Bosch erhofft sich Milliardenumsätze von einer neuen "eAchse", ein kompletter Antrieb für Elektroautos
Foto: REUTERSDer Autozulieferer Bosch setzt angesichts des Wandels in der Branche auf eine neue Form des Antriebs für Elektroautos. Spätestens 2019 soll die Serienproduktion der sogenannten eAchse beginnen, einer Kombination aus Motor, Getriebe und der zugehörigen Elektronik, kündigte das Unternehmen an.
Bosch will damit insbesondere auch kleine Firmen erreichen, die schnell ein eigenes Elektroauto auf den Markt bringen wollen, bisher aber die hohen Kosten für eine langwierige Entwicklung der Technik scheuen.
Geschäftsführer Rolf Bulander erhofft sich wirtschaftlich einen "großen Wurf" und Milliardenumsätze mit der eAchse. Potenzielle Kunden sind nach Angaben eines Sprechers zum Beispiel Autobauer an der US-Westküste oder insbesondere auch in China, die noch neu auf dem Markt sind und nur in kleinen Serien produzieren.
Weil der Motor im Elektroauto einen viel größeren Drehzahlbereich abdecken kann, reicht im Vergleich zum Verbrenner ein stark reduziertes Getriebe. Theoretisch bräuchten Elektroautos auch gar keines.
Autokonzerne sollen auf teure Eigenentwicklungen verzichten können
Einzelne E-Auto-Komponenten baut Bosch schon länger. Nach Angaben des Unternehmens sind weltweit 500.000 Elektro- und Hybridfahrzeuge damit unterwegs. Wenn es nach Bosch geht, sollen sich auch die Großen der Branche künftig die Eigenentwicklungen sparen und das Komplettsystem zukaufen - dann aber stärker auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten. Gespräche dazu gebe es schon, hieß es.
Weil so etwas Arbeitsplätze bei den Autobauern kosten dürfte, sind die dortigen Betriebsräte in der Regel wenig angetan. Bei Daimler etwa hatte es jüngst wochenlangen Streit um die Zukunft des Stammwerks Untertürkheim gegeben, bis die Unternehmensführung zusicherte, dass Batterien und Antriebssysteme für Elektroautos künftig in Eigenregie dort gebaut werden.
Noch verdienen Deutschlands Autozulieferer bestens an herkömmlichen Autos. Das dürfte sich in den kommenden Jahren ändern, warnt eine Studie der Unternehmensberatung Oliver Wyman. Denn das Zeitalter der Elektroautos birgt gerade für hochspezialisierte mittelständische Zulieferer Gefahren, heißt es in der Studie, die manager-magazin.de exklusiv vorliegt.
Denn China gibt bei Elektroautos richtig Gas, zeigt die Studie. Durch die massiven staatlichen Förderungen für Elektroautos und Infrastruktur entstehe im Reich der Mitte ein echter Markt für Elektroautos, meint Studienautor Juergen Reiner von der Unternehmensberatung Oliver Wyman. "China ist der Archetyp. Dort sieht man, wie schnell sich der Markt entwickeln kann, wenn ein Regulator starkes Interesse hat", sagt Reiner.
In Zahlen ausgedrückt: Die Chinesen gewähren bis zu 7000 Euro Zuschuss je Elektroauto, 2016 gab es in China bereits 88.000 Schnellladesäulen und 53.000 langsamere Lademöglichkeiten, mit weitem Abstand mehr als in jedem anderen Land der Welt. Und auch die zwei größten Probleme für Verbraucher sind nicht mehr ganz so drängend. Denn ...
... lange Zeit seien auch in China die hohen Kosten für Elektroautos ein Problem gewesen. Doch das habe sich geändert. "Die Kosten gehen rapide nach unten", weiß Reiner. Chinesische Elektroautos lägen nun bei Reichweiten um die 350 Kilometer, und Elektroantriebe lägen in China von den Kosten her nur mehr 10 bis 15 Prozent über einem gleichwertigen Verbrenner-Antriebsstrang.
Und chinesischen Herstellern spiele es auch in die Hände, dass die Herstellung von Elektroautos technisch deutlich einfacher ist als jene mit herkömmlichen Motoren. China habe eher eine Historie der Massenproduktion, nicht unbedingt der technischen Spitzenleistungen wie etwa Deutschland. "Von der Komplexität her sind Elektrofahrzeuge deutlich einfacher zu bauen und schneller in eine Massenproduktion umsetzbar", weiß Reiner.
All das führt dazu, dass sich die Wertschöpfung für die Stromfahrzeuge zunehmend in Schwellenländer verlagern dürfte, meinen die Berater. Und das bringt gerade Mittelständler unter Zugzwang, meinen die Autoren. Sie müssen in den kommenden Jahren eine Strategie entwickeln, wie sie auf diese Umwälzungen reagieren.
Zwar treffen die Verlagerungen durch E-Mobile nicht alle Zulieferer gleichermaßen. Jene Unternehmen, die mit dem Antriebsstrang nicht zu tun haben, müssen sich weniger Sorgen machen. "Zulieferer, die etwa Gurtstraffer oder Interieurkomponenten herstellen, werden wir weiter brauchen", meint Reiner. Doch all jene, die Teile für konventionelle Antriebsstränge herstellen, müssen umdenken, warnen die Berater.
Vor einer ungewissen Zukunft stehen etwa jene deutschen Mittelständler, die hochpräzise Teile für die Autobauer herstellen. "Bei Elektromotoren muss nichts mehr auf Nanometer präzise gefräst sein", erklärt Reiner. Damit wird die Bandbreite an Zulieferern größer - und die mögliche Konkurrenz aus deutlich günstigeren Ländern. Deshalb meint Reiner, dass sich mittelfristig einige Zulieferer komplett aus dem Geschäft mit den Herstellern verabschieden dürften. Komponenten für konventionelle Antriebsstränge zu liefern dürften zwar für viele Zulieferer noch gut zwei Jahrzehnte lang gute Umsätze bringen, doch ...
... die Zulieferer könnten diese Gewinne etwa nutzen, um sich ein zweites Standbein aufzubauen, rät Reiner. Möglich wäre das etwa im Packaging von Batterien, einer Spezialisierung auf den Hochvoltbereich - oder gar als Dienstleister für Services rund um das Fahrzeug. So ist etwa die Infrastruktur für das Bezahlen zukünftiger Dienste noch wenig entwickelt.
Allerdings haben gerade die Mittelständler ein Dringlichkeits-Dilemma: Denn mehrere Dekaden werde das Problem, sich neue Standbeine zuzulegen, nicht sehr akut sein, weiß Reiner. Doch die Lösung in die Zukunft zu schieben, sei gefährlich, argumentieren die Berater.
Die Chefs der Zulieferer müssen sich jetzt schon Gedanken machen, welche Nischen sie künftig besetzen wollen. Sie müssen in Optionen denken und Partnerschaften vorbereiten, rät Berater Reiner. Sonst trifft sie der Wandel später umso härter - und brutaler.
Noch verdienen Deutschlands Autozulieferer bestens an herkömmlichen Autos. Das dürfte sich in den kommenden Jahren ändern, warnt eine Studie der Unternehmensberatung Oliver Wyman. Denn das Zeitalter der Elektroautos birgt gerade für hochspezialisierte mittelständische Zulieferer Gefahren, heißt es in der Studie, die manager-magazin.de exklusiv vorliegt.
Foto: Armin Weigel/ dpaIn Zahlen ausgedrückt: Die Chinesen gewähren bis zu 7000 Euro Zuschuss je Elektroauto, 2016 gab es in China bereits 88.000 Schnellladesäulen und 53.000 langsamere Lademöglichkeiten, mit weitem Abstand mehr als in jedem anderen Land der Welt. Und auch die zwei größten Probleme für Verbraucher sind nicht mehr ganz so drängend. Denn ...
Foto: Jan Woitas/ picture alliance / dpa... lange Zeit seien auch in China die hohen Kosten für Elektroautos ein Problem gewesen. Doch das habe sich geändert. "Die Kosten gehen rapide nach unten", weiß Reiner. Chinesische Elektroautos lägen nun bei Reichweiten um die 350 Kilometer, und Elektroantriebe lägen in China von den Kosten her nur mehr 10 bis 15 Prozent über einem gleichwertigen Verbrenner-Antriebsstrang.
Foto: © China Stringer Network / Reut/ REUTERSVor einer ungewissen Zukunft stehen etwa jene deutschen Mittelständler, die hochpräzise Teile für die Autobauer herstellen. "Bei Elektromotoren muss nichts mehr auf Nanometer präzise gefräst sein", erklärt Reiner. Damit wird die Bandbreite an Zulieferern größer - und die mögliche Konkurrenz aus deutlich günstigeren Ländern. Deshalb meint Reiner, dass sich mittelfristig einige Zulieferer komplett aus dem Geschäft mit den Herstellern verabschieden dürften. Komponenten für konventionelle Antriebsstränge zu liefern dürften zwar für viele Zulieferer noch gut zwei Jahrzehnte lang gute Umsätze bringen, doch ...
Foto: Sebastian Kahnert/ picture alliance / dpaDie deutsche Autozuliefer-Industrie verdient Milliarden - auch wenn die Lieferketten längst nicht immer stabil sind, wie der nun beigelegte Zoff zwischen BMW und Bosch zeigte. Doch insgesamt laufen die Geschäfte gut: Die 100 größten Unternehmen der Branche haben ihren Umsatz im Jahr 2016 im Schnitt um 6 Prozent gesteigert.
Das zeigt eine Untersuchung von Berylls Strategy Advisors, die manager magazin online vorliegt. An das Spitzenjahr 2015 mit einem durchschnittlichen Umsatzwachstum von 14 Prozent kam die Branche nicht mehr heran - und längst nicht alle strategischen Übernahmen brachten einen echten Umsatzsprung. Das zeigt unsere Übersicht der 10 größten Zulieferer 2016 (nach Umsatz geordnet) ...
Platz 10: Faurecia
Faurecia gehört zu den großen Playern bei Autositzen, Abgasnachbehandlungssystem und Interieurs. Größere Teile des Unternehmens wurden ursprünglich aus dem PSA-Konzern (Peugeot, Citroen) abgespalten.
Im vergangenen Jahr fiel Faurecias Umsatz leicht, dafür stieg die Profitabilität um 1,1 Prozentpunkte
Umsatz 2016: 18,7 Mrd. Euro (-0,3 Prozent)
Marge 2016: 5,4 Prozent (bezogen auf OI, also auf das Betriebsergebnis)
Platz 9: Michelin
Michelin ist der weltweit zweitgrößte Reifenhersteller, neben Pneus vertreiben die Franzosen auch Straßenkarten, Hotel- und Reiseführer sowie Navigationsgeräte. Im vergangenen Jahr fiel der Umsatz leicht, dafür lag die Profitabilität um 0,7 Prozentpunkte höher als im Vorjahr.
Umsatz 2016: 20,9 Mrd. Euro (-1,4 Prozent)
Marge 2015: 12,9 Prozent (bezogen auf OI)
Platz 8: Bridgestone / Firestone
Das japanische Unternehmen ist der weltgrößte Reifenhersteller, Herstellung und Zulieferung von Pkw-Reifen sind das Hauptgeschäft des Zulieferers. Zudem produziert Bridgestone auch Kunststoffschäume für Autositze und diverse Gummidämpfer.
Umsatz 2016: 22,5 Mrd. Euro (-6,7 Prozent)
Marge 2016: 15,0 Prozent (bezogen auf OI)
Platz 7: Aisin
Der japanische Zulieferer gehört zur Toyota-Gruppe. Bekannt sind einige Aisin-Marken für Automatikgetriebe, manuelle Schaltungen und Bremsen. Aisin-Töchter sind aber auch im Bereich Gebäudetechnik tätig, stellt Laser her und produziert sogar Betten. Die Zahlen beziehen sich auf das Gesamtunternehmen.
Umsatz 2016: 28,0 Mrd. Euro (+15,9 Prozent)
Marge 2015: 5,8 Prozent (bezogen auf OI)
Platz 6: Hyundai Mobis
Die Zulieferer-Tochter des fünfgrößten Autoherstellers Hyundai Kia deckt so ziemlich alles ab: Sie produziert Chassis- und Cockpitteile, Sicherheitsprodukte wie Airbags, Lampen oder ABS-Bremssysteme, Steuerkomponenten und Plastikteile. Hauptkunde ist der Mutterkonzern, die Marge fiel im Vergleich zum Vorjahr jedoch um 0,5 Prozentpunkte.
Umsatz 2016: 30,2 Mrd. Euro (+7,6 Prozent)
Marge 2016: 7,6 Prozent (bezogen auf OI)
Platz 5: ZF Friedrichshafen
Im Vergleich zum Vorjahr verbesserte sich der einstige deutsche Getriebespezialist um einen Platz, durch die vollständige Integration stieg der Umsatz um gut ein Fünftel. Doch einige Sparten mussten die Friedrichshafener aus kartellrechtlichen Gründen abstoßen. Die Friedrichshafener haben mit TRW viel Kompetenz im Bereich Sicherheitssysteme und Sensortechnik für autonomes Fahren hinzubekommen.
Umsatz 2016: 32,3 Mrd. Euro (+19,3 Prozent; bezogen nur auf Automotive-Sparten)
Marge 2016: k.A.
Platz 4: Magna
Die Bandbreite des kanadisch-österreichischen Zulieferers ist groß: Magna fertigt Innenräume, aber auch Antriebsstränge, Chassisteile und Elektronikkomponenten.
Im Jahr 2015 übernahm Magna den deutschen Getriebehersteller Getrag, Damit holten sich die Austro-Kanadiern Kompetenz für den Bau von Hybridauto-Getrieben ins Haus.
Umsatz 2016: 34,6 Mrd. Euro (+17,6 Prozent)
Marge 2016: 7,6 Prozent (bezogen auf OI)
Platz 3: Denso
Denso ist formal seit 1949 eigenständig, größter Anteilseigner bleibt aber die einstige Mutter Toyota. Die Japaner machen ein Drittel ihres Umsatzes mit thermischen Systemen wie Klima- und Kühlanlagen. Auch bei Motor- und Elektronikkomponenten sind die Japaner stark. In den Top 100 der Zulieferer hat fast ein Drittel der Unternehmen seinen Stammsitz in Japan.
Umsatz 2016: 36,3 Mrd. Euro (+5,8 Prozent)
Marge 2016: 7,2 Prozent (bezogen auf OI)
Platz 2: Continental
Ja, Conti stellt nach wie vor Reifen her - doch längst produziert der Hannoveraner Konzern auch Antriebsstränge, Bremssysteme, und Antriebskomponenten. Stark ist der Dax-Konzern auch bei Fahrzeugelektronik, etwa bei Technologien für aktive und passive Sicherheit. Die Schuldenlast durch die Übernahme durch Schaeffler ist verdaut, von 2010-2016 hat Conti 277 Patente im Bereich autonomes Fahren angemeldet.
Umsatz 2016: 40,6 Mrd. Euro (+3,4 Prozent)
Marge 2016: 10,1 Prozent (bezogen auf EBIT)
Platz 1: Bosch
Bosch hält wie im Vorjahr Platz 1 - davor heimsten die Stuttgarter fünf Jahre lang die Silbermedaille ein. Doch Kraftfahrzeugtechnik ist die umsatzstärkste Sparte. Branchenweit bekannt ist das Unternehmen für seine Sensoren, Motorelektronik und die Entwicklung von elektronischen Fahrsicherheits- und -assistenzsystemen.
Umsatz 2016: 43,9 Mrd. Euro (+5,5 Prozent)
Marge 2016: 4,7 Prozent
(Umsatz nur für den Automotive-Bereich)
Wie wird es in der Branche weitergehen? Die Beryll's-Studienautoren haben anhand einer Datenbank auch jene Unternehmen identifiziert, die außerhalb der Top 100 die wichtigsten Zukunftsfelder der Branche besetzen. Im Bereich Konnektivität sehen sie etwa Verizon Telematics mit seiner Plattform für vernetzte Fahrzeuge als führend an. Bei alternativen Antrieben erwähnen sie auch den deutschen Stecker- und Ladetechnikspezialisten Mennekes als beachtenswert ...
... im Bereich Mobilitätsdienstleistungen erhält die Zahlungsabwicklungsplattform Stripe gute Werte bei Reifegrad und Umsatzstärke. Und beim automatisierten Fahren ist der Kartendienstleister here weit vorne dabei - wie auch die japanische Firmea Renesas, die Plattformen für fortschrittliche Assistenzsysteme und automatisiertes Fahren anbietet.
Die deutsche Autozuliefer-Industrie verdient Milliarden - auch wenn die Lieferketten längst nicht immer stabil sind, wie der nun beigelegte Zoff zwischen BMW und Bosch zeigte. Doch insgesamt laufen die Geschäfte gut: Die 100 größten Unternehmen der Branche haben ihren Umsatz im Jahr 2016 im Schnitt um 6 Prozent gesteigert.
Das zeigt eine Untersuchung von Berylls Strategy Advisors, die manager magazin online vorliegt. An das Spitzenjahr 2015 mit einem durchschnittlichen Umsatzwachstum von 14 Prozent kam die Branche nicht mehr heran - und längst nicht alle strategischen Übernahmen brachten einen echten Umsatzsprung. Das zeigt unsere Übersicht der 10 größten Zulieferer 2016 (nach Umsatz geordnet) ...
Platz 8: Bridgestone / Firestone
Das japanische Unternehmen ist der weltgrößte Reifenhersteller, Herstellung und Zulieferung von Pkw-Reifen sind das Hauptgeschäft des Zulieferers. Zudem produziert Bridgestone auch Kunststoffschäume für Autositze und diverse Gummidämpfer.
Umsatz 2016: 22,5 Mrd. Euro (-6,7 Prozent)
Marge 2016: 15,0 Prozent (bezogen auf OI)
... im Bereich Mobilitätsdienstleistungen erhält die Zahlungsabwicklungsplattform Stripe gute Werte bei Reifegrad und Umsatzstärke. Und beim automatisierten Fahren ist der Kartendienstleister here weit vorne dabei - wie auch die japanische Firmea Renesas, die Plattformen für fortschrittliche Assistenzsysteme und automatisiertes Fahren anbietet.
Foto: Tim Brakemeier/ dpa