Neue Unternehmenseinheit Bosch schmiedet internen Software-Riesen

Bosch und die Zukunft des Autos: Jetzt wird gebündelt
Foto: Uli Deck/ DPAVom Multimedia-System über die Motorsteuerung bis hin zum automatisierten Fahren: Der weltgrößte Zulieferer Bosch führt sämtliche Bereiche, die mit Fahrzeugelektronik und -software zu tun haben, unter einem Dach zusammen. Zu dem neuen Geschäftsbereich mit dem Namen "Cross-Domain Computing Solutions" gehören ab Anfang des kommenden Jahres rund 17.000 Mitarbeiter in mehr als 20 Ländern weltweit, wie Bosch am Dienstag mitteilte.
Alles einzeln in voneinander getrennten Bereichen zu entwickeln, komme angesichts der stetig wachsenden Bedeutung der Elektronik und der Software bei der Fahrzeugentwicklung an Grenzen, hieß es. Die neue Struktur soll nun dabei helfen, die Komplexität der Systeme zu reduzieren - etwa indem kleine Hochleistungsrechner die Aufgaben bündeln, für die sonst etliche einzelne, unabhängig voneinander entwickelte und betriebene Steuergeräte nötig wären. Traditionell wurden bei Zulieferern beispielsweise Software für Fahrassistenten und für Infotainment in getrennten Abteilungen geschrieben. Der Elektroauto-Angreifer Tesla hingegen hat seine Software um einen zentralen Rechner herum aufgebaut.
Angesichts der stetig wachsenden Bedeutung der Softwareentwicklung stellen sich Autobauer und Zulieferer organisatorisch und kooperativ neu auf. Daimler etwa hatte erst vor rund einem Monat eine umfassende Zusammenarbeit mit dem US-Konzern Nvidia angekündigt, der einst mit Grafikkarten bekannt geworden war. Volkswagen hat seine Softwarekompetenz jüngst beim neuen Topmanager des Konzerns, Audi-Chef Markus Duesmann (51), gebündelt. An die Spitze der Softwareabteilung berief Duesmann Dirk Hilgenberg, wie Duesmann selbst und Konzernchef Herbert Diess (61) zuvor bei BMW beschäftigt. Zulieferer Continental bündelt seine Softwareeinheiten zwar nicht organisatorisch, bemüht sich aber um eine bessere Vernetzung.
"Kernaufgabe von Cross-Domain Computing Solutions wird es sein, die Komplexität der Elektroniksysteme beherrschbar und darüber hinaus so sicher wie möglich zu machen", sagte Bosch-Geschäftsführer Harald Kröger, der den neuen Geschäftsbereich verantworten wird. Kröger glaubt, künftig sogar besser sein zu können als die Konkurrenz von Tesla. Auch die amerikanischen Internetriesen, die ins Autogeschäft drängen, glaubt er auf Abstand halten zu können. "Diese Konzerne wollen sich eher nicht mit dem sicherheitsrelevanten Zusammenspiel von Fahrwerk, Antriebsstrang und Assistenzsystemen befassen", sagte Kröger dem "Handelsblatt". "Genau hier liegt die Stärke von Bosch."
Der Konzern geht davon aus, dass der Markt für sogenannte softwareintensive Elektroniksysteme bis 2030 jährlich um 15 Prozent wachsen wird. Softwareintensiv nennt man Systeme, deren Funktionen ganz wesentlich von der Software abhängen. Etwa 100 Millionen Zeilen Software-Code steckten in heutigen Autos, hieß es. Um sie automatisiert fahren zu lassen, seien 300 bis 500 Millionen nötig.
Bosch liefert seit Jahrzehnten Software für Autos. Jedes Jahr stecke der Konzern drei Milliarden Euro in dieses Segment. Die Umorganisation soll das Unternehmen nun schlagkräftiger machen. Der Technologiekonzern hatte vor einigen Monaten bereits die komplette Fertigung der Fahrzeugelektronik zusammengelegt. Dort arbeiten weltweit rund 24.000 Menschen.