Tech-Brillen, Ventilatoren und Nebel-Düsen machen es möglich: Die Hotelkette Marriott schickt ihre Gäste in einer "Teleporter"-Box virtuell an den Strand. Auch Kreuzfahrtlinien haben digitale Besuche auf ihren Schiffen im Programm. Ersetzt die virtuelle Weltreise bald den echten Urlaub?
In einer Sekunde in die Flitterwochen: In New York testen Frischvermählte Marriotts Teleporter-Box - Model Louise Roe (Mitte) hat sie eingeladen
Foto: Marriott
Hamburg - Mit Eigenlob hält sich Marriott nicht zurück: "Wir verschieben die Grenze des Möglichen, um herauszufinden, wie wir in Zukunft reisen werden", heißt es in einem Werbefilm für den "Teleporter". Die etwa telefonzellengroße Box voller Technik soll ihre Insassen virtuell an einen Strand von Hawaii teleportieren - inklusive Gischt im Gesicht und Wind in den Haaren.
Damit Hawaiis Ozeanbrise künftig in verschiedenen Marriott-Hotels in den USA wehen kann, ist eine Menge Technik nötig: Wärmelampen stecken im "Teleporter" und vermitteln das Gefühl von Sonnenschein, Ventilatoren sorgen für Wind. Im Boden der Box stecken hydraulisch bewegliche Platten, aus Düsen treten feiner Wassernebel und Gerüche aus. Wie viel die Box gekostet hat, teilt das Unternehmen nicht mit. Das Technik-Magazin "Wired" ist allerdings sicher: Nur Firmen mit sehr tiefen Taschen können sich eine solch aufwändige Spielerei leisten.
2014 war bislang ein gutes Jahr für Fans von Virtual-Reality-Anwendungen: Im März zahlte Facebook 2,3 Milliarden Dollar (1,7 Mrd. Euro) für den Datenbrillen-Hersteller Oculus Rift; Sony hat mit Project Morpheus eine ähnliche Technologie angestoßen, auch Samsung mischt mit einer eigenen Anwendung im Markt mit. Virtuelle Reisen, wie sie Marriott und einige Kreuzfahrtlinien nun im Programm haben, fügen diesem Trend ein weiteres Anwendungsfeld hinzu.
3D-Sound geht auch günstig
Marriotts "Teleporter" mag die Speerspitze solcher Anwendungen sein - es geht aber auch günstiger. 12.000 Dollar möchte der amerikanische Filmemacher Christian Wolf von den Nutzern der Crowdfunding-Plattform Kickstarter haben, um eine interaktive Reise-Show zu veröffentlichen. Mit einem Geflecht aus GoPro-Kameras setzt auch er auf große, beeindruckende Bilder. Vorbild für seine TV-Show sei ein Youtube-Video gewesen, sagte Wolf unlängst dem Guardian, in dem ein Filmer mit einer GoPro auf dem Kopf und einem 3D-Mikrofon seinen Trip durch die Anden-Ruinenstadt Machu Picchu festhält.
Der Guardian spekuliert nun, ob der digitale Tourismus mit fortschreitender Technik irgendwann konventionelle Reisen ersetzen könnte - zumal virtuell auch solche Menschen Urlaub machen könnten, deren finanzielle oder gesundheitliche Ausstattung dies andernfalls nicht zulassen würde. Zudem werde sich die reiselustige Bevölkerung mehr und mehr der Umweltverschmutzung bewusst, die Flugzeuge oder Reisegruppe vor allem an exotischen Orten hinterließen: So türme sich selbst am Basislager des Mount Everest mittlerweile der Müll.
Allerdings relativiert die britische Zeitung ihre steile These bereits selbst: Statt die Flugreise zu ersetzen, könnten interessante virtuelle Trips auch im Gegenteil eher dazu anregen, neue Orte auch persönlich zu entdecken.
Diese Lesart des Trends wird zusätzlich durch die Tatsache unterstützt, dass mit Marriott und verschiedenen Kreuzfahrtanbietern vor allem solche Unternehmen virtuelle Realität als Werbemaßnahmen nutzen, deren Gewinn von der echten Reiselust der Bevölkerung abhängt.