Baustelle Berlin: Das scheint auch für Apple zu gelten. Gerüchten zufolge soll der iPhone-Konzern in der Hauptstadt ein geheimes Entwicklerteam das Apple-Auto und seine Einführung auf den deutschen Markt planen lassen
Foto: Soeren Stache/ dpaIn Zeiten von "Dieselgate", wo quasi gleich eine ganze Branche unter Generalverdacht steht, lässt die Meldung aufhorchen. Gut zwei Dutzend Spezialisten sollen für Apple das Auto der Zukunft entwerfen. In einem geheimen Labor, mitten in Berlin - und nicht etwa im sonnigen Kalifornien.
Das an sich muss den deutschen Autogranden schon wie eine Provokation vorkommen. Doch nicht genug: Es soll auch detaillierte Pläne geben, wann das iCar auf den deutschen (Massen)markt rollen und wer es bauen wird, berichtet die "FAZ" am Montag unter Berufung auf informierte Kreise.
Schon länger kursieren Meldungen, dass Tech-Konzerne wie Google und Apple an einem eigenen Auto stricken. Bereits zu Beginn des vergangenen Jahres kolportierte Bloomberg, 2020 - also nach nur fünf Jahren Entwicklungszeit - werde das iCar vom Band rollen. Erste Designs lägen bereits vor. Ein angeblich 200 Köpfe starkes Team mit dem Namen "Titan" arbeite unter Hochdruck daran.
Gerüchte um das Apple-Auto kursieren schon lange
Die Fangemeinde zeigte sich elektrisiert. Wie so oft in der Vergangenheit, wenn sich Großes und Umwälzendes aus dem Hause Apple ankündigte, schlugen die Wellen hoch. Elektrisch würde es selbstverständlich sein, selbstfahrend und mit einer erstaunlichen Reichweite dank neuer revolutionärer Batterietechnik, schafften sich entsprechende Gerüchte und Erwartungen Raum.
Befeuert wurden die Spekulationen immer wieder durch Meldungen, dass hochkarätige Entwickler, Ingenieure, Batterie-Experten - etwa von Ford, Tesla, Mercedes und Samsung - zu dem iPhone-Hersteller gewechselt seien. Doch kaum ein Jahr später schien Sand in die Traummaschine des Silicon Valley geraten zu sein, schien Apple mit seinem Vorhaben auf erhebliche Probleme zu stoßen.
So berichteten US-Medien von einem Zerwürfnis zwischen Apple-Stardesigner Jony Ive und dem Auto-Team, über einen Einstellungsstopp bei "Titan". Auch verließ der Chef der Autoentwicklung, Steve Zadesky , quasi von jetzt auf gleich die Auto-Traumfabrik. Apple selbst kommentierte solche Meldungen nie, wie der Konzern bislang auch noch nie bestätigt hat, an der Entwicklung eines Elektroautos zu arbeiten.
Tesla-Chef Elon Musk bezeichnete es dagegen als offenes Geheimnis, dass Apple an der Entwicklung eines eigenen Autos arbeite. Zugleich machte sich der Elektroauto-Pionier lustig über den vermeintlichen Exodus eigener Ingenieure zu Apple: "Wichtige Ingenieure? Sie haben Menschen angeheuert, die wir gefeuert haben. Wir nennen Apple scherzend den Tesla-Friedhof", stichelte er im Oktober 2015 im Guardian .
Auf vermeintlich desillusionierte Ingenieure aus der deutschen Auto- und Software-Industrie soll Apple nun auch in seinem Berliner Team setzen, heißt es in dem "FAZ"-Bericht. Vornehmlich jüngere "Hochkaräter", die mit ihrer "progressiven Denke" in der alten Auto-Industrie-Welt angeeckt oder nicht weitergekommen seien, sollen nun in der deutschen Hauptstadt am Auto der Zukunft basteln.
Neben technischen Inhalten soll es dabei auch um Fragen der Kooperation, der Zulassung und des Vertriebs gehen. Das iCar soll - wie bereits spekuliert - 2020 auf den Markt kommen. Und zwar als Carsharing-Modell, das Kunden kurzfristig mieten, minutengenau abrechnen und irgendwo abstellen können. Auch soll das iCar zu diesem Zeitpunkt weder teilsautomatisiert, noch gänzlich selbstfahrend sein. So eine Version bliebe der weiteren Zukunft vorbehalten.
Das klingt plausibel. Zum einen sind die Gesetze und Voraussetzungen im Straßenverkehr für selbstfahrende Autos noch lange nicht so weit in Deutschland. Zum anderen verfügt Apple weder über ein eigenes Vertriebs- noch ein eignes Werkstattnetz. Allerdings wäre der Computerkonzern mit so einem Angebot bei weitem nicht allein. Ähnliche Dienste bieten bereits Car2Go (Smart) sowie die Kooperationspartner BMW und Sixt mit "Drive-Now" an - und Elektroautos gehören damit schon jetzt zum Angebot.
Dennoch: Das alles hört sich schon ein wenig geerdeter an, als es die Berichte und Spekulationen um das iCar in der Vergangenheit erscheinen ließen.
Für Audi, Mercedes, BMW und Co. sollte das aber kein Grund zum Zurücklehnen sein, warnte unlängst Klaus Stricker, Autoexperte der Unternehmensberatung Bain. Die Premiumanbieter hätten zwar die bessere Ausgangsposition, aber sie müssten ihre Markenwelt dringend über das Auto hinaus weiterentwickeln und sie müssten mehr riskieren, ihr bislang erfolgreiches Geschäftsmodell stärker in Frage stellen .
Apples möglicher Einstieg ins Autogeschäft sorgt für Diskussionen. Die Hinweise auf Apples Pläne werden konkreter. Vertreter der Autobranche geben sich gelassen, IT-Fans hoffen auf eine Revolution.
Ein perfektes Spannungsfeld also für Satiriker und Possenreißer - die nutzen den Hype um das Apple-Auto für ein paar eigene Statements ...
Auto-Abdeckplanen gibt es längst, ihre Nutzer gelten eher als Spießer denn als Trendsetter. Apples Auto könnte das ändern, ist Startup-Investor Dave Pell überzeugt. "Das Auto wird einen vernünftigen Preis haben", schreibt er auf Twitter. "Doch sie kriegen dich mit der Schutzhülle."
Matthew Ingram, Journalist bei dem Technologieportal GigaOm, wagt auf Twitter eine bissige Voraussage: "Das Apple-Auto ist ein Riesenerfolg, bis Apple den Adapterstecker im ersten Jahr ändert und sich jeder für 3000 Dollar ein neues Ladekabel kaufen muss", meint er.
Außerdem weigere sich Apples Auto, in arme Stadtteile zu fahren, ätzt Ingram weiter. "Tim Cooks Anwort: 'Sie wollen da wahrscheinlich ohnehin nicht hinfahren'"...
Die US-Satireseite The Onion nimmt Apples Auto-Pläne ebenfalls auf die Schippe und listet einige fiktive Merkmale des Fahrzeugs auf. Die Windschutzscheibe soll etwa die vierfache Pixel-Auflösung der Realität besitzen
vor jedem Gangwechsel wird der Fahrer aufgefordert, sich in Apples iCloud einzuloggen. Dafür ist das Fahrzeug aber kompatibel mit den meisten Hauptstraßen und Autobahnen
und schlägt neue Fahrgeschwindigkeiten vor - basierend auf dem bisherigen Fahrverhalten des Nutzers. Die Windschutzscheibe bricht zwar leicht, aber das Auto funktioniere typischerweise auch danach noch zufriedenstellend
wenn das Auto stehenbleibt, verwandeln sich die Reifen in regenbogenfarbige Windräder - eine böse Anspielung auf die sich ändernde Cursoranzeige, wenn Programme in Apples Betriebssystem iOS abstürzen. Laut Onion-Satire sinkt der Einzelpreis des Autos von 85.000 Dollar auf 199 Dollar bei Abschluss eines Zweijahres-Mobilfunkvertrags.
Navigant-Analyst Sam Jaffe hingegen bricht auf Twitter eine verbale Lanze für Apples Ambitionen: "Wenn Apple nun Brücken nach Detroit abbricht, wen kümmert es? Was werden GM und Ford nun machen, etwa ein Smartphone bauen?", fragt er spitz. Wobei so ein stählernes, dickes Smartphone mit Rundum-Knautschzone schon ein paar schwerwiegende Vorteile haben könnte.
Durchaus kritisch, aber nicht satirisch, äußert sich Daimler-Chef Zetsche zu Apples Auto-Plänen. "Wenn wir morgen ankündigten, dass Daimler künftig Smartphones baut, würde das Apple nicht beunruhigen oder aus der Bahn werfen. Und das gilt auch für uns," sagte Zetsche der "Welt am Sonntag". Daimler habe jahrelange Erfahrung im Automobilbau, die fehle Apple. Dennoch wünsche er Apple "viel Erfolg", falls der Konzern ins Autogeschäft einsteige.
Auch der frühere GM-Chef Dan Akerson (im Bild) gab sich gegenüber Bloomberg eher warnend. "Apple sollte genau darüber nachdenken, ob sie sich mit Hardcore-Fertigung beschäftigen wollen", befand er. "Wir nehmen Stahl, rohen Stahl, und verwandeln ihn in ein Auto. Die haben keine Ahnung davon, wo sie da hineinschlittern, wenn sie sich darauf einlassen".
Der Gründer der US-Wirtschaftswebsite Business Insider, Henry Blodget, rechnete nach. Er argumentiert, dass Apple im Autogeschäft kaum jene 50 Prozent Gewinnmarge halten kann, die es bei Smartphones erzielt. Zudem werde kein Unternehmen den Auto-Kaufpreis zu zwei Dritteln subventionieren, wenn Kunden dafür Jahresverträge abschließen. "Einige der klügsten Köpfe im Silicon Valley scheinen ihr kritisches Denken aufgegeben zu haben, " kritisiert er.
Apples möglicher Einstieg ins Autogeschäft sorgt für Diskussionen. Die Hinweise auf Apples Pläne werden konkreter. Vertreter der Autobranche geben sich gelassen, IT-Fans hoffen auf eine Revolution.
Foto: ROBERT GALBRAITH/ REUTERSNavigant-Analyst Sam Jaffe hingegen bricht auf Twitter eine verbale Lanze für Apples Ambitionen: "Wenn Apple nun Brücken nach Detroit abbricht, wen kümmert es? Was werden GM und Ford nun machen, etwa ein Smartphone bauen?", fragt er spitz. Wobei so ein stählernes, dickes Smartphone mit Rundum-Knautschzone schon ein paar schwerwiegende Vorteile haben könnte.
Foto: Bernd Thissen/ picture alliance / dpaDer Gründer der US-Wirtschaftswebsite Business Insider, Henry Blodget, rechnete nach. Er argumentiert, dass Apple im Autogeschäft kaum jene 50 Prozent Gewinnmarge halten kann, die es bei Smartphones erzielt. Zudem werde kein Unternehmen den Auto-Kaufpreis zu zwei Dritteln subventionieren, wenn Kunden dafür Jahresverträge abschließen. "Einige der klügsten Köpfe im Silicon Valley scheinen ihr kritisches Denken aufgegeben zu haben, " kritisiert er.
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