Ryanair-Chef Michael O'Leary
Foto: REUTERSRyanair-Chef Michael O'Leary lässt kaum eine Gelegenheit aus, sich als begnadeter Geschäftsmann und Überflieger der Luftfahrtbranche zu inszenieren. Für die Wettbewerber hat er nicht selten Witz und Spott übrig.
Laufen Entwicklungen seinen Interessen zuwider, kann O'Leary aber auch brachial-verbal austeilen und schreckt dabei vor Verschwörungstheorien nicht zurück: Vermutet der angriffslustige Ire doch im Fall der Insolvenz von Air Berlin einen Komplott zwischen Bundesregierung, Lufthansa und der Pleite-Airline, um einen "nationalen Champion" zu schmieden und Wettbewerber wie Ryanair auszubooten.
Der Verdrängungswettbewerb am Himmel ist gnadenlos, wie jetzt auch der Fall Air Berlin zeigt. Und dass Ryanair Ende vergangenen Jahres die Lufthansa erstmals als größte Fluggesellschaft in Europa überflügelte, verdankte die Fluglinie eben auch ihrem aggressiven Auftreten. Umso mehr dürften die Wettbewerber jetzt feixen, weil der Billigangreifer offensichtlich ein Problem hat:
Bis zu 2100 Flüge muss Spaßvogel O'Leary in den kommenden sechs Wochen streichen, um die Pünktlichkeitsquote seiner Flieger wieder auf ein akzeptables Niveau von mehr als 80 Prozent zu heben. Dafür streicht der Überflieger kurzerhand massenhaft Flüge, damit dann freie Maschinen notfalls einspringen können, wenn's mal wieder kneift. Das ordnete O'Leary offensichtlich an, ohne die Passagiere zuvor zu informieren, wie hochgradig genervte Fluggäste sich twitternd bei Ryanair beschwerten.
Der Preis für einen gnadenlosen Verdrängungswettbewerb
Streikende Fluglotsen, das Wetter, mangelnde Urlaubsplanung bei Piloten - O'Leary bemühte in seinem verbalen Entschuldigungskotau am Montag gleich eine ganze Reihe von Gründen. Spekulationen darüber, dass Ryanair auf Kosten der Belegschaft zu schnell und zu aggressiv wächst, so dass jetzt Piloten zur Konkurrenz überlaufen und Ryanair auch deshalb Flüge streichen muss, wies der Manager zurück.
Doch Tatsache ist, Ryanair setzt gnadenlos auf Wachstum, bietet europaweit neue Verbindungen an, will seine Passagierzahl im laufenden Geschäftsjahr auf 130 Millionen steigern - bei fallenden Ticketpreisen wohlgemerkt, wie O'Leary noch Anfang Juni ankündigte. Dass dies auch auf Kosten des Personals geht, ist sehr wahrscheinlich.
Dem Kunden selbst dürfte es gleich sein, aus welchen Gründen sein Flieger nicht startet, er den Termin verpasst oder verspätet in den Urlaub abhebt. Er wird gegebenenfalls Entschädigung einfordern. Der Ruf von Ryanair wird unter den massenhaften Flugausfällen leiden, wie O'Leary am Montag selbst einräumte.
Von einer Bruchlandung kann aber keine Rede sein, dafür ist das Gedächtnis der meisten Verbraucher zu kurz. Der lustige Ire ist jetzt hart gelandet, zahlt jetzt erstmals einen - wenn auch vergleichsweise überschaubaren - Preis für seinen gnadenlosen Verdrängungswettbewerb.
Air Berlin: Die insolvente Fluggesellschaft verwaltet noch ein ansehnliches Kapital: ihre Start- und Landerechte. Auf sie hat es die Konkurrenz abgesehen. Bis zum heutigen Freitag nimmt Air Berlin Kaufangebote an. Erst am Tag nach der Bundestagswahl soll der Ausverkauf beendet sein. Einige Bieter haben ihre Positionen schon offengelegt:
Lufthansa-Chef Carsten Spohr: Dem deutschen Marktführer werden gute Chancen auf ein großes Stück vom Kuchen nachgesagt - weil lange Gespräche mit Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann laufen, der aus dem Lufthansa-Konzern zu Air Berlin kam. Und weil man in der Bundesregierung den Dax -Konzern päppeln will, zum "deutschen Champion im internationalen Luftverkehr". Der Bund hält Air Berlin mit einem Kredit überhaupt noch in der Luft, sonst hätte die Airline ihre Start- und Landrechte längst zurückgeben müssen. Konkurrenten wie Ryanair wittern daher ein "abgekartetes Spiel" zugunsten der Lufthansa.
Niki Lauda und Condor: Der frühere Rennfahrer Lauda hat einst Niki gegründet, nun scheint er sein Baby zurück zu wollen. Kurz vor Ende der Bieterfrist hat er sich mit dem Ferienflieger Condor zusammengetan und nach eigenen Angaben 100 Millionen Euro geboten - nach Medienberichten für 38 Flugzeuge und die Tochter Niki. Der Plan: Es werden nur noch Urlauber geflogen und die holt die Condor-Mutter Thomas Cook in die Flieger.
Hans Rudolf Wöhrl: Der Unternehmer wollte schon mal bei Air Berlin einsteigen - der damalige Chef Hartmut Mehdorn entschied sich jedoch für Geld von Golf und machte die Staatsairline Etihad zum Großaktionär. Als die Araber im August den Geldhahn zudrehten, war Air Berlin insolvent. Nun will Wöhrl Air Berlin als Ganzes. Er hat angeboten, mit Partnern 50 bis 500 Millionen Euro zu bezahlen. Nach den massenhaften Krankmeldungen von Air-Berlin-Piloten warnte er aber vor dem Scheitern der Gespräche. Wöhrl hat gerade ein Buch geschrieben: "Wie meine Träume fliegen lernten".
Utz Claassen: Ein "Angebot zur Komplettübernahme und expansiven Sanierung der Air Berlin" soll Claassen ausgearbeitet haben, zu einem Kaufpreis von 100 Millionen Euro. Zusammen mit nicht näher genannten Investoren stelle Claassen zusätzliche Liquidität in Aussicht. Claassen war Vorstandschef beim Medizintechnikunternehmen Sartorius , beim Energiekonzern EnBW und dem Solarunternehmen Solar Millennium. Er ist auch Buchautor, mit Titeln wie "Unbequem" und "Mut zur Wahrheit".
Jonathan Pang: Der chinesische Investor hat seit längerem einen Blick auf den deutschen Luftverkehrsmarkt geworfen. 2016 versuchte er ohne Erfolg, den Flughafen Hahn im Hunsrück zu kaufen. Schon seit zehn Jahren gehört ihm der Flugplatz Parchim in Mecklenburg-Vorpommern. Spekuliert wird, dass Pang Air Berlin dorthin verlegen könnte.
Lufthansa-Chef Carsten Spohr: Dem deutschen Marktführer werden gute Chancen auf ein großes Stück vom Kuchen nachgesagt - weil lange Gespräche mit Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann laufen, der aus dem Lufthansa-Konzern zu Air Berlin kam. Und weil man in der Bundesregierung den Dax -Konzern päppeln will, zum "deutschen Champion im internationalen Luftverkehr". Der Bund hält Air Berlin mit einem Kredit überhaupt noch in der Luft, sonst hätte die Airline ihre Start- und Landrechte längst zurückgeben müssen. Konkurrenten wie Ryanair wittern daher ein "abgekartetes Spiel" zugunsten der Lufthansa.
Foto: Daniel Bockwoldt/ picture alliance / Daniel Bockwoldt/dpaHans Rudolf Wöhrl: Der Unternehmer wollte schon mal bei Air Berlin einsteigen - der damalige Chef Hartmut Mehdorn entschied sich jedoch für Geld von Golf und machte die Staatsairline Etihad zum Großaktionär. Als die Araber im August den Geldhahn zudrehten, war Air Berlin insolvent. Nun will Wöhrl Air Berlin als Ganzes. Er hat angeboten, mit Partnern 50 bis 500 Millionen Euro zu bezahlen. Nach den massenhaften Krankmeldungen von Air-Berlin-Piloten warnte er aber vor dem Scheitern der Gespräche. Wöhrl hat gerade ein Buch geschrieben: "Wie meine Träume fliegen lernten".
Foto: Karlheinz Schindler/ dpa
Air Berlin: Die Fluggesellschaft Air Berlin muss Insolvenz anmelden. Hauptaktionär Etihad Airways hat angekündigt, keine weitere finanzielle Unterstützung mehr zur Verfügung zu stellen. Deswegen sieht das Management von Air Berlin keine positive Fortbestehungsprognose für das Unternehmen mehr. Nicht von dem Insolvenzantrag betroffen ist derzeit die Niki Luftfahrt GmbH und die Leisure Cargo GmbH. Air Berlin kündigte an, derzeit Verhandlungen mit dem Konkurrenten Lufthansa und weiteren Beteiligten zum Verkauf von Geschäftsteilen zu führen. Die Bundesregierung unterstütze Air Berlin mit einem Übergangskredit abgesichert durch eine Bundesbürgschaft, um den Flugbetrieb aufrecht zu erhalten.
Status in der Nahrungskette: Schwaches Beutetier. Akut vom Aussterben bedroht
Alitalia: Bei der Krisen-Airline Nummer eins geht derzeit fast alles schief. Nachdem die Beschäftigten zuletzt einen Sparplan ablehnten, wird das Unternehmen in die Insolvenz geführt. Händeringend sucht die italienische Regierung einen Käufer für das marode Unternehmen.
Status in der Nahrungskette: Leicht zu fangendes Fressopfer. Jedoch zäh und wenig wohlschmeckend
SAS: Chronisch defizitär zeigte sich lange auch SAS, die Airline aus Norwegen, Schweden und Dänemark. Sie leidet unter dem in Skandinavien besonders starken Druck durch Billigflieger. Viele Jahre stand das Unternehmen latent zum Verkauf, und immer wieder wurde vor allem ein potenzieller Erwerber aus Deutschland genannt - die Lufthansa.
Status in der Nahrungskette: Schwache Spezies, die jedoch dank großer Vorräte im sicheren Bau wieder besser im Futter ist
Lufthansa: Die Kranich-Airline hat sich auch als Käufer für die Reste von Air Berlin ins Spiel gebracht, womit sie ihre Dominanz in Mitteleuropa festigen würde. An Alitalia besteht dagegen offiziell kein Interesse. Die Lufthansa ist eines von mehreren europäischen Groß-Airlines, die kleinere Konkurrenten recht erfolgreich schlucken und integrieren.
Status in der Nahrungskette: Mal Aasfresser, mal etwas träges Raubtier. Packt bei lahmenden Feinden mitunter fest zu. Muss manchmal selbst Deckung suchen
(undatiertes Archivbild)
British Airways: Auch die Briten haben Skaleneffekte gehoben, indem sie sich zunächst mit der spanischen Iberia zusammentaten und gemeinsam die Holding International Airlines Group bildeten. Kleinere europäische Fluggesellschaften wie Aer Lingus, British Midland und Vueling kamen hinzu. Im wettbewerbsintensiven Umfeld zeitigt die Strategie verlässlich Gewinne.
Status in der Nahrungskette: Besonnener und recht erfolgreicher Jäger, der effizient von seiner Beute zehrt
Air France: Mit der Übernahme der niederländischen KLM schwangen sich die Franzosen 2004 zur größten Fluggesellschaft des Kontinents und zur umsatzstärksten Airline der Welt auf. Zudem verleibte sich Air France einige Regionalfluggesellschaften ein, größere Airlines standen nicht mehr im Visier. Seit einigen Jahren stagniert der Umsatz. Nach jahrelangen hefigen Verlusten schreibt Air France wieder Gewinn.
Status in der Nahrungskette: Schillernder und stolzer Platzhirsch mit Hang zur Selbstgefälligkeit. Konkurrenten machen ihm zunehmend die Lebensräume streitig. Mitunter etwas appetitlos
Etihad: Die luxusorientierte Airline aus den Vereinigten Arabischen Emiraten hat ihren Einstieg nach Europa ziemlich vermasselt. Die kapitalkräftigen Eigner aus Abu Dhabi setzten ihr Geld auf Air Berlin und Alitalia - und verloren. Konsequenz: Chef James Hogan muss gehen.
Status in der Nahrungskette: Stürmischer Allesfresser. Verschluckt sich aber immer wieder heftig an der Beute und spuckt dann ein übel riechendes Gewölle aus
Emirates: Einen anderen, weitaus erfolgreicheren Weg hat der Konkurrent aus Dubai gewählt. Die Gesellschaft gräbt europäischen Airlines das Wasser mit starken eigenen Angeboten ab, gestützt von exzellenten gesetzlichen Rahmenbedingungen in der Heimat. Riskante Übernahmen sind so nicht nötig.
Status in der Nahrungskette: Schlaues und starkes Wüstentier. Scheut den Nahkampf und frisst lieber aus dem Futtertrog. Legt lange Strecken daher mühelos und elegant zurück, während Rivalen hecheln
Easyjet: Die zweitgrößte europäische Low-Cost-Airline ist immer wieder auch durch Übernahmen gewachsen. So kaufte das Londoner Unternehmen Tea Basle für drei Millionen Schweizer Franken. Auch Rivale Go Fly ist heute in Easyjet integriert. Weitere Akquisitionen sind angesichts zuletzt rückläufiger Profite derzeit allerdings eher nicht in Sicht.
Status in der Nahrungskette: Fleißiger Beutesammler, verleibt sich vorzugsweise kleine Happen ein
Ryanair: Der irische Billigheimer setzt in Sachen Wachstum inzwischen vor allem auf die eigene Kraft. Einst bot die aggressive Truppe von CEO Michael O'Leary der irischen Traditions-Airline Aer Lingus eine Heimstatt an. Doch die Umworbenen lehnten ab, die EU-Kommission stellte sich quer. Schließlich griff British-Airways-Mutter IAG zu. Ryanair hat es nicht geschadet.
Status in der Nahrungskette: Brüllender Spitzenprädator. Setzt rasant Muskeln an. Dringt gern in die Nahrungs-Reviere anderer ein und zeigt dabei mitunter parasitäre Eigenschaften. Hat derzeit keine natürlichen Feinde, die herzhaft zurück beißen
Air Berlin: Die Fluggesellschaft Air Berlin muss Insolvenz anmelden. Hauptaktionär Etihad Airways hat angekündigt, keine weitere finanzielle Unterstützung mehr zur Verfügung zu stellen. Deswegen sieht das Management von Air Berlin keine positive Fortbestehungsprognose für das Unternehmen mehr. Nicht von dem Insolvenzantrag betroffen ist derzeit die Niki Luftfahrt GmbH und die Leisure Cargo GmbH. Air Berlin kündigte an, derzeit Verhandlungen mit dem Konkurrenten Lufthansa und weiteren Beteiligten zum Verkauf von Geschäftsteilen zu führen. Die Bundesregierung unterstütze Air Berlin mit einem Übergangskredit abgesichert durch eine Bundesbürgschaft, um den Flugbetrieb aufrecht zu erhalten.
Status in der Nahrungskette: Schwaches Beutetier. Akut vom Aussterben bedroht
Alitalia: Bei der Krisen-Airline Nummer eins geht derzeit fast alles schief. Nachdem die Beschäftigten zuletzt einen Sparplan ablehnten, wird das Unternehmen in die Insolvenz geführt. Händeringend sucht die italienische Regierung einen Käufer für das marode Unternehmen.
Status in der Nahrungskette: Leicht zu fangendes Fressopfer. Jedoch zäh und wenig wohlschmeckend
SAS: Chronisch defizitär zeigte sich lange auch SAS, die Airline aus Norwegen, Schweden und Dänemark. Sie leidet unter dem in Skandinavien besonders starken Druck durch Billigflieger. Viele Jahre stand das Unternehmen latent zum Verkauf, und immer wieder wurde vor allem ein potenzieller Erwerber aus Deutschland genannt - die Lufthansa.
Status in der Nahrungskette: Schwache Spezies, die jedoch dank großer Vorräte im sicheren Bau wieder besser im Futter ist
Lufthansa: Die Kranich-Airline hat sich auch als Käufer für die Reste von Air Berlin ins Spiel gebracht, womit sie ihre Dominanz in Mitteleuropa festigen würde. An Alitalia besteht dagegen offiziell kein Interesse. Die Lufthansa ist eines von mehreren europäischen Groß-Airlines, die kleinere Konkurrenten recht erfolgreich schlucken und integrieren.
Status in der Nahrungskette: Mal Aasfresser, mal etwas träges Raubtier. Packt bei lahmenden Feinden mitunter fest zu. Muss manchmal selbst Deckung suchen
(undatiertes Archivbild)
British Airways: Auch die Briten haben Skaleneffekte gehoben, indem sie sich zunächst mit der spanischen Iberia zusammentaten und gemeinsam die Holding International Airlines Group bildeten. Kleinere europäische Fluggesellschaften wie Aer Lingus, British Midland und Vueling kamen hinzu. Im wettbewerbsintensiven Umfeld zeitigt die Strategie verlässlich Gewinne.
Status in der Nahrungskette: Besonnener und recht erfolgreicher Jäger, der effizient von seiner Beute zehrt
Easyjet: Die zweitgrößte europäische Low-Cost-Airline ist immer wieder auch durch Übernahmen gewachsen. So kaufte das Londoner Unternehmen Tea Basle für drei Millionen Schweizer Franken. Auch Rivale Go Fly ist heute in Easyjet integriert. Weitere Akquisitionen sind angesichts zuletzt rückläufiger Profite derzeit allerdings eher nicht in Sicht.
Status in der Nahrungskette: Fleißiger Beutesammler, verleibt sich vorzugsweise kleine Happen ein
Ryanair: Der irische Billigheimer setzt in Sachen Wachstum inzwischen vor allem auf die eigene Kraft. Einst bot die aggressive Truppe von CEO Michael O'Leary der irischen Traditions-Airline Aer Lingus eine Heimstatt an. Doch die Umworbenen lehnten ab, die EU-Kommission stellte sich quer. Schließlich griff British-Airways-Mutter IAG zu. Ryanair hat es nicht geschadet.
Status in der Nahrungskette: Brüllender Spitzenprädator. Setzt rasant Muskeln an. Dringt gern in die Nahrungs-Reviere anderer ein und zeigt dabei mitunter parasitäre Eigenschaften. Hat derzeit keine natürlichen Feinde, die herzhaft zurück beißen