EU beklagt Manipulation bei WLTP-Messung Autobauer sollen auch bei neuen Abgastests tricksen

"Aufgeblasene" WLTP-Werte: Treiben Autobauer Abgasmesswerte künstlich in die Höhe, damit sie für die Zukunft geplante Abgasreduzierungen leichter erreichen können?
Foto: Volkswagen
Neue Abgasmessung: Der WLTP im Überblick
Die EU-Kommission hat konkrete Hinweise auf neue Abgasmanipulationen durch Autohersteller. Nach Berichten der "Financial Times" und des "Handelsblatt" geht es um die Einhaltung der ab 2020 geltenden Grenzwerte für das klimaschädliche CO2.
Einige Hersteller hätten ihre Testfahrzeuge so konfiguriert, dass die Messungen nach dem neuen Testverfahrensstandard WLTP ("Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure") überhöht sein könnten, zitieren beide Zeitungen aus einem internen Papier der Kommission. Die Hersteller versuchten so aller Wahrscheinlichkeit nach, die geplanten EU-Einsparziele für den Flottenausstoß bis 2025 und 2030 zu unterlaufen.
Das neue WLTP-Messverfahren orientiert sich stärker am realen Fahrverhalten als bisherige Messverfahren. Als Folge des Dieselskandals müssen die Hersteller seit dem Jahr 2017 neue Modelle nach dem neuen Verfahren testen.
Forscher der EU fanden "Beweise" in 114 Datensätzen
Der über WLTP ermittelte Schadstoffausstoß ist die Basis für die Berechnung des Flottenwerts eines Autobauers ab 2021. Dieser Wert wiederum ist Maßstab für weitere geplante Schadstoffreduktionen, die die Autobauer in den Folgejahren erreichen sollen. Brüssel schlug im vergangenen November vor, dass die Autohersteller die Emissionen zwischen 2020 und 2025 um 15 Prozent und bis 2030 um 30 Prozent senken. Parlament und Rat der Europäischen Union müssen dem noch zustimmen.
In einem unveröffentlichten, fünfseitigen Briefing, das der "Financial Times" vorliegt, behauptet die Gemeinsame Forschungsstelle der Kommission, sie habe Beweise aus 114 Datensätzen gefunden, die darauf hinweisen, dass "einige Autobauer ihre Testfahrzeuge so konfigurierten, dass der gemessene WLTP-Wert aufgeblasen" würde. Im Schnitt hätten die von den Herstellern angegeben Emissionen um 4,5 Prozent über dem tatsächlichen Ergebnis gelegen. Mit den überhöhten Werten solle die Ausgangsbasis für künftig verpflichtende Einsparungen zugunsten der Hersteller manipuliert werden, werfen die Forscher den Herstellern laut FT vor.
EU-Klima-Kommissar: "Wir mögen keine Tricks"
"Wir mögen keine Tricks", sagte Miguel Arias Cañete, EU-Kommissar für Klima, der Financial Times in einem Interview. "Wir haben Dinge gesehen, die uns nicht gefallen." Man werde alles unternehmen, damit die Ausgangswerte nicht verfälscht würden. In einem der FT vorliegenden Brief an die Mitgliedstaaten schlägt die Kommission folgendes vor:
- Es wird klargestellt, dass die Basis für zukünftige Ziele echte Messwerte sind und nicht die von den Automobilherstellern deklarierten Werte. "Dies würde den Effekt einer übertriebenen Erklärung beseitigen", heißt es.
- Neue Emissionsmessungen für 2020 "müssen systematisch gesammelt werden", um Transparenz und Nachprüfbarkeit zu erhöhen.
- Brüssel werde die ordnungsgemäße Durchsetzung überwachen und unterstützen. Wenn nötig, könnte die Kommission auch erwägen, die WLTP-Verordnung zu ändern.