Absatzeinbruch und Überkapazitäten
"Autoindustrie fällt als Wachstumslokomotive aus"
Die ohnehin kriselnde Autobranche ist durch die Corona-Pandemie hart getroffen. Laut einer neuen Studie sind von der einstigen Vorzeigeindustrie deshalb vorerst keine Wachstumsimpulse zu erwarten.
Montagemitarbeiter im Mercedes-Benz-Werk in Sindelfingen
Foto: Sebastian Gollnow / DPA
Die deutsche Automobilindustrie prägt nach vielen Jahren nicht mehr das Wirtschaftswachstum in Deutschland. Zu diesem Ergebnis kommt eine Branchenstudie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), über die das "Handelsblatt" berichtet. Demnach habe die Corona-Pandemie "die Autoindustrie im Branchenvergleich hart getroffen".
Zunächst seien die globalen Lieferketten von einem Angebotsschock getroffen worden. "Jetzt ist die Branche mit einem Nachfrageschock konfrontiert, von dem sie sich nur langsam wieder erholt", heißt es in der Studie.
Im ersten Halbjahr 2020 verzeichnete VW etwa einen Verkaufsrückgang um 22 Prozent.
Auch die Konzerntochter Audi erlitt einen herben Dämpfer - hier sackte der Absatz im bisherigen Jahresverlauf um ein Viertel.
Besonders stark litt der Oberklasseanbieter BMW. Nur 50.957 Neuwagen der Stammmarke konnten von Anfang April bis Ende Juni an die US-Kundschaft gebracht werden, ein Rückgang um gut 39 Prozent verglichen mit dem Vorjahreszeitraum. Seit Jahresbeginn sanken die Verkäufe um rund 28 Prozent.
Erschwert werde die Situation laut der Studie dadurch, dass bereits hohe Überkapazitäten existierten und der technologische Wandel die Geschäftsergebnisse belaste. "In der Folge steht die Autoindustrie erstmals nach einem Jahrzehnt wieder vor spürbaren Personalanpassungen und wird als Wachstumslokomotive für den Standort Deutschland zunächst ausfallen", erklärten die Forscher.
Vor allem kleinere Zulieferbetriebe sind betroffen. Denn während die Autokonzerne und großen Zulieferer ihre Produktion auf etwa Elektromobilität umstellen können, haben Zulieferer wie die Gießer von Motorenblöcken diese Möglichkeit nicht. Im November 2019 hatte etwa Halberg Guss, ehemals drittgrößte Motorblockgießerei, Insolvenz angemeldet.
Merkel lehnt CSU-Vorstoß für Autoprämie ab
Zuvor hatte sich die Autoindustrie noch zehn Jahre lang "signifikant besser entwickelt als das verarbeitende Gewerbe insgesamt" und damit maßgeblich zum deutschen Wirtschaftswachstum beigetragen. Noch immer hat sie einen Anteil von knapp 10 Prozent an der Bruttowertschöpfung und stützt viele andere Branchen wie die Metallerzeugung, elektrische Ausrüstungen, Maschinenbau, Glas und Keramik oder Telekommunikation. Direkt und indirekt leben 936.000 Menschen von der Autoindustrie.
Am Dienstag werden Vertreter der Automobilindustrie im Kanzleramt mit der Bundesregierung und Ländervertretern zum Autogipfel zusammenkommen. Die CSU forderte im Vorfeld bereits weitere Hilfen für das "Herz der Industrie", wie CSU-Chef Markus Söder die Branche bezeichnet und will die Autoindustrie mit weiteren zehn Milliarden Euro für Batteriezellforschung und -produktion in Deutschland anschieben. Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht keinen Ergänzungsbedarf zum bestehenden Konjunkturpaket. "Ich glaube persönlich, dass unser Konjunkturprogramm jetzt rund ist, dass wir die richtigen Maßnahmen beschlossen haben", sagte Merkel. Die in dem Paket enthaltene Mehrwertsteuersenkung senke auch den Preis für Autos mit Verbrennungsmotor - "insofern sehe ich da jetzt keinen Ergänzungsbedarf".