Wegen Virus-Krise Volkswagen stellt Geschäftsziele in Frage

Wie stark wird der Einbruch? Volkswagen in Wolfsburg
Foto: Axel Schmidt/ REUTERSVolkswagen weicht seine gerade erst aufgestellten Geschäftsziele wegen der raschen Ausbreitung der Coronavirus-Pandemie auf. Es sei ungewiss, mit welcher Schwere und Dauer die Virus-Krise auch den Volkswagen Konzern treffen werde, teilte der Autobauer am Dienstag bei der Präsentation der endgültigen Geschäftszahlen 2019 mit.
"Eine verlässliche Prognose ist derzeit nahezu unmöglich", fügte Finanzvorstand Frank Witter hinzu und erklärte: "Wir schöpfen im Task-Force-Modus alle Maßnahmen aus, um unsere Mitarbeiter und deren Familien zu unterstützen und unser Geschäft zu stabilisieren."
Vorstandschef Herbert Diess sagte, die Corona-Pandemie stelle den Konzern vor ungekannte operative und finanzielle Herausforderungen. Zudem seien nachhaltige Konjunktureinflüsse zu befürchten. "Durch die Bündelung unserer Kräfte, eine enge Zusammenarbeit und gute Moral im Konzern wird es uns gelingen, die Corona-Krise zu bewältigen."
Der Wolfsburger Autobauer hatte sich nach dem Rekordgewinn im vergangenen Jahr erst vor gut zwei Wochen für 2020 eine Umsatzrendite erneut in einer Spanne von 6,5 bis 7,5 Prozent vorgenommen. 2019 lag die Marge auf Grundlage des bereinigten Betriebsgewinns mit 7,6 (Vorjahr 7,3) Prozent leicht darüber. Die Prognose hatte Diess bereits mit dem Hinweis verbunden, dass die Aussichten wegen der politischen Spannungen und Konflikte weltweit sowie der Ausbreitung des Coronavirus mit Risiken verbunden seien.
Die Corona-Krise trifft die Autobauer jetzt mit Macht. Mehrere europäische Hersteller haben am Montag angekündigt, wegen der Auswirkungen der Corona-Epidemie ihre Produktion herunterzufahren oder Fabriken vorübergehend ganz zu schließen.
Volkswagen hatte mitgeteilt, die Produktion von Seat im spanischen Martorell und im VW-Werk in Navarra herunterzufahren. Das VW-Werk in der Nähe von Lissabon drosselt die Produktion um 16 Prozent. Dort fehlt es vor allem an Arbeitern, nachdem die portugiesische Regierung die Schließung aller Schulen angeordnet hat.
Experten erwarten, dass der Autoabsatz in Westeuropa im laufenden Jahr im günstigsten Falle um 11 Prozent einbricht. In China, wo die Epidemie ihren Ursprung nahm, läuft es hingegen besser. Dort gehen immer mehr Werke wieder ans Netz. Im Februar war der Absatz von Volkswagen auf dem weltgrößten Automarkt noch um 74 Prozent eingebrochen.
SUV-Boom treibt Volkswagens Gewinn, Kernmarke VW legt zu
Im abgelaufenen Jahr hatte Volkswagen dank Verkaufszuwächsen in wichtigen Regionen, dem SUV-Boom und weiteren Sparerfolgen besser abgeschnitten als viele Konkurrenten. Während diese ihre Prognosen wegen der schwachen Autokonjunktur senken mussten, blieben die Wolfsburger auf Kurs. Lediglich die französische Opel-Mutter PSA war bei der bereinigte Rendite im Autogeschäft noch besser als Volkswagen.
Die Kernmarke VW hat im abgelaufenen Jahr trotz eines durchwachsenen Geschäfts noch einmal einen höheren Gewinn eingefahren. Das operative Ergebnis vor Sondereinflüssen stieg von 3,2 Milliarden Euro auf 3,8 Milliarden Euro. Die Kosten zur Bewältigung der Dieselkrise blieben mit rund 1,9 Milliarden Euro ungefähr auf Vorjahresniveau.
Für den Gesamtkonzern sind die wesentlichen Zahlen bereits bekannt. Demnach konnte die VW-Gruppe 2019 ihren Gewinn unterm Strich um 12,8 Prozent auf 13,3 Milliarden Euro steigern. Der Umsatz legte um 7,1 Prozent auf 252,6 Milliarden Euro zu. Gründe sind unter anderem starke SUV-Verkäufe, Spareffekte und sinkende Kosten zur Bewältigung der Abgaskrise.
Zusätzlich zu den endgültigen Jahreszahlen hat VW auch den Vergütungsbericht vorgelegt. Aus diesem geht hervor, dass VW-Konzernchef Herbert Diess für das vergangene Geschäftsjahr etwas weniger Gehalt als noch für 2018 bekommen hat. Der Vorstandsvorsitzende soll - Rentenansprüche herausgerechnet - insgesamt rund 7 Millionen Euro erhalten. Im Jahr zuvor hatten die entsprechenden Zuflüsse bei Diess noch mehr als 7,6 Millionen Euro betragen.
2020 für Konzernchef Diess das entscheidende Jahr
Die Corona-Krise trifft die Wolfsburger mitten im Wechsel zu einem führenden Anbieter von Elektroautos, der viele Milliarden Euro an Investitionen verschlingt. Deshalb ist es aus Sicht des Konzerns wichtig, dass beim Start des neuen ID.3 nichts schiefgeht und VW die Probleme mit der Software in den Griff bekommt. Immerhin will Volkswagen mit dem neuentwickelten Wagen das Rennen mit Tesla um die Vorherrschaft in der E-Mobilität aufnehmen. Dafür ist entscheidend, dass das Auto wie ein "Tablet auf Rädern" funktionieren kann. Wenn das nicht gelingen sollte, ist das Rennen nach Meinung von Experten schon entschieden, bevor es überhaupt begonnen hat. Deshalb ist 2020 auch für Konzernchef Diess selbst ein entscheidendes Jahr.