Elektroautos Warum die deutschen Autobauer Teslas Batteriefabrik fürchten müssen

Der Elektroautohersteller Tesla schwingt sich zum Riesen-Batterieproduzenten auf - Deutschland hat dem nur wenig entgegenzusetzen
Foto: Paul Sakuma/ AP/dpaHamburg - Klein-Klein ist Elon Musks Sache nicht. Als der von ihm geführte Elektroauto-Hersteller Tesla Motors 2008 seinen ersten Roadster vorstellte, wurden die Kalifornier in der Autobranche noch milde belächelt. Ein Auto, das seine Energie aus tausenden Laptop-Batteriezellen schöpfte, nahmen viele in der Branche nicht ernst. Ein nettes, teures Spielzeug sei das, lautete der Tenor - aber keine ernsthafte Bedrohung für das eigene Autogeschäft.
Doch die Tatkraft des gebürtigen Südafrikaners unterschätzten viele. Denn Musk machte in den vergangenen sechs Jahren viele Dinge richtig. So heuerte er etwa hunderte Spezialisten aus der Automobilindustrie an und kaufte zum Spottpreis von 42 Millionen Dollar eine komplette Autofabrik. Innerhalb von knapp drei Jahren entwickelten die Tesla-Leute das Model S - ein Elektroauto, das mit einer Akkuladung bis zu 500 Kilometer weit kommt und hervorragende Bewertungen bei Sicherheitstests erhalten hat.
Damit die Tesla-Käufer damit auch wirklich längere Strecken fahren können, baut das Unternehmen in den USA, in Europa und künftig auch in Asien ein Netz von Schnelladestationen auf. Noch sind die Verkaufszahlen von Tesla zwar gering. 22.500 Elektrolimousinen hat Tesla im vergangenen Jahr verkauft, in diesem Jahr sollen es 35.000 werden.
Doch jetzt setzt Tesla Motors mit einem Großprojekt zum nächsten Sprung an: Die Kalifornier wollen eine riesige Batteriefabrik errichten. Zwei Milliarden Dollar will Tesla selbst in die Fabrik stecken, zwei bis drei Milliarden Dollar sollen strategische Partner aufbringen. In drei Jahren soll das Werk produzieren, ab 2020 dann mehr Lithium-Ionen-Akkus fertigen als alle heutigen Fabriken zusammen.
Hat es Tesla auf neuen Riesenmarkt abgesehen?
Mit der eigenen Riesen-Batteriefabrik dürfte Tesla aber nicht nur den Nachschub für seine eigenen Autos sichern, sondern könnte auch den Markt für stationäre Energiespeicher auf den Kopf stellen. Denn nicht nur im Energiewende-Deutschland gilt die massenhafte Speicherung von Strom, der von Windkraft- oder Solaranlagen erzeugt wird, als künftiger Milliardenmarkt.
Morgan-Stanley-Analyst Adam Jonas hat diese Hoffnung vor wenigen Tagen mit einer Zahl versehen. Die Speicherung von Energie verspreche einen weltweiten Markt von 1,5 Billionen Dollar Umsatz. Mit seiner Batteriefabrik, meint Jonas, könnte Tesla auf diesem Markt eine wichtige Rolle spielen.
Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Bereits jetzt bietet das US-Solarunternehmen SolarCity , das zum Imperium von Tesla-Chef Musk gehört, Tesla-Batterien als Speicher für Solaranlagen an. Künftig könnte Tesla nicht nur gebrauchte Autobatterien direkt an Solarcity weiterreichen - sondern für Tesla-Kunden auch Rundum-Sorglos-Pakete anbieten. So könnten Tesla-Fahrer etwa Solaranlagen von Solarcity leasen und den in der Garage geparkten Tesla als stationären Energiespeicher nutzen - oder die ausrangierte Batterie ihres alten Tesla-Modells im Haus weiterverwenden.
Deutsche Autohersteller zögern mit Tesla-Gegenwehr
Noch sind solche Überlegungen Zukunftsmusik - doch sie sollten der deutschen Autoindustrie kräftig zu denken geben. Denn bislang ist es den Goliaths unter den großen deutschen Autoherstellern nicht gelungen, dem David Tesla Substanzielles entgegenzusetzen. Auch in den nächsten drei bis vier Jahren ist kein einziger deutscher Herausforderer in Sicht, der es punkto Reichweite und Batterietechnik mit Teslas Nobelstromer aufnehmen kann.
Ähnliches könnte sich nun auf dem Markt für Lithium-Ionen-Batterien wiederholen. Denn ausgerechnet im Industrieland Deutschland kämpfen die Hersteller von leistungsfähigen Lithium-Ionen-Batterien für Elektroautos mit massiven Problemen. Eine einzige Fabrik gibt es in Deutschland, die Lithium-Ionen-Akkus für Elektroautos produziert: Den Zellenhersteller Li-Tec, der gemeinsam mit dem Chemiespezialisten Litarion Batterien für die Elektroautoversion des Kleinwagens Smart herstellt.
Gegründet wurde Li-Tec als Joint-Venture zwischen Daimler und dem Chemiekonzern Evonik . Doch die Partner sind sich seit längerem uneins über eine gemeinsame Strategie. Evonik will deshalb seit Monaten aus dem Projekt aussteigen. Doch Daimler findet keinen neuen Partner, wie das manager magazin im Dezember berichtete.
Nicht wirklich rund laufen auch die Batterieaktivitäten des Autozulieferers Bosch. Die Schwaben verbündeten sich 2008 mit dem koreanischen Samsung-Konzern, um im großen Stil Lithium-Ionen-Batterien für Elektroautos zu fertigen. Doch das Joint-Venture platzte und mit ihm auch die Pläne, in absehbarer Zeit in Deutschland eine Batteriefabrik aus dem Boden zu stampfen.
Teslas Wette ist nur auf den ersten Blick gewagt
Nun hat sich Bosch den japanischen Konzern GS Yuasa als neuen Kooperationspartner an Bord geholt - und wartet ab. Man beobachte den Markt genau und werde rechtzeitig zum großen Elektroboom ein Werk in Europa bauen, erklärte Bosch noch im Dezember. Ab 2018 könnte das Werk stehen, falls Bosch ein "dem Wettbewerb überlegenes Produkt" anbieten könne.
Da wird Tesla dann bereits in seiner Batteriefabrik tausende Elektroauto-Batterien produzieren. Zwar geht Tesla auf den ersten Blick mit seiner Batteriefabrik eine gewagte Wette ein. Denn Branchenexperten haben noch vor einem halben Jahr davor gewarnt, dass es bei Lithium-Ionen-Zellen derzeit weltweit massive Überkapazitäten gibt.
Doch Tesla setzt bei seinen Akkus auf einen etwas anderen Zellenaufbau als der Rest der Automobilbranche, und davon kann Teslas Batteriepartner Panasonic offenbar nicht genug liefern. Denn Musk hat mehrfach in Interviews betont, dass er mehr Autos ausliefern könnte, wenn seine Zulieferer mehr Batteriezellen bereitstellen würden.
Die deutschen Autohersteller hingegen meiden vorerst die Milliardeninvestitionen in teure Fabriken - und beziehen ihre Akkus lieber von koreanischen und japanischen Batteriespezialisten. Das könnte sich in wenigen Jahren als gefährlicher Irrweg für Deutschland herausstellen.
Wenn Tesla tatsächlich in wenigen Jahren den Markt für Lithium-Ionen-Batterien dominiert, könnte sich ein größerer Teil der Elektroautoproduktion in die Staaten verlagern. Denn die Akkus sind über 100 Kilo schwer und damit nicht gerade leicht zu transportieren. Man kann nur hoffen, dass die deutsche Autoindustrie diese Gefahr ernst nimmt - und bald handelt, statt weiter zu zögern.