Ifo-Index bricht ein - immer mehr Pessimisten in Chefetagen "Deutsche Wirtschaft steht unter Schock"

Die Einkaufsmeilen leer, die Produktion in vielen Betrieben gestoppt: Die Corona-Krise lässt die Stimmung in den deutschen Chefetagen so stark einbrechen wie nie zuvor.

Die Einkaufsmeilen leer, die Produktion in vielen Betrieben gestoppt: Die Corona-Krise lässt die Stimmung in den deutschen Chefetagen so stark einbrechen wie nie zuvor.

Foto: Daniel Bockwoldt / dpa

Die von der Corona-Krise ausgelöste Rezessionsangst in den deutschen Chefetagen ist laut Ifo-Institut noch größer als gedacht. Der am Mittwoch veröffentlichte endgültige Geschäftsklimaindex für März fiel auf 86,1 Punkte von 96,0 Zählern im Februar.

"Dies ist der stärkste jemals gemessene Rückgang im wiedervereinigten Deutschland und der niedrigste Wert seit Juli 2009", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest zu den aktualisierten Daten. "Die deutsche Wirtschaft steht unter Schock." Die Führungskräfte blickten deutlich pessimistischer auf die Lage und ihre Geschäftsaussichten. "Insbesondere die Erwartungen der Unternehmen verdüsterten sich wie nie zuvor."

An der Börse zeigte der Einbruch des Ifo-Index zunächst keine Wirkung. Dann allerdings rutschte der Dax  nach einem Plus von mehr als 4 Prozent um bis zu 2,3 Prozent in die Verlustzone.

Auf Basis vorläufiger Zahlen hatten die Münchner Ifo-Forscher vorige Woche bei der Umfrage unter rund 9000 Managern einen Wert von 87,7 ermittelt. "Es ist davon auszugehen, dass es mindestens zwei Quartale lang eine schwere Rezession geben wird", sagte Ifo-Konjunkturexperte Klaus Wohlrabe im Reuters-Interview. "Es kann im Gesamtjahr einen Einbruch beim Bruttoinlandsprodukt zwischen fünf und 20 Prozent geben, je nach Länge des Shutdowns."

Diesmal seien vor allem die Dienstleister betroffen, sagte LBBW-Chefvolkswirt Uwe Burkert. Aber auch für die Industrie könnte es noch schlimmer kommen. "Wir bewegen uns in Dimensionen wie in der Finanzkrise, eher noch etwas schlechter", betonte der Ökonom. "Der März war eine Katastrophe, der April ist bisher vor allem eine Drohung, frühestens der Mai könnte wieder ein Versprechen werden."

Stimmung in der Industrie und bei den Dienstleistern bricht ein

In der Industrie fiel der Index auf den niedrigsten Stand seit August 2009 - zugleich der stärkste Rückgang seit der Wiedervereinigung. "Der Rückgang der Erwartungen ist mit Blick auf 70 Jahre Umfragen in der Industrie historisch einmalig", sagte Ifo-Chef Fuest. Viele Unternehmen hätten Produktionskürzungen angekündigt.

Im Dienstleistungssektor ist der Geschäftsklimaindikator so stark gefallen wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen 2005. Im Handel brach die Stimmung ebenfalls ein. Die Erwartungen stürzten auf den niedrigsten Wert seit der Wiedervereinigung. "Groß- und Einzelhandel sind gleichermaßen stark negativ getroffen." Positive Ausnahmen seien Lebensmittel- und Drogeriemärkte. Der Ausblick der Baubranche habe sich deutlich verschlechtert.

Produktionsausfälle in Höhe von Hunderten von Milliarden Euro

Die Viruskrise wird laut Ifo-Institut hierzulande Produktionsausfälle in Höhe von Hunderten von Milliarden Euro auslösen und den Arbeitsmarkt wie auch den Staatshaushalt erheblich belasten. Je nach Szenario dürften Kosten von 255 Milliarden Euro bis 729 Milliarden Euro auf Deutschland zukommen. Vor allem im zweiten Quartal rechnen Ökonomen mit einem Einbruch der Wirtschaftskraft.

rei/Reuters
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