WeWork-Logo in San Francisco: Viele Mitarbeiter des Start-ups werden offenbar ihre Jobs verlieren.
Foto: Kate Munsch/REUTERSNach seiner Machtübernahme bei WeWork greift der japanische Tech-Investor Softbank bei dem US-Start-up nun offenbar rigoros durch. So sollen bei WeWork bis zu 4000 Jobs gestrichen werden, wie unter anderem die "Financial Times" berichtet. Das wären beinahe 30 Prozent der weltweit etwa 14.000 Köpfe zählenden Belegschaft des Unternehmens. Laut "FT" sollen unter anderem rund 1000 Jobs etwa von Reinigungskräften an Fremdfirmen ausgelagert werden.
Laut "FT" begründete Marcelo Claure, der Softbank-Manager, der bei WeWork nach dem Abgang von Mitgründer Adam Neumann das Ruder übernehmen soll, die Stellenstreichungen gegenüber WeWork-Mitarbeitern mit der Notwendigkeit, einen Weg in Richtung Profitabilität zu finden.
Weitere Maßnahmen von Softbank betreffen den Medienberichten zufolge die strategische Ausrichtung des strauchelnden Büroraumvermieters. WeWork solle sich künftig auf die Märkte USA, Europa sowie Japan konzentrieren, heißt es. Aus den Regionen China, Indien und einem Großteil Lateinamerikas dagegen werde sich das Start-up zurückziehen.
Mit den Kursänderungen will Softbank die Vermietungsquote der WeWork-Liegenschaften laut "FT" auf mehr als 90 Prozent steigern. Im Zuge der weltweiten Expansion war die Quote zuletzt auf weniger als 80 Prozent gesunken.
Hintergrund: Am Dienstag hatte der WeWork-Verwaltungsrat einem Rettungsplan von Großaktionär Softbank zugestimmt, nach dem die Japaner im Unternehmen künftig das Sagen haben werden. Der Technologieinvestor pumpt weitere 9,5 Milliarden Dollar über neue Kredite und den Kauf von Anteilen in das verlustträchtige und viel Geld verbrennende Unternehmen.
Sobald die diversen Finanztransaktionen wie neue Kredite über fünf Milliarden Euro und der Anteilsankauf von Altaktionären wie den erst vor kurzem vom Chefposten zurückgetretene Mitgründer Adam Neumann abgeschlossen sind, wird Softbank 80 Prozent an WeWork halten.
Softbank und sein mit saudi-arabischen Geldern gestützter Fonds Vision Funds haben bereits neun Milliarden Dollar in WeWork investiert und hielten den IPO-Unterlagen zufolge bislang 29 Prozent an dem Unternehmen. Im Rahmen der neuen Geldspritze aus Japan wird WeWork nur noch mit acht Milliarden Dollar bewertet und kommt damit nur noch auf einen Bruchteil dessen, was das Unternehmen Anfang des Jahres wert war.
Laut US-Medien zählte das 2010 gegründete Unternehmen im Januar mit einer Bewertung von 47 Milliarden Dollar zu den wertvollsten Start-ups der Welt. Doch diese hohe Bewertung war über einen Börsengang nicht zu realisieren.
Neumann bekommt "goldenen Handschlag"
Die ambitionierten Börsenpläne Neumanns scheiterten im September kläglich. Zudem ist das operative Geschäft weiter tief in den roten Zahlen und das Geld wurde zuletzt sehr knapp. Bereits gegen Ende des Jahres wären die Kassen ohne das neue Geld aus Japan wohl leer gewesen.
Für Neumann ist die WeWork-Übernahme durch Softbank offenbar mit einem "goldenen Handschlag" versehen. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg und der "Financial Times" darf er im Zuge des Deals Anteile für bis zu eine Milliarde Dollar an Softbank verkaufen, bekommt zudem einen millionenschweren Kredit und Beratergebühren in dreistelliger Millionenhöhe.
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Für die Softbank-Aktionäre ist der Niedergang WeWorks keine gute Nachricht. So gab der Kurs des Unternehmens, das unter anderem auch bei Wirecard engagiert ist, nach Bekanntgabe der neuen Milliardenspritze um mehr als 3 Prozent auf 4164 Yen nach. Damit baute die Aktie ihre Verluste der vergangenen Monate aus. Im April hatte das Papier noch fast 6000 Yen gekostet.
Er hat den Bürovermieter WeWork mitgegründet, war zuletzt aber auch maßgeblich an dessen Niedergang beteiligt. Egal: Der kürzlich zurückgetretene WeWork-CEO Adam Neumann kassiert im Zuge der Machtübernahme des japanischen Techinvestors Softbank bei WeWork noch einmal richtig ab. Medienberichten zufolge kann Neumann im Zuge des Deals WeWork-Aktien im Wert von beinahe einer Milliarde Dollar verkaufen. Hinzu kommen ein großzügiger Kredit sowie ein Beraterhonorar in dreistelliger Millionenhöhe, sodass Neumann insgesamt beinahe 1,7 Milliarden Dollar zufließen. Der Unternehmer gesellt sich damit zu einer Reihe anderer Topmanager, die in den vergangenen Jahren bei Abgängen ebenfalls "goldene Handschläge" erhielten:
Jack Welch, General Electric, 417 Millionen Dollar: Rund 20 Jahre leitete Welch die Geschicke von General Electric, 2001 gab er seinen Posten als Vorstandsvorsitzender auf. Dafür erhielt der Manager die vom US-Magazin Forbes bislang höchste registrierte Abfindung aller Zeiten.
Robert Nardelli, Home Depot, 210 Millionen Dollar Abfindung: Die US-Baumarktkette Home-Depot zahlte ihrem scheidenden Chef im Jahr 2007 eine gigantische Abfindung. Dabei musste das Unternehmen zum selben Zeitpunkt einen Gewinnrückgang hinnehmen.
Richard Grasso, New York Stock Exchange, 187 Millionen Dollar Abfindung: Als der damalige Chef der New Yorker Börse 2003 diese Summe kassierte, sorgte die Höhe der Abfindung nicht nur in den USA für einen Skandal.
Frank Newman, Deutsche Bank, 85 Millionen Euro Abfindung: Er leitete bis zur Übernahme durch die Deutsche Bank die US-Gesellschaft Bankers Trust. Als Newmann 1999 ausstieg, zahlte ihm die Deutsche Bank dafür eine saftige Abfindung.
Robert Eaton, DaimlerChrysler, 60 Millionen Euro Abfindung: Die Fusion von Daimler und Chrysler endete zwar in einem Desaster, für den ehemaligen Chrysler-Chef war sie allerdings sehr lukrativ. Daimler zahlte die Abfindung im Jahr 2000 für Eatons Abschied vom US-Autobauer.
Wendelin Wiedeking, Porsche, 50 Millionen Euro Abfindung: Der ehemalige Porsche-Manager musste den Konzern verlassen, nachdem sein Versuch gescheitert war, den wesentlich größeren Konkurrenten VW zu übernehmen. Porsche belohnte den eher unrühmlichen Abgang.
Klaus Esser, Mannesmann, 30 Millionen Euro Abfindung: Der ehemalige Mannesmann-Manager verlor im Jahr 2000 erst die Übernahmeschlacht gegen den Telekommunikationskonzern Vodafone, dann seinen Job. Als Trostpflaster erhielt Esser eine Abfindung von damals 60 Millionen Mark.
Thomas Middelhoff, Bertelsmann: Erst verlängerte er 2002 seinen Vertrag bei Bertelsmann für fünf Jahre, wenige Wochen später verließ er das Unternehmen. Geschätzte Abfindung: 25 Millionen Euro.
Klaus Zumwinkel, Deutsche Post: Der ehemalige Chef der Deutschen Post ließ sich Pensionsansprüche von insgesamt 20 Millionen Euro auszahlen.
Clemens Börsig, Deutsche Bank, 17 Millionen Euro Abfindung: Das Unternehmen verließ er nicht, er wechselte nur den Job. Der ehemalige Finanzchef der Deutschen Bank ließ sich 2006 den Wechsel in den Aufsichtsrat entlohnen.
Karl-Gerhard Eick, Arcandor, 15 Millionen Euro Abfindung: Der ehemalige Finanzvorstand der Deutschen Telekom sollte 2009 den angeschlagenen Touristik- und Handelskonzern Arcandor in letzter Sekunde retten. Sechs Monate nach seinem Einstieg wurde der insolvente Konzern in seine Einzelteile zerschlagen.
Christine Hohmann-Dennhardt, Volkswagen, 12,5 Millionen Euro Abfindung: Sie kam 2016 in den Volkswagen-Vorstand, um die Aufarbeitung des Dieselskandals voranzutreiben - nach nur 13 Monaten verließ sie das Unternehmen Anfang 2017 jedoch schon wieder. Die Millionenabfindung sowie eine ebenso großzügig anmutende monatliche Rente, die die frühere Verfassungsrichterin und Daimler-Managerin daraufhin kassierte, sorgten für einige Kritik in der Öffentlichkeit.
Garth Ritchie, Deutsche Bank, elf Millionen Euro Abfindung: Der Investmentbanker musste die Deutsche Bank im Zuge des Konzernumbaus im Sommer dieses Jahres verlassen und kassierte dabei den Statuten des Unternehmens entsprechend ordentlich ab. Ritchies Abfindung übersteigt nicht nur jene zweier weiterer Vorstände, die zeitgleich mit ihm gehen mussten. Auch Ex-Deutsche-Bank-CEO John Cryan erhielt bei seinem Abschied wenige Monate zuvor mit knapp 8,7 Millionen Euro deutlich weniger.
Guido Kerkhoff, Thyssenkrupp, sechs Millionen Euro Abfindung: Kerkhoff ist das jüngste Beispiel für eine Millionenabfindung in Deutschlands erster Konzernliga. Der Betrag erscheint vor allem angesichts von Kerkhoffs Zeit an der Spitze des kriselnden Industrieriesen großzügig: Der Manager führte das Unternehmen lediglich zwölf Monate. Zuvor hatte Thyssenkrupp bereits Kerkhoffs Vorgänger ...
... Heinrich Hiesinger eine Abfindung von Medienberichten zufolge mehr als vier Millionen Euro überweisen müssen. Hiesinger hatte allerdings immerhin etwa sieben Jahre an der Spitze des Konzerns gestanden.
Als "Herr der Blasen" hat das manager magazin Masayoshi Son beschrieben. Niemand hat so viel dazu beigetragen, die Firmenwerte auch verlustreicher Tech-Unternehmen nach oben zu treiben, wie Sons Softbank-Konzern - einst als Computerteilehandel gestartet. Doch inzwischen wachsen die Zweifel, ob der Meister der Finanzakrobatik seine vielen Milliardenrisiken noch im Griff hat.
Die Hauptquelle des Softbank-Vermögens liegt im chinesischen Internetkonzern Alibaba, in den die Japaner schon 2000 billig einstiegen. Mit Aktienkäufen machen sie immer wieder Kasse, allein im Juni verbuchten sie 11 Milliarden Dollar Gewinn - und blieben immer noch größter Alibaba-Anteilseigner mit 26 Prozent, weit vor Konzerngründer Jack Ma, der nun als Rockstar seinen Abschied gab. Zur Jahresmitte 2019 war das Alibaba-Paket von Softbank 105 Milliarden Dollar wert. Son lässt die Aktien verpfänden, für immer irrsinnigere Finanzwetten.
Mitte September 2019 präsentierte Son seinen neuesten Deal: Für 3,7 Milliarden Dollar übernimmt die Softbank-Tochter Yahoo Japan die Kontrolle über den Online-Modehändler Zozo. Dessen Gründer Yusaku Maezawa, ohnehin Milliardär, kann sich jetzt stärker der Punk-Musik, der Kunstsammlung und seiner geplanten Weltraumreise widmen. Die börsennotierte Holding Softbank KK, zu der auch die Anteilsmehrheit an Yahoo Japan gehört, stand zuletzt mit 44 Milliarden Dollar in den Softbank-Büchern.
Knapp 17 Milliarden Dollar hat Softbank 2016 und 2017 in den von Jean Liu geführten Fahrdienst Didi Chuxing investiert. Didi hat es mit dem Geld der Japaner zwar geschafft, sich in Chinas Städten zu etablieren. Um den für 2019 angedachten Börsengang wurde es jedoch still. Vorteil für Softbank: So muss der bislang immer nur gestiegene Didi-Firmenwert nicht nach unten korrigiert werden, wie es in den schon an die Börse gebrachten Beteiligungen geschah.
Bei der Büroplattform Wework musste Softbank die Notbremse ziehen. Der für September geplante Börsengang des Unternehmens, in den Softbak eine zweitstelligen Milliardenbetrag investiert hatte, wurde kurzfristig verschoben, nachdem sich der angepeilte Erlös mehr als halbiert hatte. Wework-Chef Adam Neumann musste seinen Posten räumen.
Wework ist eines der Aushängeschilder des Softbank Vision Fund, der auf fast 99 Milliarden Dollar angeschwollen ist - vor allem dank externer Geldgeber wie Saudi-Arabien. Die lassen sich den Einsatz jedoch mit 7 Prozent Garantiezinsen vergüten. Das Risiko tragen vor allem Softbank und deren Beschäftigte. Ihr Anteil am Fonds wird auf 32,5 Milliarden Dollar beziffert. Und im nun geplanten, noch größeren Vision Fund 2 war eigentlich noch mehr Einsatz von ihnen geplant.
Eine enorme Menge Geld hat der Vision Fund auch in Uber gesteckt: neun 1Milliarden Dollar. Dem US-Fahrdienst gelang der Börsengang im Mai, doch statt der ursprünglich erwarteten Bewertung von 120 Milliarden kamen nur 82 Milliarden Dollar heraus - zuletzt machte das Unternehmen vor allem mit Stellenstreichungen von sich reden.
Noch größer ist der Abschlag für Slack nach dem IPO im Juni. Hier stehen für den Vision Fund nur vergleichsweise überschaubare 413 Millionen Dollar im Feuer. Trotzdem nährt die Häufung schwächelnder Softbank-Investments die Sorge, dass bald im großen Stil Abschreibungen drohen. Viele der Beteiligungen haben die Japaner zu Höchstpreisen gekauft.
Neben dem Vision Fund ist der US-Mobilfunker Sprint mit einem Wert von 27 Milliarden Dollar eine der größten Softbank-Beteiligungen - und könnte durch die geplante Fusion mit der Telekom-Tochter T-Mobile neuen Wert heben. In Japan gehört Mobilfunk zum traditionellen Kerngeschäft des Konzerns, der solch profanen Dingen aber längst entwachsen ist.
Der britische Chiphersteller ARM ist eine der großen strategischen Investitionen von Softbank, mit Blick auf die Entwicklung künstlicher Intelligenz. 2016 nahm Masayoshi Son das Unternehmen für 32 Milliarden Dollar von der Börse.
Die Show muss weitergehen - vor allem auf Kredit. In der indischen Hotelkette Oyo finanzierten Softbanks japanische Hausbanken dem Gründer Ritesh Agarwal Anfang 2019 Aktienkäufe. Die von Agarwal angeführte Finanzierungsrunde verdoppelte Oyos Bewertung auf zehn Milliarden Dollar. Allein für den Softbank Vision Fund brachte das einen Buchgewinn von vier Milliarden Dollar. Zuletzt standen allerdings auch hier Stellenstreichungen an.
Noch sind die Kassen gut gefüllt, um weitere radikale Wetten abzuschließen. Dem in Südostasien aktiven Fahrdienst Grab hat Softbank 3,5 Milliarden Dollar spendiert, zwei Milliarden davon im Juli für die Expansion in Indonesien.
In Deutschland ist der Zahlungsdienstleister Wirecard prominentester Empfänger des Geldsegens aus Japan. Im April 2019 verkündete der Dax-Konzern, der gute Nachrichten wegen Zweifeln an seiner Bilanz gerade gebrauchen konnte, eine Finanzspritze von 900 Millionen Euro in Form einer von Softbank gezeichneten Wandelanleihe. Wirecard-Chef Markus Braun hofft vor allem darauf, dass unzählige Unternehmen mit Softbank-Beteiligung jetzt auf Wirecard-Dienste setzen.
Auch Auto1 hat Masayoshi Son zu einem der am höchsten bewerteten jungen Unternehmen der Welt gemacht. 460 Millionen Euro pumpte Sons Vision Fund Anfang 2018 in die Berliner Mutter von "wirkaufendeinauto.de" - und erhielt dafür ein Fünftel am Unternehmen.
Noch größer ist der Abschlag für Slack nach dem IPO im Juni. Hier stehen für den Vision Fund nur vergleichsweise überschaubare 413 Millionen Dollar im Feuer. Trotzdem nährt die Häufung schwächelnder Softbank-Investments die Sorge, dass bald im großen Stil Abschreibungen drohen. Viele der Beteiligungen haben die Japaner zu Höchstpreisen gekauft.
Foto: Richard Drew / AP