Wirecard-Werbung auf einer Messe in Köln: Der Konzern befindet sich unter Druck, seit die "Financial Times" über angebliche Bilanzfälschungen berichtet hat
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Neuer Kursrückschlag bei der Aktie von Wirecard (Kurswerte anzeigen): Automatische Verkaufsorders haben das Papier des Zahlungsdienstleisters am Dienstag zeitweise wieder kräftig unter Druck gesetzt. Die Papiere des im Fokus von Vorwürfen stehenden Zahlungsabwicklers rutschten in der Spitze um bis zu 8 Prozent ab und fielen damit wieder unter die runde Marke von 100 Euro. Bis zum Nachmittag erholten sie sich jedoch wieder ein wenig und reduzierten ihr Minus auf rund 3 Prozent bei 99,70 Euro. Bislang ist es Wirecard-Chef Markus Braun nicht gelungen, das Vertrauen der Mehrzahl der Anleger zurückzugewinnen und die erneute Short-Seller-Attacke zurückzuschlagen. In der Vergangenheit war Wirecard bereits mehrfach dem Angriff von Leerverkäufern ausgesetzt, hatte sich bislang aber immer wieder dagegen behaupten können.
Der Besessene: So tickt Wirecard-Chef Markus Braun
Als Auslöser für die "rasierten Stops" am Dienstag nannten Börsianer die Meldung über eine deutliche aufgestockte Leerverkaufsposition des Hedgefonds Slate Path Capital sowie eine skeptische Studie des US-Hauses Guggenheim Securities. Die britische Zeitung "Financial Times" hatte jüngst eine neue Vorwurfslawine in Gang gebracht. Am Freitag waren dann Untersuchungen der Polizei in Singapur publik geworden. Das Unternehmen hatte in der Vorwoche fortgeschrittene Untersuchungen eingeräumt, aber betont, dass sich schlüssige Feststellungen hinsichtlich eines Fehlverhaltens nicht ergeben haben.
Tweet von Markus Braun: Möglicher neuer Rekord im ersten Quartal
Der Zahlungsabwickler Wirecard sieht sein Geschäft unbeeinträchtigt von den jüngsten Anschuldigungen gegen das Unternehmen. "Die Januar-Zahlen deuten auf einen Rekord im ersten Quartal hin, und wir freuen uns auf ein höchst erfolgreiches Jahr 2019", erklärte Vorstandschef Markus Braun am Dienstag auf Twitter. Ähnlich optimistisch hatte sich der Manager bereits im Januar im Reuters-Interview über den Auftakt und die Aussichten des laufenden Jahres geäußert.
Der weltweite Boom von Online-Handel und Bezahlen per Smartphone-App befeuert seit Jahren das Wachstum des Unternehmens und bescherte ihm im vergangenen Jahr den Aufstieg in den Dax. Der Betriebsgewinn soll im laufenden Jahr auf 740 bis 800 Millionen Euro steigen, nachdem er im vergangenen Jahr um 38 Prozent auf 568 Millionen Euro zugelegt hatte.
US-Kanzleien bereiten Anlegerklagen gegen Wirecard vor
Das Wachstum des Unternehmens aus dem Münchner Vorort Aschheim wurde in der Vergangenheit wiederholt von Vorwürfen unlauterer Geschäfte begleitet, die von Wirecard regelmäßig zurückgewiesen wurden. Von den heftigen Aktienkursreaktionen profitieren vor allem kurzfristige Investoren.
Auslöser der Turbulenzen waren mehrere Artikel der "Financial Times" über angebliche Bilanzfälschungen durch Mitarbeiter des IT-Konzerns in Singapur. Wirecard wies die Vorwürfe zwar bereits in der vergangenen Woche zunächst per Statement und dann in einer rasch anberaumten internationalen Telefonkonferenz entschieden zurück. Zudem geht das Unternehmen inzwischen juristisch gegen die Zeitung vor.
Auf die Vorwürfe gegen Wirecard, gegen die sich das Unternehmen ebenfalls wehrt, stützen sich mittlerweile mehrere auf Anleger-Klagen spezialisierte US-Anwaltskanzleien. Sie reichten in den USA Sammelklagen gegen Wirecard ein, um wegen der jüngsten Aktienkursverluste Schadenersatz zu erstreiten.
Platz 30: Deutsche Bank
Zum Jahresausklang hat die Aktie das tiefste Niveau seit 1974 erreicht. Allein seit Anfang 2018 ist der Börsenwert der Deutschen Bank um weitere 56 Prozent geschrumpft, der Aktienkurs sank unter die Marke von 7 Euro. Doch außer der Deutschen Bank hat sich noch ein weiterer Dax-Wert mehr als halbiert ...
Platz 29: Covestro
Der vor drei Jahren von Bayer abgespaltene Plastikhersteller Covestro ist erst im Frühjahr in den Dax aufgestiegen. Der niedrige Pegelstand des Rheins sorgte für Produktionsausfälle, die Börse sorgte für ein Kursminus von rund 50 Prozent im Jahresverlauf.
Platz 28: Continental
Conti-Chef Elmar Degenhart sorgte mit zweieinhalb Gewinnwarnungen und einem Brandbrief an die eigenen Manager ("falsches Gleis") für Aufsehen. Vor dem geplanten Börsengang der Antriebssparte gab die Aktie 46 Prozent nach. Conti war wegen seiner verlässlichen Prognosen jahrelang ein Darling der Investoren - und diese zogen sich nun enttäuscht zurück.
Platz 27: Heidelbergcement
Die traditionell in Deutschland starken Branchen Chemie- und Autoindustrie sind besondere Sorgenkinder 2018. Aber am Bau läuft es doch? Nein, auch Heidelbergcement gab im Oktober eine Gewinnwarnung ab, die Aktie steht 41 Prozent unter dem Schlusskurs von Ende 2017.
Platz 26: Bayer
Der Chemieriese konnte Vollzug bei der Übernahme von US-Agrargigant Monsanto melden, dem teuersten Firmenkauf durch einen deutschen Konzern in der Geschichte - aus heutiger Sicht im Licht dräuender Schadenersatzklagen zu teuer. Der Glyphosat-Hersteller Monsanto droht für Bayer zu einem toxischen Zukauf zu werden - bezahlen müssen vorerst die Beschäftigten mit dem Abbau von 12.000 Stellen. Die Aktionäre leisten mit einem Kursminus von gut 40 Prozent auch ihren Beitrag.
Platz 25: Deutsche Post
In den vergangenen Jahren wurde der Ex-Staatskonzern meist besonders im Weihnachtsgeschäft für den vom Onlinehandel beförderten Paketboom gefeiert. Inzwischen ist klar, dass dadurch auch die Kosten steigen. Die Brief- und Paketsparte schreibt rote Zahlen. Das Gewinnziel wurde im Juni kassiert, die Aktie steht Ende 2018 40 Prozent unter Vorjahr.
Platz 24: Thyssenkrupp
Beim Ruhrkonzern haben aktivistische Investoren die alte Führung vergrault, der neue Chef Guido Kerkhoff verheißt ihnen neben der Fusion des Stahlgeschäfts mit Tata auch eine Spaltung in zwei Teile (Materials und Industrials). Erstmal kostet das jedoch Rendite. Die Aktie sackte 2018 um 38 Prozent ab.
Platz 23: Lufthansa
Im Vorjahr war die Fluggesellschaft noch der große Gewinner im Dax mit plus 150 Prozent. 2018 konnten die Lufthanseaten zwar von der Air-Berlin-Pleite profitieren, aber nicht das Flugchaos und die höheren Treibstoffkosten bewältigen. Bis zum Jahresende büßte die Aktie knapp 36 Prozent ihres vorigen Werts wieder ein.
Platz 22: Fresenius Medical Care
Der Dialysespezialist, der vor allem in den USA tätig ist, ist einer der Gründe für die schwache Performance des Mutterkonzerns Fresenius. Für FMC selbst ging es um knapp 36 Prozent abwärts.
Platz 21: Daimler
In seinem letzten vollen Amtsjahr musste der langjährige Konzernlenker Dieter Zetsche ständig bei Politikern vorsprechen, mal bei Verkehrsminister Andi Scheuer (wegen Abgasen), mal bei US-Präsident Donald Trump (wegen Zöllen). Den Start ins Elektrozeitalter hat er sich anders vorgestellt, die Aktionäre auch - minus 35 Prozent. Dafür ist die Dividendenrendite von aktuell 7,7 Prozent Dax-Rekord.
Platz 20: Fresenius
Der Gesundheitskonzern Fresenius war bisher auf aggressives Wachstum gepolt - zu aggressiv, wie Konzernchef Stephan Sturm im Dezember einräumen musste. Die Rücknahme der Ziele bis 2020 schockierte die Anleger. Auf Jahressicht verlor die Aktie 35 Prozent an Wert.
Platz 19: BASF
Der von Martin Brudermüller geführte Chemiekonzern sah zeitweise wie der stille Gewinner des Fusionsbetriebs aus, BASF konnte aus Kartellschutz abgegebene Betriebsteile von Bayer übernehmen. Doch auch die Ludwigshafener mussten ihre Ziele für 2018 kassieren und mit Anlegerskepsis klarkommen. Die Aktie rutschte seit Jahresbeginn um 34 Prozent ab.
Platz 18: Infineon
In der (noch) boomenden Chipbranche hat sich der deutsche Konzern auf die Autoindustrie spezialisiert - nicht der heißeste Tipp für dieses Jahr. Die Aktie gab 24 Prozent nach.
Platz 17: BMW
Gemessen an der Dividendenrendite von über 5 Prozent sieht die BMW-Aktie schon fast wie ein Schnäppchen aus - wären da nicht die hohen Risiken der Autoindustrie. Seit Jahresbeginn hat die BMW-Aktie 18,6 Prozent an Wert verloren - und damit ungefähr so viel wie der Dax insgesamt (18,3 Prozent). Seit seinem Rekordhoch im Frühjahr hat der Dax sogar 22 Prozent an Wert eingebüßt - und befindet sich damit nach klassischer Definition in einem Bärenmarkt-Terrain.
Platz 16: Volkswagen
Minus 16,5 Prozent heißt es für die Vorzugsaktie der Wolfsburger, im Branchenvergleich noch ganz gut - auch wenn der Ausgangspunkt des Abgasskandals für weitere negative Nachrichten wie Milliardenstrafen, die Haft des Audi-Chefs oder Verzweiflungsrufe von Konzernchef Herbert Diess gut war.
Platz 15: Siemens
Der Industriekonzern hat die interne Unruhe im Standortpoker einigermaßen beruhigt und die Medizintechniksparte Healthineers an die Börse gebracht. Für 2018 steht dennoch ein Kursminus von 16,1 Prozent zu Buche.
Platz 14: Henkel
Der Konsumgüterhersteller - der einzige Konzern im Dax mit einer Frau an der Spitze wenigstens des Aufsichtsrats (Simone Bagel-Trah) - steuerte auf ruhigeren Bahnen. Die Aktie gab um 13,5 Prozent nach.
Platz 13: Allianz
Finanziell stimmen die Ergebnisse für den Versicherungskonzern, der von Aktionären auch für die regelmäßigen Ausschüttungen geschätzt wird (Dividendenrendite: 5 Prozent). Strategisch verbreitet Konzernchef Oliver Bäte aber eher Unsicherheit. Der Börsenwert sank um 8,5 Prozent: Die Allianz gehört damit zu insgesamt 6 Dax-Konzernen, die lediglich ein einstelliges Minus verbucht haben. Bei 17 Dax-Unternehmen war das Minus zweistellig, nur 7 Dax-Unternehmen verbuchten leichte Gewinne.
Platz 12: SAP
Der Anbieter von Firmensoftware kann sich weiterhin Deutschlands wertvollster Konzern nennen, gemessen an der Marktkapitalisierung - als einziger Dax-Wert mit mehr als 100 Milliarden Euro. In diesem Jahr schrumpfte er jedoch um 7 Prozent.
DANIEL ROLAND/ AFP
Platz 11: Beiersdorf
Der Hamburger Hersteller von Nivea und Tesa bewegt sich zumeist unter dem Radar der Öffentlichkeit, so auch der neue Chef Stefan de Loecker. Die Aktie gab um 6,9 Prozent nach, zählt aber immer noch zu den teuersten im Dax gemessen am Verhältnis zum erwarteten Gewinn.
Platz 10: Linde
Die Aktie des Gasherstellers läuft außer Konkurrenz - die heute im Dax notierte Aktie der irischen Gesellschaft Linde plc gibt es nämlich erst seit Ende Oktober nach der Fusion mit dem US-Wettbewerber Praxair. Seitdem verlor sie rund 6 Prozent. Die vor dem Squeeze-out stehenden Aktionäre der alten Linde AG können mit der Abfindung von 189,46 Euro noch 4,4 Prozent Plus seit dem Jahreswechsel verbuchen.
Platz 9: Eon
Der Stromkonzern von Johannes Teyssen (links) konnte mit Ex-Wettbewerber RWE (rechts Rolf Martin Schmitz) die Neuaufteilung des deutschen Energiemarkts besiegeln. Die Aktie des künftigen Netz- und Vertriebsspezialisten sank um 4,8 Prozent.
Platz 8: Vonovia
Als Deutschlands größter Vermieter profitiert der Wohnungskonzern von den steigenden Mieten - bekommt inzwischen aber auch Proteste zu spüren, was sich sogar aufs Geschäft auswirkt. Die Aktie notierte 2018 mit einem Minus von 4,3 Prozent.
Platz 7: Deutsche Telekom
Die T-Aktie hat schon verschiedene Reinkarnationen erlebt, als Wachstumsstar, Symbol für den Börsenkater, Dividendenwert, dann wieder Wachstumshoffnung - und nun doch wieder in eher langweiligen Gefilden. Seit Jahresbeginn ging es hauchdünn um 0,1 Prozent aufwärts - damit gehört die T-Aktie zu den wenigen Gewinnern im Dax.
Platz 6: Merck
Der Pharma- und Chemiekonzern aus Darmstadt war nach einem enttäuschenden Jahr 2017 wieder bei den Anlegern gefragt - wenn auch nicht allzu sehr. Die Aktie stieg um 0,25 Prozent.
Platz 5: Munich Re
Aktionäre des Rückversicherungskonzerns sind auf Ruhe und hohe Dividende abonniert - solange keine großen Naturkatastrophen die Schadensbilanz verhageln. In diesem Jahr stieg die Aktie um 5,4 Prozent.
Platz 4: Deutsche Börse
Ob die Kurse steigen oder fallen - Hauptsache, es wird gehandelt; und der Börsenbetreiber verstrickt sich nicht selbst in Abenteuer wie zuvor mit der Londoner Börse. Börsenchef Theodor Weimer (rechts) ist im 30. Jahr des Bestehens des Dax mit plus 8,4 Prozent für seine eigene Firma feierlich zumute - auch wenn der Dax mit einem Minus von 18 Prozent selbst nicht so gut aussieht.
Platz 3: Adidas
Im WM-Jahr musste der führende Fußballausrüster ein Debakel seiner teuersten Mannschaft (der deutschen) erleben, Konkurrent Nike errang den Titel mit Frankreich. Doch während die Adidas-Aktie im deutschen Siegjahr 2014 abstürzte, war sie diesmal mit plus 9 Prozent eine der stärksten im Dax - das Modegeschäft hat sich längst von den großen Events des Sportmarketings abgekoppelt.
Platz 2: RWE
Künftig will RWE nach der Übernahme der Ex-Tochter Innogy und der Erneuerbaren Energien von Eon als größter Ökostromanbieter des Landes auftreten. Vorerst steht er als Symbol für die geschmähte Kohle. Die Aktie gewann trotz der heftigen Proteste und Rückschläge vor Gericht 11,5 Prozent an Wert. Im Jahr zuvor brach die RWE-Aktie zwar am Jahresende ein, gehörte jedoch auf Zwölf-Monats-Sicht ebenfalls zu den Gewinnern im Dax.
Platz 1: Wirecard
Anstelle der altehrwürdigen Commerzbank zog im September der Finanzdienstleister Wirecard in den Dax ein, der den Banken die margenschwache Zahlungsabwicklung im Onlinehandel streitig macht - dabei aber nach eigenen Angaben rätselhafterweise selbst dicke Margen einstreicht. Und dann sind die Aktionäre noch bereit, für die Wachstumsstory mehr als das 40-Fache des Jahresgewinns zu zahlen. Zwar bröckelte auch die Wirecard-Aktie zum Jahresende, doch ging es für Wirecard im Gesamtjahr 2018 um 42,7 Prozent aufwärts - und das reicht mit komfortablem Abstand zu Rang 1.
Platz 19: BASF
Der von Martin Brudermüller geführte Chemiekonzern sah zeitweise wie der stille Gewinner des Fusionsbetriebs aus, BASF konnte aus Kartellschutz abgegebene Betriebsteile von Bayer übernehmen. Doch auch die Ludwigshafener mussten ihre Ziele für 2018 kassieren und mit Anlegerskepsis klarkommen. Die Aktie rutschte seit Jahresbeginn um 34 Prozent ab.
Platz 11: Beiersdorf
Der Hamburger Hersteller von Nivea und Tesa bewegt sich zumeist unter dem Radar der Öffentlichkeit, so auch der neue Chef Stefan de Loecker. Die Aktie gab um 6,9 Prozent nach, zählt aber immer noch zu den teuersten im Dax gemessen am Verhältnis zum erwarteten Gewinn.