unternehmen daraus werden: Anfang Februar gab der Autobauer bekannt, einen Spin-Off des Truck & Bus-Geschäfts zu planen und Daimler Trucks getrennt an die Börse bringen zu wollen.
Aktionärs-Kritik an "Altherren-Gremium" im Aufsichtrat
Ein formeller Beschluss darüber soll auf einer außerordentlichen Hauptversammlung im dritten Quartal 2021 fallen. Auf der jetzigen ordentlichen Hauptversammlung dürfte es von Seiten der Aktionäre aber wohl einige Fragen dazu geben, was das Umdenken herbeigeführt hat und wie die Zusammenarbeit zwischen beiden Einheiten künftig aussehen wird.
Im Vorfeld regte sich auch Widerstand gegen die geplante Umbesetzung des Aufsichtsrates. Der langjährige Chefaufseher des Konzerns, Manfred Bischoff (78) will seinen Posten an Bernd Pischetsrieder (73) übergeben, der bereits einfaches Aufsichtsratsmitglied bei Daimler ist als einstiger Vorstandchef von BMW und des Volkswagen-Konzerns viel Branchenerfahrung hat. Das sei aber kein Zeichen des Neuaufbruchs "im Stuttgarter Altherren-Gremium", monierte der Dachverband der Kritischen Aktionäre in einem Gegenantrag.
Corporate-Governance-Experte Christian Strenger (77), einst Chef der Deutschen-Bank-Fondstochter DWS, schießt sich in seinem Gegenantrag auf einen weiteren Aufsichtsrat ein: Clemens Börsig (72), der bereits seit 14 Jahren in Daimlers Kontrollgremium sitzt. Börsig sei kein unabhängiger Kandidat, weil der ehemalige Mannesmann-, Bosch- und RWE-Manager bei seiner Berufung ins Daimler-Gremium im Jahr 2007 bereits Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Bank AG gewesen sei – und die sei seit Jahrzehnten mit Daimler verbunden, kritisiert Strenger. Das sei umso heikler, als Börsig Vorsitzender des Prüfungsausschusses sei und deshalb auch intensiv an der Aufarbeitung des Lkw-Kartells und des Dieselskandals eingebunden sei.
Auch andere Vertreter institutioneller Investoren äußerten gegenüber dem Handelsblatt Zweifel an der Unabhängigkeit der Daimler-Kontrolleure. Daimler widerspricht der Kritik in Stellungnahmen zu den Gegenanträgen deutlich. Insgesamt scheiden drei Aufsichtsräte aus dem Gremium aus: Neben dem bisherigen Aufsichtsratschef Manfred Bischoff (78) sind dies die ehemalig Nestlé-Managerin Petraea Heynicke (74) und Ex-BASF-Chef Jürgen Hambrecht (74). Für sie sollen die in Mumbai geborene Cisco-Managerin Elizabeth Centoni, Royal-Dutch-CEO Ben van Beurden (62) und der amtierende BASF-CEO Martin Brudermüller (59) nachrücken.
Ein wenig jünger wird der Aufsichtsrat dadurch, weiblicher aber nicht.
Seit Dezember ist die neue Generation der Mercedes S-Klasse auf den Straßen. Das billigste Modell, der S 350d mit Reihensechszylinder-Dieselmotor und 286 PS, wird 96.094 Euro kosten.
Foto: Daimler
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Ruhige Linien bestimmen das Äußere der neuen S-Klasse. Die Macher waren erkennbar bemüht, das stattliche Auto nicht unnötig herumprotzen zu lassen.
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Im Innenraum trifft ein opulentes Lederambiente auf Touchscreens. Der Clou ist jedoch das - gegen Aufpreis erhältliche - 3D-Armaturenbrett: Es bietet dreidimensionale Karten ähnlich einem Hologramm, ohne dass der Fahrer dafür eine Spezialbrille benötigt. Zudem zeigt ein riesiges Head-up-Display direkt in der Windschutzscheibe mit grünen Punkten, welchem Fahrzeug der Abstandstempomat folgt. Damit sieht der Fahrer genau, woran sich die Assistenzsysteme des Wagens orientieren.
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Ein großer Touchscreen zwischen Armaturentafel und Mittelkonsole ist die zentrale Schnittstelle zwischen Fahrern und Auto.
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Optional wird die S-Klasse mit einem Fahrwerk angeboten, das mit 48-Volt-Technik und speziellen Stellmotoren arbeitet. Es ermöglicht, dass vor einer absehbaren Kollision die Karosserie um bis zu acht Zentimeter angehoben wird.
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Der Innenraum der S-Klasse lässt sich in viele Lichtfarben tauchen. Abgestimmt darauf lassen sich Massageprogramme, Beduftung sowie Musikberieselung und Klimatisierung auswählen.
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Die S-Klasse wird in einer 5,18 Meter langen Standardversion angeboten, sowie in einer 5,29 Meter messenden Langversion.
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Die Türgriffe der S-Klasse stecken bündig in der Karosserie. Erst wenn man sich mit dem Autoschlüssel dem Wagen nähert, fahren sie hervor.
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Die neue S-Klasse beherrscht zumindest zeitweise und unter bestimmten Bedingungen das autonome Fahren. Ab Mitte 2021 wird die S-Klasse in Autobahnstaus autonom fahren können – anders als Audi und BMW, die am dafür notwendigen Zusammenspiel von Technik und Gesetzgebung bislang gescheitert sind. Sogar von hinten herannahende Einsatzfahrzeuge erkennt der Wagen dann mit Mikrofonen und einer Heckscheibenkamera und weicht selbstständig aus.
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Der Blick in den Fond der S-Klasse. Auf Wunsch gibt es bis zu 16 Airbags, wozu dann auch erstmals Frontairbags für die hinteren Passagiere gehören.
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Das eher gelassen-unscheinbare Ende eines spektakulären Autos. Der Kofferraum fasst 550 Liter, muss aber nach wie vor analog be- oder entladen werden.
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Seit Dezember ist die neue Generation der Mercedes S-Klasse auf den Straßen. Das billigste Modell, der S 350d mit Reihensechszylinder-Dieselmotor und 286 PS, wird 96.094 Euro kosten.
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Ein großer Touchscreen zwischen Armaturentafel und Mittelkonsole ist die zentrale Schnittstelle zwischen Fahrern und Auto.
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Optional wird die S-Klasse mit einem Fahrwerk angeboten, das mit 48-Volt-Technik und speziellen Stellmotoren arbeitet. Es ermöglicht, dass vor einer absehbaren Kollision die Karosserie um bis zu acht Zentimeter angehoben wird.
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