Treffen mit GM-Spitze NRW hofft auf Merkels Einsatz für Opel

Nach einer gescheiterten Abstimmung will Opel sein Bochumer Werk bereits 2014 schließen
Foto: CorbisHamburg - Ist es ein Zeichen des Vertrauens in die Marke Opel? Oder wollen die Herren aus Detroit bei Ihrem europäischen Sorgenkind mal persönlich nach dem Rechten sehen? Opel-Chef Karl-Thomas Neumann hat seit kurzem hochrangigen Besuch aus den USA. Denn die alle drei Monate stattfindende Tagung des Führungsgremiums von General Motors findet diesmal in Deutschland statt - zum ersten Mal seit 20 Jahren.
Berichten zufolge weilen 15 GM-Topmanager inklusive GM-Chef Dan Akerson von Dienstag bis Freitag in Deutschland. Informieren wollen sie sich dabei zum einen über die Fortschritte, die Opel bei der Umsetzung seines Zehn-Jahres-Plans macht. Den hat GM-Strategiechef Steven Girsky noch gemeinsam mit Neumanns Vorgänger Thomas Sedran im September 2012 vorgestellt.
Ein Thema soll auch die schwierige Lage auf Europas Automärkten sein, hieß es bei Opel. Infolge der Eurokrise sind die Autoverkäufe vor allem in Südeuropa eingebrochen, was den Druck nochmal erhöht. Die Traditionsmarke schreibt ohnedies seit Jahren rote Zahlen. GM drängt seit Monaten vehement darauf, dass Opel in absehbarer Zeit wieder profitabel wird.
Zugleich will die GM-Führung ihre Beziehungen zu deutschen Politikern aufpolieren. Ein Fixpunkt auf dem Programm der Detroiter Runde ist etwa ein Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstag. Außerdem absolvieren die GM-Topmanager Termine mit der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Marie-Luise Dreyer und ihrem hessischen Amtskollegen Volker Bouffier.
Landesvertreter aus NRW sind nicht dabei
In beiden Bundesländern betreibt Opel Autowerke: Im pfälzischen Kaiserslautern fertigt der Autohersteller Getriebe und Motoren, das Opel-Stammwerk steht im hessischen Rüsselsheim nahe Frankfurt. Insidern zufolge sind die Termine vor allem dazu gedacht, sich besser kennenzulernen. So steht etwa auch eine gemeinsame Bootsfahrt auf dem Rhein auf dem Programm.
Ein Wohlfühl-Programm mit Politikern also? Dafür spricht auch, dass jenes Opel-Werk, das in den letzten Monaten am meisten Schlagzeilen machte, laut Unternehmensangaben nicht zur Sprache kommen soll. Bochum werde kein Thema sein, heißt es bei Opel.
Zumindest offiziell. Tatsächlich ist bei dem Besuch der GM-Spitze kein Termin mit einem Vertreter des Landes Nordrhein-Westfalen vorgesehen. Die Treffen zwischen den Ministerpräsidenten anderer Bundesländer mit dem GM-Verwaltungsrat seien "seit langem geplant und haben keinen Bezug zur aktuellen Situation", schreibt das NRW-Wirtschaftsministerium auf Anfrage von manager magazin online.
Doch indirekt will das Bundesland die schwierige Situation in Bochum doch zum Thema machen. Den monatelang ausgehandelten Sanierungsplan, der auf eine Schließung des Bochumer Werks im Jahr 2016 hinauslief, haben die Bochumer Ende März in einer Abstimmung abgelehnt. Postwendend erklärte die Opel-Führung daraufhin, das Werk bereits Ende 2014 dichtzumachen- und schloss weitere Verhandlungen aus.
NRW macht medial Druck
Bislang bleibt die Opel-Führung bei ihrer harten Linie. Doch NRW-Landespolitiker versuchen bereits seit Wochen, das zu ändern. Der Wirtschaftsminister des Landes, Garrelt Duin, forderte die Kanzlerin am Montag in der Bild-Zeitung auf, das Schicksal der Opel-Angestellten im Werk Bochum "zwingend" zu diskutieren.
Er wolle beide Seiten zusammenbringen, um über die Gespräche über eine Fertigung von Fahrzeugen über 2014 hinaus fortzusetzen, schreibt Duin in einer Stellungnahme. Darüber hinaus habe er am Montag mit Opel-Chef Neumann telefoniert. In den kommenden Tagen spreche er auch mit der IG Metall und dem Betriebsrat.
Manche Branchenkenner zweifeln jedoch daran, dass sich die GM-Manager mit dem leidigen Thema auseinandersetzen werden. "Die werden das Wort Bochum meiden wie der Teufel das Weihwasser", meint Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des Center Automotive Research der Universität Duisburg-Essen. Ohnedies werde das Thema Opel nur eines unter vielen Themen sein.
Für besonders gelungen hält er das Vorgehen der Opel-Führung nach der Abstimmung in Bochum nicht. Mit der "sicherlich emotionalen" Entscheidung der Bochumer Mitarbeiter hätte das Management anders umgehen können, findet Dudenhöffer. Ein paar Tage Bedenkzeit und eine eventuelle Wiederholung der Abstimmung wäre besser gewesen, meint der Autoexperte.
Experten werten Besuch als positives Signal
Doch immerhin hält er es für gut, dass sich die Topmanager der Opel-Konzernmutter nun in Deutschland treffen. "Damit besteht Opel für GM nicht nur auf dem Papier, sondern die Manager haben einen visuellen Eindruck", meint Dudenhöffer.
Auch der ehemalige Opel-Cheflobbyist Volker Hoff wertet gegenüber manager magazin online den Detroiter Besuch als positives Signal. "Wenn die Amerikaner Opel zumachen wollten, würde sich Dan Akerson sicherlich nicht nach Deutschland begeben", sagt Hoff. Allerdings gebe es schon seit längerem Kontakte zwischen deutschen Politikern und den US-Managern. So habe Hessens Ministerpräsident Bouffier GM-Chef Akerson vor einigen Monaten in Detroit getroffen. Vor vier Jahren, als Opel verkauft werden sollte und die Bundesregierung eine Staatsbürgschaft gewährte, habe es regelmäßigen Kontakt der Opel-Oberen zu Berliner Politikern gegeben.
Anders als Dudenhöffer glaubt Hoff jedoch, dass GM-Manager bei ihren Treffen in den nächsten Tagen kaum um das Thema Werksschließung herumkommen werden. "Die Politik wird nachfragen, wie es in Bochum weitergeht und was da jetzt geplant ist", meint er.
Ein wenig Hoffnung besteht also noch, dass sich im festgefahrenen Streit um Bochum etwas bewegt. Der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel gibt sich verhandlungsbereit und appelliert an die Opel-Führung, sich "aus dem Schützengraben" herauszubewegen. Was er dabei verschweigt: An diesem Graben hat die Belegschaft seines Werkes kräftig mitgeschaufelt.