Premiere Mercedes S-Klasse Alles oder nichts für Dieter Zetsche

Hohe Erwartungen: Daimler-Chef Dieter Zetsche hat einen Erfolg des Vorzeigemodells S-Klasse fest eingeplant
Foto: Larry W. Smith/ picture alliance / dpaHamburg - Miserable Crashtest-Ergebnisse für den neuen Transporter, kassierte Prognosen für den Konzern, eine hastige Aufhübschungsaktion bei der E-Klasse: In den vergangenen Monaten lief es nicht gerade rund für Daimler-Chef Dieter Zetsche. All das will Zetsche nun zumindest für einen Abend vergessen machen. Am Mittwoch Abend präsentiert der Konzernlenker in Hamburg offiziell die neue Generation der S-Klasse - jenes Mercedes-Modells, das nach wie vor als Maßstab für die automobile Oberklasse gilt.
Für die Weltpremiere ist Mercedes nur das Größte gut genug: Die Limousine wurde gestern aus Stuttgart in die Hansestadt geflogen. Präsentiert wird sie im Auslieferungszentrum des Riesenjumbos Airbus A380 in Hamburg Finkenwerder. 750 Gäste hat Daimler eingeladen, fünf Sterneköche sorgen für das leibliche Wohlbefinden der prominenten Premierenbesucher. Soulsängerin Alicia Keys tritt ebenso auf wie die Hamburger Symphoniker.
Im Mittelpunkt soll aber die 5,12 Meter lange Limousine mit dem Stern stehen, deren Extras-Liste einen Vorgeschmack auf schwäbischen Luxus gibt. Die Sitze des Autos bieten gegen Aufpreis auch eine Hot-Stone-Massage, der Innenraum lässt sich beduften. Über 80.000 Euro soll die neue S-Klasse in der Basisversion kosten, ausgeliefert wird das Fahrzeug ab Ende Juli. Auch eine Langversion des Fahrzeugs soll es von Anfang an geben - das dürfte vor allem chinesische Kunden freuen.
Wichtiges Modell für China
Doch all das Premierengetöse wird nur kurz über die Anspannung hinwegtäuschen, die derzeit im Daimler-Konzern herrscht. Denn in den vergangenen Monaten fiel Daimler eher mit Fehlschlägen als durch Erfolgsmeldungen auf. So startete Daimler vor wenigen Tagen einen Rückruf von 3500 Citan-Transportern, nachdem der Kastenwagen in einem ADAC-Crashtest katastrophal abgeschnitten hatte.
Zweimal musste Zetsche in den vergangenen Monaten seine Ergebnisprognosen kassieren. Die Konkurrenten BMW und Audi hingegen halten an ihren Vorgaben fest. Auch bei der Rendite enteilen die Mitbewerber der Stern-Marke: Im vergangenen Jahr kam Mercedes auf eine operative Rendite von 7,1 Prozent. BMW dagegen lag bei 10,9, Audi sogar bei 11 Prozent.
Probleme hat Daimler zudem in China, dem bald wichtigsten Markt für Luxusautos. Ende 2012 installierte Zetsche zwar einen eigenen China-Vorstand, der das Vertriebschaos der Schwaben in dem Land ordnen sollte. Erfolge kann Zetsches China-Statthalter Hubertus Troska aber noch nicht vorweisen. Im Gegenteil, der Abstand zu BMW und Audi hat sich in den vergangenen Monaten vergrößert. Gut läuft in China bislang nur die S-Klasse. Mit den kleineren und für die höheren Absatzzahlen entscheidenden Modelle der E- und C-Klasse fährt Daimler der Konkurrenz weiter hinterher.
Zetsche braucht den S-Klasse-Erfolg
Mit einem Spar- und Effizienzprogramm will Zetsche nun bis 2020 die Konkurrenz überholen. Denn nach wie vor ist die Profitabilität Daimlers wunder Punkt: Während Audi zuletzt satte 11,10 Euro je 100 Euro Umsatz einnahm und BMW immerhin auf 9,90 Euro kam, sah Daimler mit 3,30 Euro eher wie ein Tagelöhner aus.
Mit der neuen S-Klasse könnten die Stuttgarter nun gegensteuern. Denn mit der Luxuslimousine verdient Daimler pro Auto deutlich mehr Geld als bei allen anderen Baureihen. Experten gehen von 15 Prozent Rendite je verkaufter S-Klasse aus - ein Traumwert, den sonst der Sportwagenhersteller Porsche erreicht. Branchenkenner rechnen im ersten vollen Produktionsjahr mit rund 100 000 verkauften Limousinen - und das sollte die Ertragskraft deulich stärken.
"Eine positive Performance der S-Klasse wäre ein wichtiges Signal, dass man angreift", sagt Experte Stefan Bratzel von der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach. "Man hat richtig viel reingesteckt, gerade beim Thema Fahrerassistenz-Systeme."
Auch für Zetsche persönlich ist ein Erfolg der S-Klasse entscheidend. Denn der Daimler-Chef sitzt nicht mehr so richtig fest im Sattel. Der Unmut der Aktionäre und des Aufsichtsrats mit Zetsche ist kaum mehr zu übersehen. So wurde Zetsches Vertrag im März dieses Jahres nur um drei Jahre verlängert - üblich sind bei Daimler sonst fünf Jahre.
Ein erfolgreicher Start der S-Klasse würde die zunehmende Kritik an dem Daimler-Chef deutlich eindämmen. Deshalb muss Dieter Zetsche am Abend vor allem eines tun: Eine gute Show abliefern, mit viel Lächeln, viel Zuversicht und großen Worten. Dass er solche Auftritte beherrscht, hat er in der Vergangenheit oft genug bewiesen. Ob der pompöse Kraftakt die S-Klasse zum Erfolg werden lässt, wird sich jedoch erst in einigen Monaten zeigen.