Adam Neumann in guten WeWork-Zeiten: Jetzt kämpft der Gründer um seine umstrittene Milliarden-Abfindung
Foto: JB Lacroix/ Getty ImagesDer geschasste WeWork-Gründer Adam Neumann kämpft nach dem Absturz seines Unternehmens um die in Aussicht gestellte Milliardenabfindung. Wie verschiedene US-Medien berichten, verklagt der WeWork-Gründer seinen einstigen Kapitalgeber Softbank wegen eines im April abgeblasenen Aktiendeals, der Neumann knapp eine Milliarde Dollar in die Tasche gespült hätte. Das Gros von Neumanns kolportiertem Milliardenabschied von 1,7 Milliarden Dollar bei WeWork.
Softbank-Chef Masayoshi Son, einst einer der vehementesten Unterstützer des Büroraum-Vermieters, hatte den bei Neumanns Abschied vereinbarten Dealim April abgeblasen und die Entscheidung damit begründet, dass eine Reihe von Bedingungen dafür nicht erfüllt worden seien. Unter anderem verwiesen die Japaner auf noch laufende zivil- und strafrechtliche Untersuchungen bei WeWork und eine nicht umgesetzte Restrukturierung eines Joint-Ventures in China.
Allerdings hatte sich auch die geschäftliche Lage Softbanks zuletzt massiv verschlechtert, was Beobachter als möglichen Mitauslöser des Rückzugs sehen. So hatte der Internet-Investitionsfonds des japanischen Technologiekonzerns sein Geschäftsjahr kürzlich mit einem Verlust von umgerechnet 15,3 Milliarden Euro abgeschlossen. Auch bei Softbank selbst sieht es zudem rabenschwarz aus: Mittlerweile erwartet das Unternehmen einen Jahresverlust von 8,4 Milliarden Dollar - wovon 6,6 Milliarden allein auf WeWork zurückgehen sollen.
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Gegen den Rückzug vom Geschäft hatte zuvor auch der Softbank-Vorstand Klage eingereicht. Von dem Drei-Milliarden-Deal hätte den Angaben zufolge in erster Linie Neumann persönlich profitiert. Er wäre allein Aktien im Wert von knapp einer Milliarde Dollar losgeworden. Auf den Risikokapitalgeber Benchmark wären demnach 600 Millionen Dollar entfallen.
Neumann wirft Softbank in seiner Zivilklage nun vor, den Deal aus finanziellen Gründen platzen gelassen zu haben, nachdem das Unternehmen mit dem Versuch gescheitert sei, den Deal zu verschieben. Zudem habe Softbank selbst aktiv daran mitgewirkt, dass das Joint-Venture in China nicht in der geplanten Form vorankam. Indem die Japaner Druck auf Investoren ausgeübt hätten, auf Rechte zu beharren, die eine Restrukturierung erschwert hätten.
Softbank selbst wies die Vorwürfe umgehend zurück. Das Unternehmen sei unter den vereinbarten Bedingungen, die Neumann selbst unterschrieben habe, nicht verpflichtet gewesen, die Aktien zu übernehmen.
Gründer Neumann hatte das Board von WeWork im vergangenen Jahr auf Druck von Investoren verlassen müssen, nachdem der Versuch, den Bürovermieter an die Börse zu bringen, katastrophal gescheitert war. Die Bewertung von WeWork schrumpfte damals von 47 Milliarden Dollar auf acht Milliarden Dollar, und Großinvestor Softbank musste einspringen, um das Unternehmen zu retten.
Als "Herr der Blasen" hat das manager magazin Masayoshi Son beschrieben. Niemand hat so viel dazu beigetragen, die Firmenwerte auch verlustreicher Tech-Unternehmen nach oben zu treiben, wie Sons Softbank-Konzern - einst als Computerteilehandel gestartet. Doch inzwischen wachsen die Zweifel, ob der Meister der Finanzakrobatik seine vielen Milliardenrisiken noch im Griff hat.
Die Hauptquelle des Softbank-Vermögens liegt im chinesischen Internetkonzern Alibaba, in den die Japaner schon 2000 billig einstiegen. Mit Aktienkäufen machen sie immer wieder Kasse, allein im Juni verbuchten sie 11 Milliarden Dollar Gewinn - und blieben immer noch größter Alibaba-Anteilseigner mit 26 Prozent, weit vor Konzerngründer Jack Ma, der nun als Rockstar seinen Abschied gab. Zur Jahresmitte 2019 war das Alibaba-Paket von Softbank 105 Milliarden Dollar wert. Son lässt die Aktien verpfänden, für immer irrsinnigere Finanzwetten.
Mitte September 2019 präsentierte Son seinen neuesten Deal: Für 3,7 Milliarden Dollar übernimmt die Softbank-Tochter Yahoo Japan die Kontrolle über den Online-Modehändler Zozo. Dessen Gründer Yusaku Maezawa, ohnehin Milliardär, kann sich jetzt stärker der Punk-Musik, der Kunstsammlung und seiner geplanten Weltraumreise widmen. Die börsennotierte Holding Softbank KK, zu der auch die Anteilsmehrheit an Yahoo Japan gehört, stand zuletzt mit 44 Milliarden Dollar in den Softbank-Büchern.
Knapp 17 Milliarden Dollar hat Softbank 2016 und 2017 in den von Jean Liu geführten Fahrdienst Didi Chuxing investiert. Didi hat es mit dem Geld der Japaner zwar geschafft, sich in Chinas Städten zu etablieren. Um den für 2019 angedachten Börsengang wurde es jedoch still. Vorteil für Softbank: So muss der bislang immer nur gestiegene Didi-Firmenwert nicht nach unten korrigiert werden, wie es in den schon an die Börse gebrachten Beteiligungen geschah.
Bei der Büroplattform Wework musste Softbank die Notbremse ziehen. Der für September geplante Börsengang des Unternehmens, in den Softbak eine zweitstelligen Milliardenbetrag investiert hatte, wurde kurzfristig verschoben, nachdem sich der angepeilte Erlös mehr als halbiert hatte. Wework-Chef Adam Neumann musste seinen Posten räumen.
Wework ist eines der Aushängeschilder des Softbank Vision Fund, der auf fast 99 Milliarden Dollar angeschwollen ist - vor allem dank externer Geldgeber wie Saudi-Arabien. Die lassen sich den Einsatz jedoch mit 7 Prozent Garantiezinsen vergüten. Das Risiko tragen vor allem Softbank und deren Beschäftigte. Ihr Anteil am Fonds wird auf 32,5 Milliarden Dollar beziffert. Und im nun geplanten, noch größeren Vision Fund 2 war eigentlich noch mehr Einsatz von ihnen geplant.
Eine enorme Menge Geld hat der Vision Fund auch in Uber gesteckt: neun 1Milliarden Dollar. Dem US-Fahrdienst gelang der Börsengang im Mai, doch statt der ursprünglich erwarteten Bewertung von 120 Milliarden kamen nur 82 Milliarden Dollar heraus - zuletzt machte das Unternehmen vor allem mit Stellenstreichungen von sich reden.
Noch größer ist der Abschlag für Slack nach dem IPO im Juni. Hier stehen für den Vision Fund nur vergleichsweise überschaubare 413 Millionen Dollar im Feuer. Trotzdem nährt die Häufung schwächelnder Softbank-Investments die Sorge, dass bald im großen Stil Abschreibungen drohen. Viele der Beteiligungen haben die Japaner zu Höchstpreisen gekauft.
Neben dem Vision Fund ist der US-Mobilfunker Sprint mit einem Wert von 27 Milliarden Dollar eine der größten Softbank-Beteiligungen - und könnte durch die geplante Fusion mit der Telekom-Tochter T-Mobile neuen Wert heben. In Japan gehört Mobilfunk zum traditionellen Kerngeschäft des Konzerns, der solch profanen Dingen aber längst entwachsen ist.
Der britische Chiphersteller ARM ist eine der großen strategischen Investitionen von Softbank, mit Blick auf die Entwicklung künstlicher Intelligenz. 2016 nahm Masayoshi Son das Unternehmen für 32 Milliarden Dollar von der Börse.
Die Show muss weitergehen - vor allem auf Kredit. In der indischen Hotelkette Oyo finanzierten Softbanks japanische Hausbanken dem Gründer Ritesh Agarwal Anfang 2019 Aktienkäufe. Die von Agarwal angeführte Finanzierungsrunde verdoppelte Oyos Bewertung auf zehn Milliarden Dollar. Allein für den Softbank Vision Fund brachte das einen Buchgewinn von vier Milliarden Dollar. Zuletzt standen allerdings auch hier Stellenstreichungen an.
Noch sind die Kassen gut gefüllt, um weitere radikale Wetten abzuschließen. Dem in Südostasien aktiven Fahrdienst Grab hat Softbank 3,5 Milliarden Dollar spendiert, zwei Milliarden davon im Juli für die Expansion in Indonesien.
In Deutschland ist der Zahlungsdienstleister Wirecard prominentester Empfänger des Geldsegens aus Japan. Im April 2019 verkündete der Dax-Konzern, der gute Nachrichten wegen Zweifeln an seiner Bilanz gerade gebrauchen konnte, eine Finanzspritze von 900 Millionen Euro in Form einer von Softbank gezeichneten Wandelanleihe. Wirecard-Chef Markus Braun hofft vor allem darauf, dass unzählige Unternehmen mit Softbank-Beteiligung jetzt auf Wirecard-Dienste setzen.
Auch Auto1 hat Masayoshi Son zu einem der am höchsten bewerteten jungen Unternehmen der Welt gemacht. 460 Millionen Euro pumpte Sons Vision Fund Anfang 2018 in die Berliner Mutter von "wirkaufendeinauto.de" - und erhielt dafür ein Fünftel am Unternehmen.
Noch größer ist der Abschlag für Slack nach dem IPO im Juni. Hier stehen für den Vision Fund nur vergleichsweise überschaubare 413 Millionen Dollar im Feuer. Trotzdem nährt die Häufung schwächelnder Softbank-Investments die Sorge, dass bald im großen Stil Abschreibungen drohen. Viele der Beteiligungen haben die Japaner zu Höchstpreisen gekauft.
Foto: Richard Drew / AP