Attacke auf Fed-Chefin Yellen Donald Trumps Angriff aufs Geld

Donald Trump: Angriffe auf die Fed
Foto: JOE RAEDLE/ AFPNein, nein, Notenbanker kümmern sich nicht um Politik. Nur für Zahlen und Fakten interessieren sie sich, sonst nichts. Entsprechend sollte es Dienstag und Mittwoch, wenn sich der Gouverneursrat der US-Notenbank Fed trifft, nur um knochentrockene ökonomische Analysen gehen. Denn nach dem Selbstverständnis eines Notenbankers ist die Frage, ob die Zinsen angehoben werden, eine rein technische.
Aber jetzt ist da Donald Trump. Vorige Woche hat sich der republikanische Präsidentschaftskandidat mehrfach Fed-Chefin Janet Yellen vorgeknöpft. Was die dem Land angetan habe, dafür solle sie sich schämen. Die Fed sei "sehr politisch", so Trump, und zwar in einem Ausmaß, wie er sich das nicht habe vorstellen können.
Ganz klar, die Notenbank unterstütze Präsident Barack Obama und die demokratische Kandidatin Hillary Clinton. Nach Trumps Logik lassen Yellen & Co. die Zinsen bewusst auf viel zu niedrigem Niveau, um die Wirtschaft bis zum Wahltag in Fahrt zu halten - damit möglichst viele Leute zufrieden sind und möglichst nichts ändern möchten.
Sicher, Trump hat schon viel wirren Unsinn von sich gegeben. Auch seine Fed-Kritik könnte man einfach in der Kategorie populistischer Wahnwitz verbuchen. Aber so einfach ist die Sache diesmal nicht. Denn:
· Erstens hat sich die Fed selbst in eine schwierige Lage manövriert.
· Zweitens hat sie nun ein Timing-Problem.
· Drittens steigen Trumps Chancen, die Präsidentschaftswahlen zu gewinnen - Angriffe auf die Unabhängigkeit der Notenbank inklusive.
Beginnen wir mit der Fed selbst. Die Notenbanker haben viel angekündigt - und wenig getan. Bereits im Sommer vorigen Jahres haben Yellen und ihre Mitstreiter begonnen, die Finanzmärkte auf Zinserhöhungen vorzubereiten. Nach Jahren der Fast-Nullzinspolitik würde die Fed die Zinsen allmählich auf Normalniveaus um die 3 Prozent nach oben schleusen, eine Erwartung, diese Erwartung hat die Notenbank selbst geschürt.
Doch passiert ist kaum etwas: Nur einmal, vorigen Dezember, hat sie sich zu einem Schritt nach oben durchringen können, um einen Viertelprozentpunkt.
So geht es weiter. Die Mitglieder im Fed-Gouverneursrat senden alle möglichen Signale in die Öffentlichkeit; mal ist einer für Zinserhöhungen, dann wieder ein anderer dagegen. Yellen selbst lässt die Option weiterer Erhöhungen offen. Kürzlich sagte sie, die Argumente für eine Zinsanhebung in diesem Jahr seien stärker geworden. Aha.
Fed hat sich die Falle selbst gestellt - und Trump lässt sie zuschnappen
In der Tat: Wenn die USA die Zinsen nicht anheben, dann wird es niemand in den großen westlichen Volkswirtschaften tun. Anders als in Europa oder in Japan (die dortige Notenbank entscheidet Mittwoch über ihren weiteren Kurs), gibt es in Amerika keine akute Deflationsgefahr. Der Aufschwung in den USA verläuft ordentlich; die Arbeitslosigkeit ist niedrig, die Löhne steigen; die nächsten Blasen an den Immobilien- und Aktienmärkten blähen sich auf, wie die Volkswirte der Commerzbank warnen.
Die Inflationsrate (ohne Rohstoffe) liegt zwar nur um 1,5 Prozent. Aber ein Leitzins von derzeit effektiv 0,4 Prozent ist angesichts der guten Gesamtlage extrem niedrig. Die Fed-Gouverneure scheinen das selbst so zu sehen. Als Begründungen führten sie deshalb für ihr Zögern wechselnde weltwirtschaftliche Risiken an: wacklige Börsen in China, das Brexit-Referendum und dergleichen.
Das Hin und Her in Sachen Zinserhöhung hat die Fed anfällig gemacht für Kritik. Eine selbstgestellte Falle, die Trump nun gnadenlos zuschnappen lässt. Zumal - und damit sind wir beim zweiten Punkt - es nun zeitlich eng wird.
Die Fed dürfte die Zinsen unverändert lassen
Wenn die Fed diese Woche die Zinsen nicht anhebt, wäre der nächstmögliche Termin der 2. November - wenige Tage vor der Präsidentschaftswahl am 8. November. Doch ein Zinsschritt so kurz vor einer dramatischen Richtungswahl wäre politisch derart interpretierbar - in welche Richtung auch immer -, dass die Fed die Finger davon lassen dürfte.
Auch bei der letzten Sitzung des Jahres am 13. und 14. Dezember wird das politische Umfeld heikel sein. Das Wahlergebnis steht dann vermutlich fest (es sei es denn, es gibt Nachzählungen oder gar gerichtliche Auseinandersetzungen). Doch die Amtsübergabe hat noch nicht stattgefunden. Eine Zinsanhebung im Dezember könnte Trump, so er die Wahl verliert, branntmarken als Beleg seiner Hilfe-für-Hillary-These.
Gewinnt er selbst die Wahl, würde er steigende Zinsen erst recht als unfreundlichen Akt der Fed gegen sich selbst werten. Ähnliche Argumente würden wohl auch ertönen, wenn die Notenbank bei der ersten Sitzung 2017, eine Woche nach der Inauguration des neuen Amtsinhabers, die Zinsen anhöbe.
"Wenn ich Präsident werde, ist Yellen draußen"
So oder so: Die Fed ist mitten drin in einem politischen Umfeld, das emotional hochgradig aufgeladen ist. Durch zu langes Warten hat sie sich selbst in diese Situation gebracht. Selbst wenn demnächst neue ökonomische Daten eine Zinserhöhung dringend nahelegten, der Fed sind nun auf Monate die Hände gebunden.
Damit sind wir beim dritten Punkt. Sollte Trump tatsächlich der 45. US-Präsident werden - ein Szenario, das angesichts Clintons aktueller Schwäche nicht mehr so abwegig ist -, läuft die Notenbank Gefahr, ihre Unabhängigkeit zu verlieren.
Populistische Regierungen verabscheuen Grenzen ihrer ökonomischen Handlungsfähigkeit. Die Geldbehörden sollen gefälligst ihnen dienen - und sie nicht dabei stören, wenn sie die Nation zu neuer Größe führen.
Trump hat bereits vor Monaten angekündigt, wenn er Präsident werde, sei Yellen "draußen". Außerdem hat er mit dem Gedanken gespielt, die Staatsverbindlichkeiten der USA mittels Schuldenschnitt zu senken, also nicht vollständig zurückzuzahlen; eine Idee, die Yellen öffentlich kritisiert hat.
Er will Ausgabenerhöhungen und Steuersenkungen, wodurch die Schulden explodieren würden. Wer mit einem solchen Programm gewählt wird, der kann keine unabhängige Notenbank gebrauchen, die ihm gegebenenfalls in die Parade fährt.
Es sieht so aus, als nähme die Trumpsche Gruselshow gerade erst richtig Fahrt auf.
Die wichtigsten Wirtschaftstermine der Woche
Die wichtigsten Wirtschaftstermine der Woche
Montag
Frankfurt - Überschüsse, Überschüsse - Neue Zahlen zur Leistungsbilanz der Euro-Zone: Überschüsse gegenüber dem Rest der Welt laufen Gefahr, protektionistische Gegenreaktionen zu provozieren.
Dienstag
Waschigton - Yellen & Co. beraten - Der Offenmarktausschuss der Federal Reserve Bank (Fed) tritt zusammen, um über die Lage der Wirtschaft im Allgemeinen und der US-Geldpolitik im Besonderen zu beraten.
Mittwoch
Tokio - Made in Japan - Die Bank von Japan, die den mit Abstand expansivsten Kurs unter allen großen Notenbanken der Welt fährt, entscheidet über ihren weiteren Kurs.
Washington - Yellen & Co. entscheiden -Abschlusstag der Sitzung des Offenmarktausschusses der Fed: Zinsentscheid, Konjunkturprojektion und Pressekonferenz von Fed-Chefin Janet Yellen.
Donnerstag
Frankfurt - Risiko!! - Jahreskonferenz des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (bis Freitag). Mit dabei: EZB-Präsident Draghi, die Notenbank-Chefs der Niederlande, Irlands und Sloweniens, EU-Kommissionsvizepräsident Dombrovskis und EZB-Direktoriumsmitglied Lautenschläger.
Brüssel - Euro-Stimmung - Neue Zahlen zum Verbrauchervertrauen in der Euro-Zone.
Freitag
Freitag - Risiko!!!!!! - Abschluss der Jahreskonferenz des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken. Mit dabei: EZB-Vize Constancio, Schwedens Reichsbank-Chef Ingves, Banque-de-France-Präsident de Galhau.