
Hot or not: Der mm-Untreueindex Die 20 Unternehmen, die am stärksten um ihre Top-Manager bangen müssen
- • Nach Scania-Komplettübernahme: VW schmiedet Getriebe-Allianz bei Lkw
- • Konzernumbau: Kapitalerhöhung soll Lanxess stärken
Dräxlmaier ist eines dieser vielen deutschen Unternehmen in Familienhand, die nur in ihrer Branche auffallen wollen und ansonsten am liebsten unerkannt bleiben. Das klappte jahrelang auch ganz gut. Der Spezialist für Auto-Elektronik, 1958 gegründet, setzt mit rund 50.000 Beschäftigten inzwischen rund 3 Milliarden Euro um und zog bislang sachte seine Bahnen. Nun aber belegt es den ersten Platz im mm-Untreueindex, den das manager magazin ab sofort monatlich gemeinsam mit experteer erstellt. Das heißt: Dräxlmaier ist überdurchschnittlich stark von Abwanderung seiner Führungskräfte bedroht (zur Systematik des Index siehe unten).
Die Gründe für die Spitzenpositionen im mm-Untreueindex sind häufig recht leicht zu finden. Der Lkw-Hersteller MAN Trucks & Bus soll sich endlich enger mit dem schwedischen Konkurrenten Scania und der gemeinsamen Mutter Volkswagen verzahnen, bei Lanxess fragt sich der neue Chef Matthias Zachert, was er mit der Strategie seines Vorgängers Axel Heitmann anfangen soll - ähnlich wie Bilfinger-Vormann Herbert Bodner, der hinter Roland Koch aufräumen muss.
Bei anderen Unternehmen sind die Gründe für die Wechselwilligkeit der Führungskräfte daher nicht so offensichtlich. Der mm-Untreueindex kann daher möglicherweise erste Indizien liefern, dass sich ein Unternehmen in unruhigen Zeiten befindet. Wenn Unternehmensnamen im Index doppelt auftauchen, handelt es sich dabei um Töchter respektive die Konzernholding, wie in der Oktober-Rangliste im Falle von MAN und Novartis. Doppelzählungen von Führungskräften sind ausgeschlossen.
Zur Systematik des mm-Untreueindex: Zusammen mit dem manager magazin ermittelt experteer, das internationale Karriere-Netzwerk für das obere und Top-Management mit derzeit rund 100.000 "Kandidaten", monatlich den mm-Untreue-Index. Er zeigt die Wechselwilligkeit von Managern deutscher Konzerne und ist damit ein völlig neuartiger Gradmesser für die innere Stabilität der jeweiligen Unternehmen. Dazu wird ein Quotient gebildet aus allen Job-Suchenden zu allen Nutzern innerhalb des experteer-Netzwerks. Als jobsuchend wird definiert, wer in den vergangenen vier Wochen experteer zur Jobsuche genutzt hat beziehungsweise sein Profil eingestellt oder angepasst hat. Dieser Quotient bildet den Durchschnitt und wird daher als Indexwert 100 festgesetzt. Danach wird dieser Quotient für alle diejenigen Unternehmen gebildet, von denen mehr als 100 Führungskräfte auf experteer.de registriert sind. Ein Indexwert größer als 100 signalisiert also überdurchschnittliches Interesse an einem Job-Wechsel. Die Daumenregel für den Indexwert: Je höher, desto stärker ist die Wechselwilligkeit. Je niedriger, desto geringer. Der mm-Untreue-Index bildet also ab, wie groß die Gefahr ist, dass Unternehmen ihre Spitzenkräfte verlieren. Wenn Unternehmensnamen doppelt auftauchen, handelt es sich dabei um Töchter respektive die Konzernholding, wie im Falle von MAN und Novartis. Doppelzählungen sind ausgeschlossen.
Mehr über und von unserem Index-Partner Experteer: Verliert Zalando Spitzenkräfte zu schnell wieder an andere Unternehmen?
Dräxlmaiers Trutzburg Hier kann fündig werden, wer abwanderungswillige Spitzenkräfte der Branche sucht. Das Unternehmen (hier im Bild die Zentrale) antwortete auf eine Bitte von manager-magazin.de um einen Kommentar nicht.
Das Kleingedruckte entscheidet: ThermoFisher kauft seit Jahren kräftig zu. Das hat die Schulden in die Höhe getrieben und schürt gleichzeitig die Erwartungen, dass die üblichen Instrumente demnächst zum Einsatz kommen: Operationen zur Entfernung von Doppelstrukturen. Eine Konzernsprecherin lehnte einen Kommentar zum zweiten Platz im mm-Untreueindex im Oktober ab.
Einmal Wachstum und zurück: Ende September informierte Unternehmenschef Andreas Barner, dass in den nächsten Jahren rund 1000 Stellen in Deutschland wegfallen sollen. Dann hätte man im Heimatland noch gut 13 000 Beschäftigte - wie ziemlich exakt auch vor einem Jahr. Ein Konzernsprecher verwies auf einige positive Studien zur Mitarbeiterzufriedenheit bei Boehringer Ingelheim. Die Fluktuationsrate habe in Deutschland 2013 nur bei 2,4 Prozent gelegen, die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit betrage 12,6 Jahre - wobei die eben über alle Mitarbeiter gemessen wird.
Auf gurkiger Fahrt: Wie stark wird der Mutterkonzern Volkswagen künftig in München regieren? Und welche Kompetenzen werden vom einst eigenständigen MAN-Verbund zu Volkswagens zweiter Lkw-Tochter Scania nach Schweden wandern? Seit Jahren fahnden die Spitzenkräfte nach einer Antwort -und schüren damit Unsicherheit.
In die Ecke gedrängt: Ex-Vorstandschef Axel Heitmann hatte sich in der Sucht nach Größe verrannt. Jetzt muss die ehemalige Bayer-Tochter (hier die Konzernzentrale von Lanxess in Köln) einen neuen Platz in der Kautschuk- und Chemiebranche finden. Das verleitet auch viele Führungskräfte, sich mal umzusehen. Ein Konzernsprecher fand eine schlüssige Erklärung: "Unser neuer Vorstandsvorsitzender hat im Sommer angekündigt, dass es einen Stellenabau vor allem im Bereich der Verwaltung geben wird. Deshalb nutzen auch Lanxess-Mitarbeiter das Internet, und natürlich auch Plattformen wie experteer, um die Lage auf dem Arbeitsmarkt zu sondieren."
Die Hütte brennt: Der Umsatz sinkt, der Vertrag von Wolfgang Dehen, dem Vorstandschef der ehemaligen Siemens-Sparte (hier eine Nachtaufnahme der Konzernzentrale), wird nicht verlängert. Was wird? Mal gucken, denken sich viele Führungskräfte. Ein Osram-Sprecher sagte, die gesamte Lichtindustrie befinde sich "in einem fundamentalen Wandel (...) Damit einhergehend ändern sich Geschäftsmodelle (...). Da verwundert es kaum, dass ein solcher Prozess auch mit Veränderungen im Personalbereich einhergeht."
Die offizielle Version: Ein Konzernsprecher machte für die beiden schlechtplatzierten Töchter Truck & Bus (siehe oben) sowie Diesel & Turbo keine Unterschiede: Alles laufe im Grunde gut. "Bei uns gehen jeden Tag zahlreiche Bewerbungen von Spitzenkräften ein."
Wer geht, wer kommt? Faurecia ist mit einem Jahresumsatz von 18 Milliarden Euro einer der größten Automobilzulieferer der Welt. Die Franzosen (hier der Eingang zu einem Werk) stellen unter anderem Sitze und Bordsysteme her, gern für PSA (Peugeot, Citroën). Der angeschlagene Autobauer hält 51,7 Prozent an Faurecia, über deren Verkauf er immer mal wieder nachdenkt. Grund genug, für Führungskräfte, sich mal auf dem Markt umzuschauen. Eine Konzern-Sprecherin lehnte einen Kommentar ab.
Die Überraschung Bei dem Schweizer Pharmakonzern (hier ein Gebäude in Basel) ist nach Strategieschwenk und Wechsel an der Verwaltungsratsspitze eigentlich Ruhe eingekehrt. Die deutschen Führungskräfte schauen sich dennoch überdurchschnittlich stark nach neuen Jobs um. Ein Sprecher sagte, selbst etwas perplex, die Mehrzahl der Top-Manager sei schon längerfristig im Unternehmen.
Färbt ab: In der Halbleiterindustrie wird sowieso ganz gern gewechselt. Bei Globalfoundries (hier zwei Wafer aus der Produktion in Dresden, wo rund 4000 Menschen für den Konzern arbeiten) gibt es seit Anfang des Jahres einen neuen Weltchef. Der verhält sich bislang weitgehend ruhig. Nicht so seine deutsche Führungskräfte. Laut mm-Untreueindex sind sie überdurchschnittlich interessiert an einem Jobwechsel. Die Fluktuation bei Globalfoundries am deutschen Standort in Dresden liege am unteren Rand des Üblichen in der Halbleiterindustrie, sagte ein Sprecher.
Einmal Wachstum und zurück: Ende September informierte Unternehmenschef Andreas Barner, dass in den nächsten Jahren rund 1000 Stellen in Deutschland wegfallen sollen. Dann hätte man im Heimatland noch gut 13 000 Beschäftigte - wie ziemlich exakt auch vor einem Jahr. Ein Konzernsprecher verwies auf einige positive Studien zur Mitarbeiterzufriedenheit bei Boehringer Ingelheim. Die Fluktuationsrate habe in Deutschland 2013 nur bei 2,4 Prozent gelegen, die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit betrage 12,6 Jahre - wobei die eben über alle Mitarbeiter gemessen wird.
Foto: Fredrik von Erichsen/ dpaIn die Ecke gedrängt: Ex-Vorstandschef Axel Heitmann hatte sich in der Sucht nach Größe verrannt. Jetzt muss die ehemalige Bayer-Tochter (hier die Konzernzentrale von Lanxess in Köln) einen neuen Platz in der Kautschuk- und Chemiebranche finden. Das verleitet auch viele Führungskräfte, sich mal umzusehen. Ein Konzernsprecher fand eine schlüssige Erklärung: "Unser neuer Vorstandsvorsitzender hat im Sommer angekündigt, dass es einen Stellenabau vor allem im Bereich der Verwaltung geben wird. Deshalb nutzen auch Lanxess-Mitarbeiter das Internet, und natürlich auch Plattformen wie experteer, um die Lage auf dem Arbeitsmarkt zu sondieren."
Foto: DPADie Hütte brennt: Der Umsatz sinkt, der Vertrag von Wolfgang Dehen, dem Vorstandschef der ehemaligen Siemens-Sparte (hier eine Nachtaufnahme der Konzernzentrale), wird nicht verlängert. Was wird? Mal gucken, denken sich viele Führungskräfte. Ein Osram-Sprecher sagte, die gesamte Lichtindustrie befinde sich "in einem fundamentalen Wandel (...) Damit einhergehend ändern sich Geschäftsmodelle (...). Da verwundert es kaum, dass ein solcher Prozess auch mit Veränderungen im Personalbereich einhergeht."
Foto: Rene Ruprecht/ picture alliance / dpaDie Überraschung Bei dem Schweizer Pharmakonzern (hier ein Gebäude in Basel) ist nach Strategieschwenk und Wechsel an der Verwaltungsratsspitze eigentlich Ruhe eingekehrt. Die deutschen Führungskräfte schauen sich dennoch überdurchschnittlich stark nach neuen Jobs um. Ein Sprecher sagte, selbst etwas perplex, die Mehrzahl der Top-Manager sei schon längerfristig im Unternehmen.
Foto: SEBASTIEN BOZON/ AFP