Werbeagenturen Scheidungsschlacht unter Deutschlands Top-Werbern

André Kemper will die von ihm mitgegründete Agentur Thjnk verlassen, um zum Rivalen Scholz & Friends zu wechseln. Seit Wochen tobt ein Streit um millionenschwere Abschiedszahlungen. Zum 1. März soll nun eine Lösung stehen.
Zieht weiter: Star-Werber André Kemper verlässt das eigene Haus

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Foto: thjnk

In der deutschen Agenturszene bahnt sich ein spektakulärer Wechsel an. André Kemper, Mitgründer und einer der Namensgeber der Agentur Thjnk sowie bislang noch deren Aufsichtsrat, steht nach Informationen von manager magazin online kurz vor dem Wechsel zum Konkurrenten Scholz & Friends. Die Hamburger Agentur gehört zum globalen Werbekonzern WPP mit einem Umsatz von zuletzt gut 10 Milliarden britischen Pfund, ihr wichtigstes Mandat derzeit ist die Wiederbelebung der Auto-Marke Opel.

Thjnk ist die Nachfolgefirma der Agentur kempertrautmann und betreut beispielsweise Kunden wie Audi  , Commerzbank  oder Henkel  .

Der geplante Wechsel Kempers ist daher ein Beleg für die verschärfte Marketingoffensive des Autobauers Opel. Kemper ist ein langjähriger Vertrauter der angriffslustigen Opel-Marketing-Chefin Tina Müller, die lange bei Henkel gearbeitet hat. Ihr neuer Arbeitgeber Opel wiederum lässt sich für die Wiederbelebung ihrer Marke seit Anfang 2011 von Scholz & Frieds beraten. In der Branche heißt es, Müller habe für die Wechselbereitschaft Kempers eine maßgebliche Rolle gespielt, ebenso wie Scholz & Friends-Vorstandschef Frank-Michael Schmidt.

Voraussichtlich reiht sich Kemper aber nicht einfach nur bei Scholz & Friends ein, sondern darf unter dem Dach der Traditionsmarke eine eigene kleine Einheit gründen, an der er auch beteiligt wäre. In der Branche heißt es, Kempers neue Einheit soll als Think Tank konzipiert sein, sich operativ aber vor allem um die Unterstützung der Opel-Kampagne kümmern. Kempers Spezialität sind Werbefilme.

Streit um die richtige Bewertung des Firmenanteils

Mit seinen Mitgründern bei Thjnk hatte Kemper sich zuletzt überworfen. Die Entflechtung der vier ist allerdings nicht ganz einfach, seit Herbst 2013 ringen sie um die Details. Kemper ist nicht nur Aufsichtsrat, sondern auch Anteilseigner. Er hält wie seine drei Mitgründer Michael Trautmann (49), Karen Heumann (48) und Armin Jochum (45) ein Viertel der Anteile. Die 25 Prozent Kempers wollen die drei abkaufen und unter sich aufteilen.

Der größte Streitpunkt zwischen Kemper und seinen drei Kollegen ist die Unternehmensbewertung. Thjnk setzte 2012 mit rund 200 Beschäftigten 21,5 Millionen Euro um, schweigt aber zum Gewinn. Nach Informationen von Brancheninsidern soll er 2012 etwas mehr als 1 Million Euro betragen haben, 2013 aber höher liegen. Werbeagenturen werden im Normalfall mit dem drei- bis siebenfachen des über drei Jahre geglätteten Jahresgewinns bewertet.

Nach wochenlanger Hakelei hat Aufsichtsratschef Michael Leue jetzt eine Bewertung gefunden, mit denen alle Beteiligten leben können. Zum 1. März, so der Plan derzeit, soll Kemper als Gesellschafter bei Thjnk ausscheiden - um kurz danach bei Scholz & Friends anfangen zu können. Weder Thjnk noch Scholz & Friends wollten die Informationen kommentieren. André Kemper war nicht zu erreichen.

Trotz den polternden Abschieds Kempers werden die drei verbliebenen Agentur-Strategen den Namen ihrer Firma beibehalten. Das Akronym Thjnk setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der Vorstände Michael Trautmann, Karen Heumann und Armin Jochum sowie eben André Kemper zusammen. Ohne Kemper würde der Name auf Thjn zusammenschnurren - was assoziativ mehr Ärger als Freude verspricht.

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