Nicht nur beim Preis radikal: Byton-Präsident Daniel Kirchert (l.) und CEO Carsten Breitfeld stellten in der Nacht einen SUV-Prototyp des Autobauers auf der Technik-Messe CES in Las Vegas vor
Foto: AFPEin in China angesiedelter neuer Autohersteller mit einem Kernteam aus Ex-BMW-Managern fordert die großen deutschen Marken heraus. Die Firma Byton zeigte auf der Technik-Messe CES in Las Vegas erstmals einen Prototypen ihres Elektro-SUV. "Unsere Wettbewerber sehen wir bei den großen deutschen Premium-Herstellern Mercedes, BMW und Audi", betonte Byton-Chef Carsten Breitfeld sebstbewusst. Ein Markenzeichen des Wagens ist ein riesiger Touchscreen im Cockpit, der praktisch von Tür zu Tür geht.
Das Auto werde "genauso intuitiv zu bedienen sein, wie jedes andere smarte Gerät", versprach Breitfeld bei der Vorstellung des Wagens in Las Vegas am Sonntag (Ortszeit). Zusätzlich zu dem großen Touchscreen mit Abmessungen von 1,24 Metern mal 25 Zentimeter soll es auch einen weiteren kleinen direkt im Lenkrad geben. Als Sprachassistent wird die Alexa-Software von Amazon integriert. Das Auto identifiziert den Fahrer über Gesichtserkennung. Dadurch sollen auch die Einstellungen unter anderem mit Hilfe künstlicher Intelligenz personalisiert werden.
"In der Vergangenheit war Ihr Auto schon veraltet als sie sich das nächste Telefon gekauft haben", sagte Breitfeld. Jetzt sei das Auto nicht nur für Software-Updates, sondern auch für einen Austausch von Sensoren vorbereitet. Bytons SUV solle das fortschrittlichste Auto auf dem Markt 2019 werden, setzte Breitfeld die Planke hoch.
Mit größeren Akkus bis zu 520 Kilometer weit
Der Wagen soll in der Standard-Ausführung eine Reichweite von 400 Kilometern mit einer Batterieladung haben, in einer Version mit größeren Akkus soll sie bis 520 Kilometer gehen. Den Antriebsstrang und die Akkuzellen kauft Byton zu, entwickelt aber die Batteriepacks selbst, weil das eine Schlüsseltechnologie für das Geschäft sei.
Der Preis soll bei 45.000 Dollar liegen. Byton will sein erstes Modell zunächst Ende 2019 in China auf den Markt bringen. 2020 will Byton damit in die USA gehen - und in der zweiten Jahreshälfte dann auch nach Europa.
Elektro-SUV zielt auch auf große Mittelklasse in China
Byton-Chef Carsten Breitfeld
Foto: AFP"Wenn man erfolgreich sein will, muss man relativ schnell bei Größenordnungen von mehreren hunderttausend Fahrzeugen pro Jahr landen", sagte Breitfeld. Das erreichen will die Firma auch mit einem guten Preis-Leistungsverhältnis: Der Byton-SUV wäre mit rund 45.000 Dollar deutlich günstiger als heutige Modelle in der Klasse. "In China ist eine sehr große Mittelklasse unterwegs, die soviel Geld für ein Auto ausgeben will und kann", betont Breitfeld. China ist mit massiver staatlicher Förderung zum wichtigsten Markt für Elektroautos geworden.
Auf der technischen Plattform sollen danach noch zwei weitere Modelle "in relativ kurzer Taktung" gebaut werden - ein Sedan und ein Minivan. Byton sei von Anfang an als Weltmarke ausgerichtet: Schließlich würden iPhones auch in China produziert, auch wenn sie in Kalifornien entworfen werden.
"Wir betrachten unser Fahrzeug wesentlich mehr als eine Plattform als ein Auto", sagt Breitfeld. Die Idee ist, das Fahrzeug für Dienste und Angebote verschiedener Partner zu öffnen. Der Name lehnt an "Bytes on Wheels" an - Bytes auf Rädern.
Byton will dabei die Expertise aus dem klassischen Autobau unter einem Dach mit Technologie aus dem Silicon Valley verschmelzen. "Das Design und Fahrzeugkonzept machen wir in München, Elektronik und autonomes Fahren im Silicon Valley, Einkauf, Lieferkette und Produktion sind in China", erklärte Mitgründer und Chef Breitfeld.
Spitzenkräfte von Tesla, Apple und Google abgeworben
Er hatte bei BMW einst federführend am Elektro-Sportwagen i8 gearbeitet. Bei BMW waren auch Designer Benoit Jacob, Marketingchef Henrik Wenders sowie der Mitgründer und Byton-Präsident Daniel Kirchert. Außerdem konnte Byton Manager und Entwickler unter anderem von Tesla, Apple und Google zu sich holen.
Auch die deutschen Autohersteller kündigten in den vergangenen Monaten aber Elektroauto-Offensiven mit Dutzenden Modellen an. Und Breitfeld ist sich seiner Herausforderer-Rolle bewusst: "Wir müssen da schon unseren Respekt behalten. Da sind hunderttausende hervorragende Ingenieure unterwegs, da ist viel Geld dahinter, da sind sehr starke Marken."
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Byton will zumindest zunächst den Weltmarkt ausschließlich aus der chinesischen Fabrik versorgen. "Ich will nicht ausschließen, dass wir in Zukunft auch woanders produzieren", sagte Breitfeld. Aber eine endgültige Entscheidung darüber werde von verschiedenen Faktoren wie auch der Regulierung in verschiedenen Regionen abhängen.
Byton muss auf der CES auch gegen Skepsis ankämpfen: In den vergangenen zwei Jahren hatte an den Sonntagen vor Beginn der Messe die ebenfalls aus China finanzierte Firma Faraday Future ihre Prototypen vorgestellt - und ebenfalls große Versprechen gemacht. Inzwischen kämpft sie mit Problemen auf breiter Front, die Zukunft scheint ungewiss. Auch darüber hinaus ist die Liste gescheiterter reiner Elektroauto-Hersteller lang. Unter den Investoren von Byton sind unterdessen zwei chinesische Schwergewichte mit tiefen Taschen: Der Internet-Riese Tencent und der iPhone-Auftragsfertiger Foxconn.
Lucid Motors: Das US-Start-up mit chinesischen Geldgebern im Rücken startete vor 10 Jahren als Batteriespezialist - seit 2014 arbeiten die Kalifornier an einem eigenen Auto. Ende 2016 präsentierten sie den Air, eine Limousine mit 1000 PS. Die Reichweite liegt bei gut 600 Kilometern dank einem 130 kWh großem Akku. Der Marktstart des Autos ist für 2020 geplant ...
... nach mehreren Anläufen hat Lucid Motors einen potenten Geldgeber für den Bau einer Fabrik gefunden. Im September 2018 stieg der saudi-arabische Staatsfonds PIF bei Lucid Motors ein - und finanziert das Unternehmen mit mehr als einer Milliarde Dollar. Kopf des Projekts ist Peter Rawlinson, der einstige Chefingenieur von Teslas Model S (im Bild). Aber: Tesla will er ohnedies nicht herausfordern. Die Hauptrivalen des Air, sagte er, seien die deutschen Autohersteller.
Nio: Seit Juni 2018 wird Nios erstes Serienfahrzeug ES8 in China an Kunden ausgeliefert: Ein Elektro-SUV mit 350 Kilometern Reichweite und einem Wechselakku-System zum Preis ab 68.000 Dollar. Und er wird bald Geschwister bekommen: Auf der Shanghaier Automesse im April 2017 stelllte Nio gleich 11 Modellprototypen vor.
Nio hat Joint-Venture-Vereinbarungen mit Chinas Autoherstellern Changan und JAC geschlossen. Der ES8 kommt zuerst in China auf den Markt, ab 2020 soll er auch in Europa erhältlich sein.
Zu den Geldgeber des Start-ups, das seit 2014 bereits 1,7 Milliarden Dollar an Investorengeldern eingetrieben hat, zählen der chinesische Internetriese Tencent, der Venturekapitalgeber Sequoia und Chinas Suchmaschinenbetreiber Baidu. Nun will Nio in den USA an die Börse gehen - der IPO soll 1,8 Milliarden Dollar einbringen. Ausführliche Porträts der Start-ups lesen Sie auf manager-magazin.de
Byton, vormals Future Mobility Corporation: Das erst Anfang 2016 gegründete Start-up zeigte auf mehreren Elektronik- und Automessen bereits seine ersten Prototypen. Los gehen soll es mit dem M-Byte, einen Elektro-SUV, der in Standardausführung 400 Kilometer weit mit einer Batterieladung fahren und rund 45.000 Dollar kosten soll. Bereits Ende 2019 soll der Wagen in China auf den Markt kommen, 2020 soll der Wagen auch in den USA und Europa erhältlich sein.
Im Inneren bietet der Wagen einen 1,25 Meter breiten und 25 Zentimeter hohen Bildschirm über die gesamte Breite des Autos. Entriegeln lässt sich das Auto per Gesichtserkennung, bedienen durch Gesten- und Sprachsteuerung. Zum Marktstart soll der Wagen über längere Strecken komplett autonom fahren können. Der gezeigte Prototyp ist laut Byton schon nahe am Serienauto dran ...
... geführt wurde Byton bis April 2019 vom ehemaligen Entwicklungsleiter des BMW i8, Carsten Breitfeld (im Bild). Breitfeld ist mittlerweile zu einem Konkurrenten gewechselt, dennoch arbeiten bei Byton noch viele BMW-Leute aus dem Elektroautoprojekt. Auch ehemalige hochrangige Tesla-Mitarbeiter sind bei Byton an Bord. An dem Werk für die Produktion des Autos wird bereits gebaut, es soll Ende 2018 fertig sein. Finanziert wird die Byton-Mutter Future Mobility Corporation unter anderem von Apples Auftragsfertiger Foxconn und Chinas Internetriesen Tencent.
Hybrid Kinetic Group: Das Konzeptauto H600 fällt mit hübschem Äußeren auf, die angekündigten Leistungsdaten schinden Eindruck: In weniger als 3 Sekunden soll die 800-PS-Luxuslimousine den Sprint auf 100 km/h schaffen, dank Range Extender in Form einer Mikroturbine über 1000 km weit mit einer Akkuladung kommen. Doch ...
... zu künftigen Fabriken in China und den Finanziers im Hintergrund hält sich das Unternehmen noch sehr bedeckt. Kopf hinter HK ist offenbar der chinesische Milliardär Rong Yang, der einst den chinesischen Autohersteller Brilliance leitete. Starten will HK frühestens 2019 - wie realistisch das ist, lässt sich mangels überprüfbarer Details noch kaum einschätzen.
SF Motors: Von dem Elektroauto-Start-up, hinter dem der chinesische Autohersteller Sokon Industry Group steht, gibt es weder Konzeptauto noch Leistungsdaten. Dafür aber handfeste Vorbereitungen: Seit Oktober 2017 ist Tesla-Gründer Martin Eberhard (im Bild) dort Strategiechef, im November hat SF eine Autofabrik in Indiana übernommen. Der Firmensitz in Kalifornien und ein Forschungszentrum nahe Detroit sind bereits bezogen.
Thunder Power: Bereits im Herbst 2015 hat das Start-up aus Taiwan ein erstes Konzeptauto präsentiert - mit 650 Kilometer Reichweite, 250 km/h Spitze und gefälligen Formen, die vom italienischen Designbüro Zagato stammen. Auch bei Technikdetails sind die Taiwanesen ehrgeizig. So soll sich ihr Auto auch kabellos per Induktion in kurzer Zeit laden lassen.
Fast 400 Patente hat Thunder Power laut Eigenangaben bereits eingereicht. Ende 2018 soll die Serienfertigung des Autos in China starten, Thunder Power peilt einen Einstiegspreis von rund 63.000 Dollar an. Für die Taiwanesen arbeitet unter anderem der ehemalige Entwickler des Supersportwagens Bugatti Veyron. Wer Thunder Power finanziert, ist noch etwas undurchsichtig. Ausführliche Porträts der Start-ups lesen Sie auf manager-magazin.de
Faraday Future: Das Konzeptauto FF 91 ist durchaus formschön. Doch das Start-up konnte seine großspurigen Ankündigungen nicht einhalten. Auf dem Papier beeindruckte der FF 91 durchaus: 1000 PS, unter 3 Sekunden auf 100 km/h, über 600 Kilometer Reichweite. Allerdings dürfte das Auto, so es denn tatsächlich in Serie gebaut wird, über 100.000 Dollar kosten. Massenmarkttauglich ist das nicht.
Den Neubau einer Fabrik in Nevada hat Faraday auf unbestimmte Zeit verschoben. Stattdessen modelt Faraday nun eine alte Pirelli-Reifenfabrik zum Autowerk um. Lange Zeit hatte Faraday Future Finanz- und Personalprobleme. Im Juli 2018 stieg der chinesische Konzern Evergrande als neuer Geldgeber ein, was etwas Ruhe in das kriselnde Unternehmen brachte. Ende Juni 2019 entließ Faraday aber erneut Mitarbeiter. Ob Faraday je den Sprung zur Massenproduktion schafft, wird immer fraglicher.
Byton, vormals Future Mobility Corporation: Das erst Anfang 2016 gegründete Start-up zeigte auf mehreren Elektronik- und Automessen bereits seine ersten Prototypen. Los gehen soll es mit dem M-Byte, einen Elektro-SUV, der in Standardausführung 400 Kilometer weit mit einer Batterieladung fahren und rund 45.000 Dollar kosten soll. Bereits Ende 2019 soll der Wagen in China auf den Markt kommen, 2020 soll der Wagen auch in den USA und Europa erhältlich sein.
Foto: Andrej Sokolow/ dpaSF Motors: Von dem Elektroauto-Start-up, hinter dem der chinesische Autohersteller Sokon Industry Group steht, gibt es weder Konzeptauto noch Leistungsdaten. Dafür aber handfeste Vorbereitungen: Seit Oktober 2017 ist Tesla-Gründer Martin Eberhard (im Bild) dort Strategiechef, im November hat SF eine Autofabrik in Indiana übernommen. Der Firmensitz in Kalifornien und ein Forschungszentrum nahe Detroit sind bereits bezogen.
Foto: imago/ZUMA PressDen Neubau einer Fabrik in Nevada hat Faraday auf unbestimmte Zeit verschoben. Stattdessen modelt Faraday nun eine alte Pirelli-Reifenfabrik zum Autowerk um. Lange Zeit hatte Faraday Future Finanz- und Personalprobleme. Im Juli 2018 stieg der chinesische Konzern Evergrande als neuer Geldgeber ein, was etwas Ruhe in das kriselnde Unternehmen brachte. Ende Juni 2019 entließ Faraday aber erneut Mitarbeiter. Ob Faraday je den Sprung zur Massenproduktion schafft, wird immer fraglicher.
Foto: Nick Ut/ AP/dpa