Deal mit Dongfeng Schafft Peugeot 2014 endlich die Wende?

Neuer Peugeot 208: Der Kleinwagen der Franzosen bekommt gute Kritiken - dennoch sinkt der Peugeot-Marktanteil in Europa seit Jahren
Foto: PeugeotHamburg - Der einstige industrielle Stolz der Grande Nation hat schon bessere Zeiten gesehen: Seit fünf Jahren steckt Europas zweitgrößter Autohersteller PSA Peugeot Citroën in der Dauerkrise. Die Franzosen haben sich viel zu lange auf den alten Kontinent verlassen: Noch immer stammen zwei Drittel der PSA-Umsätze aus Europa. Der scheidende PSA-Chef Philippe Varin hat deshalb Werksschließungen angekündigt, kräftig die Kosten gekappt und sein Heil in einer Allianz mit dem US-Autohersteller General Motors (GM) gesucht.
Doch dieses Gesundungsrezept ist seit wenigen Wochen Makulatur. Mitte Dezember hat GM überraschend seinen 7-Prozent-Anteil an PSA komplett verkauft. Zusätzlich musste PSA zugeben, dass die Kooperation mit GM deutlich weniger Einsparungen bringt als erhofft - und hat folgerichtig eine außerplanmäßige Abschreibung von 1,1 Milliarden Euro vorgenommen.
Und dann gab PSA auch noch das zu, worüber bereits seit Wochen spekuliert wurde: Die Franzosen sprechen mit der chinesischen Dongfeng-Gruppe über eine Kapitalspritze in Höhe von drei bis vier Milliarden Euro.
Eine Analyse in der Wirtschaftszeitung "Financial Times" (FT) kommt aber nun zu dem Schluss, dass 2014 zum Wendepunkt für PSA werden könnte - wenn PSA einige wichtige Hürden nimmt.
"Ohne Reparaturen könnte das Haus Peugeot zusammenbrechen"
Teil des Übereinkommens dürfte eine industrielle Partnerschaft mit Dongfeng sein, schreibt die Zeitung. Ein Porträt von Chinas unbekanntem Autoriesen Dongfeng lesen Sie hier. PSA könnte im Verbund mit Dongfeng kostengünstige Autos für die asiatischen Märkte herstellen und so seine Abhängigkeit von Europa verringern. Der neue Chef von PSA, der ehemalige Renault-Manager Carlos Tavares, bringt "jahrelange Erfahrung im Umgang mit internationalen Allianzen mit", heißt es in dem Artikel der FT.
Allerdings sei die Aufgabe nicht einfach: PSA habe seit 2010 keinen positiven freien Cash-Flow mehr ausgewiesen. Die Nettoschulden des französischen Konzerns dürften Ende 2013 bei 4,5 Milliarden Euro gelegen haben, der Verlust bei 700 Millionen nach einem Minus von 1,3 Milliarden im Jahr 2012.
Immerhin sei die Liquiditätslage von PSA auf dem Papier gesund - auch dank einer staatlichen Garantie über 7 Milliarden Euro für PSAs hauseigene Bank. Derzeit habe PSA 9,8 Milliarden Euro an Bargeld und Bargegenwerten zur Verfügung. Doch durch ein weiteres Jahr mit negativen Cash-Flows und steigender Verschuldung müsse es irgendwann zum Zusammenbruch kommen.
"Das Haus brennt noch nicht", zitiert die FT einen Insider. "Aber wenn es nicht bald Reparaturen bekommt, könnte es zusammenbrechen".
Warum Kritiker den Dongfeng-Einstieg hassen
Gegnern des Dongfeng-Deals sind laut dem Artikel drei Punkte ein Dorn im Auge: Zum einen könnte der Einstieg von Dongfeng die Anteile der bisherigen Investoren stark verwässern. Zum anderen wird PSA künftig vom französischen Staat, dem chinesischen Staat und der Peugeot-Familie regiert - ein "dreiköpfiges Monster", wie es ein von der FT befragter Investmentbanker bezeichnet.
Doch der größte Kritikpunkt ist der Partner Dongfeng selbst. Zwar sorge das Geld der Chinesen erstmal für Entspannung. Doch die Kernprobleme von Peugeot, die verlustträchtigen Werke in Europa und die zu geringe Größe, bleiben. Industriell werde Dongfeng für mindestens fünf Jahre nichts für PSA tun, analysierte ein Banker gegenüber der FT. "Da gibt es keine Skaleneffekte oder Expertise. Es ist nur Geld", heißt es.
PSA stellt derzeit rund 3 Millionen Fahrzeuge pro Jahr her. Bei Branchenprimus Toyota sind es 10 Millionen, GM und Volkswagen kommen auf 9 Millionen, Renault-Nissan auf 8 Millionen. Dadurch hat PSA weniger Einkaufsmacht als seine Konkurrenten. Und der geringe Output hat PSAs Kostenproblem in Europa noch verschärft. Während VWs fünf beste Werke in Europa eine Auslastung von 90 Prozent aufweisen, sind es bei Peugeots Top 5 gerade mal 77 Prozent. Und die schlechtesten PSA-Werke in Frankreich liegen bei einem Auslastungsgrad von 20 und 35 Prozent.
"Der Beginn einer langen und gefährlichen Straße"
Zwar hat PSA-Chef Varin angekündigt, 11.200 Jobs abbauen zu wollen. Doch PSA produziert noch immer zu höheren Kosten als viele seiner Mitbewerber. Und obwohl die jüngsten Peugeot-Modelle durchaus positive Kritiken in der Fachpresse bekommen, verliert PSA weiter Marktanteile in Europa. "Ich hasse den Dongfeng-Deal, weil er die Produktivität von Peugeot in Frankreich nicht verbessern wird und wahrscheinlich Arbeitsplätze zerstört", wird ein französischer Investmentbanker in dem Artikel zitiert.
Doch das sehen längst nicht alle so: Die französischen Gewerkschaften etwa sind von Dongfengs Einstieg angetan - weil PSA mit der Kapitalspritze dringend benötigte neue Modelle finanzieren könne. So stehen etwa dringende Investitionsentscheidungen für Fahrzeuge an, die in drei bis vier Jahren auf den Markt kommen sollen.
Der Einstieg von Dongfeng sei deshalb nur der Beginn einer "langen und gefährlichen Straße" für PSA, meint die FT. Er gebe dem Konzern etwas Luft, um seine Probleme in Europa zu lösen und das Blatt in Brasilien und Russland zu wenden - mehr nicht. Nun liege es an dem neuen Chef Tavares, dem "Niedergang Einhalt zu gebieten".