Reisekonzern bittet offenbar um Staatshilfe Thomas Cook bangt ums Überleben - und die Touristen mit

Ferienflieger von Thomas Cook: Der älteste Touristikkonzern der Welt braucht dringend Geld, sonst droht wohl die Insolvenz. In diesem Fall säßen Hunderttausende Touristen im Ausland zunächst fest
Foto: Clara Margais/DPAThomas Cook führt mit der britischen Regierung und potenziellen Investoren Gespräche über eine mögliche Rettung des angeschlagenen Reiseunternehmens. "Wir haben noch nicht aufgegeben", sagte eine mit den Verhandlungen vertraute Person am Samstag. Der Verwaltungsrat tage am Wochenende, um seine Möglichkeiten auszuloten. Weder Thomas Cook noch das britische Verkehrsministerium wollten sich zu den Informationen äußern.
Der älteste Touristikkonzern der Welt war bei seiner finanziellen Sanierung auf Schwierigkeiten gestoßen und bangt nun um sein Überleben. Banken fordern zusätzlich zu einem schon ausgehandelten 900 Millionen Pfund (knapp eine Milliarde Euro) schweren Rettungspaket zusätzlich 200 Millionen Pfund.
Das Geld soll sich Thomas Cook aber woanders besorgen. Ein Hedgefonds, der als Geldgeber im Spiel war, habe jedoch inzwischen abgewinkt, meldete Sky News. Auch über einen schnellen Verkauf des Nordeuropa-Geschäfts werde wieder nachgedacht, um dem Konzern frisches Geld zu beschaffen.
Großbritannien droht größte Rückholaktion von Touristen
Sollte Thomas Cook das Geld nicht beschaffen können, könnte der Konzern Gläubigerschutz beantragen müssen. Das beunruhigt die Kunden, sie werden zunehmend nervös. In sozialen Medien kommt immer häufiger die Frage auf, ob und wie man nach Hause komme.
Insgesamt sind derzeit 600.000 Touristen mit Thomas Cook unterwegs. Sollten die etwa 160.000 Briten stranden, wäre das für Großbritannien die größte Rückholaktion in Friedenszeiten in der Geschichte des Landes. Während bei Pauschalreisenden aus Deutschland im Fall einer Insolvenz des Veranstalters ein Versicherer einspringt, bezahlt in Großbritannien der Staat für die Rückholung gestrandeter Urlauber aus dem Ausland. Daher müsste die britische Regierung im Fall einer Insolvenz des Konzerns Medienberichten zufolge mit Kosten in Höhe von mehreren hundert Millionen Pfund rechnen.
Thomas Cook versucht Urlauber zu beruhigen
Thomas Cook bemüht sich derweil, verunsicherte Urlauber zu beruhigen. "Alle Flüge der Thomas Cook Airlines sind davon nicht betroffen und finden normal statt", schrieb das Unternehmen auf Twitter. Die Rekapitalisierung solle finanzielle Stabilität für die Zukunft bringen. Die konzerneigenen Fluggesellschaften gelten als Gewinnbringer von Thomas Cook. Sorgenkind ist vor allem das britische Veranstaltergeschäft.
Der 1841 gegründete Reiseveranstalter beschäftigt 21.000 Mitarbeiter in 16 Ländern. Pro Jahr entscheiden sich 19 Millionen Urlauber für eine Reise mit Thomas Cook. Von einer möglichen Pleite betroffen wären auch Hauptreiseländer wie Spanien, Griechenland oder die Türkei.
Brexit und hohe Abschreibungen machen Konzern schwer zu schaffen
Thomas Cook war in den vergangenen Jahren immer wieder in Schieflage geraten. Bereits Jahr 2012 retteten mehrere Banken den Konzern nach immensen Abschreibungen auf das britische Geschäft und IT-Systeme mit frischem Geld vor dem Untergang. Auch dadurch sitzt Thomas Cook auf einem Schuldenberg in Milliardenhöhe und ächzt unter der hohen Zinslast. Der jüngste Preiskampf im Reise- und Fluggeschäft droht ihm nun erneut den Garaus zu machen. Hinzu kommt die anhaltende Unsicherheit rund um den Brexit, die die Urlaubsfreude der britischen Kundschaft dämpft.
Um dringend benötigtes Geld zu bekommen, stellte der Konzern im Februar sogar seine Fluggesellschaften samt dem deutschen Ferienflieger Condor zum Verkauf. Im Juli blies er das Vorhaben wieder ab und präsentierte stattdessen einen umfangreichen Rettungsplan: So sollen der chinesische Großaktionär Fosun, Banken und Anleihegläubiger die Mehrheit an dem Unternehmen erhalten. Der Deal hätte ein Volumen von 900 Millionen Pfund. Die Kreditlinie von 200 Millionen käme nun noch hinzu.
Das Sommerhalbjahr bis Ende September werde deutlich schwächer als 2018, hatte Konzernchef Peter Fankhauser Mitte Juli erklärt - und die Vorlage der Quartalszahlen abgeblasen. Dass es noch immer keine Klarheit über den Brexit gibt, dürfte die Lage noch verschärfen. Großbritannien ist neben Deutschland der wichtigste Absatzmarkt für Thomas Cook.
Unterdessen hofft man bei Thomas Cook weiterhin auf das Gelingen des Rettungsdeals. Durch die Umwandlung von Krediten in Eigenkapital soll der Veranstalter nahezu schuldenfrei werden. Die Anteile der bisherigen Aktionäre würden dabei allerdings so stark verwässert, dass sie nur noch rund fünf Prozent am Unternehmen besäßen.