Luftfahrt-Studie Horizon: Das Leitwerk könnte bei Flugzeugen tatsächlich bald überflüssig werden
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Vieles ist auf der diesjährigen Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) (fast) wie immer. Auf dem Flugfeld parkt ein dicker Airbus A380 von Emirates unweit des Problem-Militärtransporters A400M, am Himmel dreht ein polnischer Pilot in einem MIG-Kampfflugzeug lautstark Pirouetten, Männer in dunklen Anzügen erkunden Luftverteidigungssysteme von Diehl.
Manche Neuerung kommt weit unspektakulärer daher, hat es aber dennoch in sich. Doch die ILA ist voll mit Hinweisen darauf, wie sich Flugzeuge und das Fliegen in den nächsten Jahren verändern werden. Hier stellen wir einige womöglich bahnbrechende Trends vor.
Fliegen wird elektrisch(er)
Airbus E-Fan 2 (vor A380): Im kommenden Jahr soll der Batterieflieger starten
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Es klingt zu schön um wahr zu sein: Flugzeuge bringen die Passagiere lautlos und emissionsfrei ans Ziel. Kann das sein?
Tatsächlich ist der rein elektrische Jumbojet nach jetzigem Stand noch Jahrzehnte entfernt. Klar ist aber auch, dass die Elektrifizierung des Luftverkehrs schon jetzt beginnt.
Zahlreiche Nischenanbieter aber auch Airbus haben bereits Kleinstflugzeuge gebaut, die ihre Kraft aus der Batterie ziehen. Der europäische Luftfahrtkonzern startet im kommenden Jahr mit dem E-Fan 2.0, immerhin einem rein elektrischen Zweisitzer.
Eine Hybridmaschine mit 90 bis 100 Sitzen ist für 2035 geplant. Der Flieger hebt rein elektrisch ab, nutzt in der Höhe dann einen (eventuell mit Algensprit betriebenen) Benzin-Kolbenmotor und lädt die Akkus dabei für den nächsten Start wieder auf.
Wann die Elektro-Revolution kommt, hängt auch von den Fortschritten bei der Batterietechnik ab, sagte Airbus' kommissarischer Konzernforschungs-Leiter Andrew Anderson in Berlin. Es kann also alles auch schneller gehen. Bis zum Durchbruch des lautlosen Fliegens finden Erkenntnisse, die Airbus beim E-Fan gewinnt, bereits permanent Eingang in die bestehende Flotte.
Flugzeuge kommen aus dem 3D-Drucker
Sieht nicht gut aus, kann dafür aber auch keine Passagiere transportieren: Das Flugzeug Thor. Allerdings markiert es trotzdem einen technischen Meilenstein, denn es ist komplett im 3-D-Drucker gefertigt worden.
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Schön sieht er nicht aus, das Flugzeug namens Thor. In nicht ganz sauberem Weiß parkt der Kunststoff-Flieger in einem Zelt auf dem ILA-Flugfeld. Nur ein paar Meter ist er lang, und wiegt gerade 25 Kilo. Transportkapazität: Null Passagiere.
Doch der Clou an Thor ist, dass der Flieger komplett im 3-D-Drucker entstanden ist. Vier Wochen lang hat allein der Druckvorgang der 50 Einzelteile gedauert.
Ein Airbus-Team sammelt mit Thor Erkenntnisse, was die Drucker für die Luftfahrt leisten können. Bis ganze Flugzeuge auf diese Weise hergestellt werden, wird es noch dauern.
Doch Einzelteile könnten Support-Teams schon in einigen Jahren als Datei rasch durch die Leitung an entlegene Orte schicken, wo sie dann ausgedruckt werden. Eine aufwendige Lagerhaltung wäre damit entbehrlich.
Flugzeuge imitieren stärker Vögel
Lilienthalscher Flugapparat: Der 3D-Drucker bringt neue Strukturen in die Luftfahrt, die sich an der Natur orientieren
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Der 3D-Druck verringert nicht nur Transporte und Lagerbedarf. Tatsächlich bieten sich auch völlig neue Konstruktionsmöglichkeiten in der Luftfahrt. Anstatt etwa große Mengen Kunststoff in einer Form zu teilen zu spritzgießen, setzen Drucker das Material viel effizienter ein.
Völlig neue Konstruktionen sind denkbar - stabile und gleichzeitig viel leichtere Bauweisen werden möglich. Oft werden sich Ingenieure am Vorbild von Vögeln orientieren, deren Körperbau die Evolution in Jahrtausenden optimiert hat (Stichwort: Bionik).
Statt aus einigermaßen dicken Kunststoff- oder Metallplatten könnten Flugzeuge aus netzartigen Strukturen mit extrem dünner Oberfläche bestehen. Das spart Gewicht - und damit Energie. Dies wiederum ist ein entscheidendes Kriterium dafür neue Antriebe wie Batterien in die Flugzeuge zu bekommen.
Flugzeuge sehen völlig anders aus
Tablets im Cockpit statt Hunderter Hebel: Die Digitalisierung ändert Flugzeuge außen und innen
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Je stärker sich Materialien, Oberflächen und Antrieb ändern, desto stärker ändert sich auch das Gesamt-Erscheinungsbild des Flugzeugs. Sogar völlig neue Konstruktionen werden denkbar, etwa ohne Leitwerk, wie Airbus-Mann Anderson in Berlin erklärte.
Elektroflugzeuge werden - so ist der Manager überzeugt - über viel mehr Motoren und Gebläse verfügen als die derzeitigen ausschließlich mit Kerosin betriebenen Maschinen. Dafür werden die Komponenten kleiner.
Zum Lenken ist dann keine Heckflosse mehr nötig. Stattdessen spricht die Steuerung einzelne Motoren und Gebläse gezielt in unterschiedlicher Stärke an, so dass letztlich die Motoren das Flugzeug steuern. Zu sehen werde ein solcher Aufbau ansatzweise schon beim E-Fan 2.0 sein, sagte Anderson.
Für Passagiere ändert sich das Fluggefühl grundlegend
Phänomen der Vergangenheit? Unternehmer bekämpfen den Jetlag mit innovativer Beleuchtung
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Über den Dingen: So sieht es im privaten Airbus A350 aus
Im Bereich des Passagierkomforts tut sich extrem viel - auch das zeigt die Luftfahrtausstellung in diesem Jahr. Entwickler und Start-up-Unternehmer beschäftigen sich mit nahezu allen Unannehmlichkeiten des Fliegens - um sie zu eliminieren.
Jet-Lag? Könnte durch eine innovative Form der Beleuchtung der Vergangenheit angehören, behauptet beispielsweise das Hamburger Unternehmen Jetlite. Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik arbeitet daran, individuelle Klimazonen im Flieger zu schaffen - und so den Komfort für den einzelnen Reisenden zu erhöhen.
Die Bewegungsfreiheit ist ebenfalls ein großes Thema. Die Firma Molon Labe arbeitet an verschiebbaren Sitzen, die während des Fluges mehr Platz ermöglichen. Komfortgewinn an allen Fronten - für Vielflieger bleibt nur zu hoffen, dass die Airlines einen ökonomischen Mehrwert in den Innovationen erkennen.
Sieht nicht gut aus, kann dafür aber auch keine Passagiere transportieren: Das Flugzeug Thor. Allerdings markiert es trotzdem einen technischen Meilenstein, denn es ist komplett im 3-D-Drucker gefertigt worden.
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6 BilderÜber den Dingen: So sieht es im privaten Airbus A350 aus
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Airbus A350: Warum immer nur vernünftig, wenn es auch unvernünftig geht? Das dachten sich wohl die Ingenieure von Lufthansa Technik, die eine Version des Fliegers für very very important persons (VVIP-Version) ersannen...
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Im Lounge-Bereich findet das "öffentliche Leben" an Bord statt.
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Wer arbeiten will, zieht sich zurück.
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Gekocht wird auf einem luftfahrtzugelassenen Induktionsherd.
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Wellness-Bereich im hinteren Teil des Fliegers: Massageliege und Dampfbad erquicken die Passagiere.
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Dagegen wirkt die Bestuhlung im A350 von Finnair eher nüchtern. Willkommen zurück in der Realität!
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Airbus A350: Warum immer nur vernünftig, wenn es auch unvernünftig geht? Das dachten sich wohl die Ingenieure von Lufthansa Technik, die eine Version des Fliegers für very very important persons (VVIP-Version) ersannen...