Wohnungskonzern Showdown bei GSW Immobilien

GSW Immobilien: Das richtige Verständnis von Corporate Governance?
Foto: DPABerlin - So hatte sich Bernd Kottmann seinen neuen Job zweifellos nicht vorgestellt. Der Chef des Berliner Immobilienkonzerns GSW war erst wenige Tage im Amt, da forderte der niederländische Pensionsfonds Stichting PGGM Depositary auch schon, ihm das Vertrauen zu entziehen und im gleichen Zug den Aufsichtsratsvorsitzenden Eckhart John von Freyend auszutauschen.
Der Vorwurf des sonst als eher zurückhaltend bekannten Pensionsfonds: John von Freyend habe keine ausreichende Sorgfalt bei der Auswahl des neuen GSW-Chefs walten lassen. Oder anders gesagt: Er habe ohne ausreichende Suche nach alternativen Kandidaten einfach einen alten Bekannten aus seinen Zeiten beim inzwischen in bedrohlicher Schieflage befindlichen Immobilienkonzern IVG in das Amt gehievt. Die GSW weist das zurück.
Inzwischen wird immer deutlicher: PGGM steht mit seinem Versuch einer Revolte keineswegs alleine da. Auf der Hauptversammlung am 18. Juni, auf der die GSW-Spitze angesichts guter Zahlen eigentlich zufriedene Aktionäre erwarten durfte, zeichnet sich ein Showdown ab.
Nach Informationen des manager magazin wollen sich etliche institutionelle Investoren, darunter der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock, der Forderung der Niederländer anschließen, für die Ablösung John von Freyends zu stimmen und Kottmann das Vertrauen zu entziehen. Nach aktuellen Schätzungen müssen John von Freyend und Kottmann durchaus damit rechnen, dass sich das Abstimmungsergebnis bedrohlich jenen 50 Prozent nähern könnte, die für einen erfolgreichen Hauptversammlungsbeschluss erforderlich wären.
Ungewöhnlicher Vorgang in der deutschen Unternehmenslandschaft
In der deutschen Unternehmenslandschaft ist das ein ziemlich ungewöhnlicher Vorgang. Er zeigt aber auch, wie ernst Investoren das Thema Corporate Governance, also die Regeln zur guten Unternehmensführung inzwischen nehmen.
Gründe, das Gebaren der GSW einer kritischen Betrachtung zu unterziehen, gibt es tatsächlich genug. Brancheninsider und Investoren beklagen, die GSW werde zunehmend zum Auffangbecken für ehemalige Manager und Aufsichtsräte des Konkurrenten IVG. Dessen jüngere Vergangenheit ist bekanntermaßen keine Erfolgsstory. Der Konzern arbeitet gerade unter Hochdruck an einem Restrukturierungskonzept, um eine drohende Insolvenz abzuwenden.
So sitzen neben dem langjährigen IVG-Chef John von Freyend auch noch der Ex-IVG-Beirat Jochen Scharpe als Stellvertreter und der Ex-IVG-Aufsichtsrat Claus Wisser als einfaches Mitglied in dem sechsköpfigen Gremium. Der Entscheidung pro Kottmann dürfte das aus Sicht der Kritiker nicht eben geschadet haben. Bei der GSW will man sich zum Auswahlprozess nicht äußern, da dieser der Vertraulichkeit des Aufsichtsrates unterliege.
Finanzen, Kommunikation, neue Zentrale - Immer wieder die alten Bekannten
An der Berufung des Ex-IVG-Finanzers moniert PGGM nun unter anderem, dass Kottmanns Leistungen bei der IVG nicht einwandfrei gewesen seien. Kottmann weist das zurück.
Zu den Vertrauten von John von Freyend gehört auch Kommunikationschef Thomas Rücker, ein umtriebiger PR-Mann, der auch schon Kommunikationschef der IVG war. Rücker betreibt zudem noch eine eigene Beratungsfirma, zu deren Kunden nicht nur die GSW gehört, sondern auch die Euref AG, ein Unternehmen, an dem John von Freyend beteiligt ist und in dessen Aufsichtsrat er sitzt.
Die Euref AG spielt auch noch in einem weiteren Fall eine Rolle, der die Frage aufwirft, ob Vorstand und Aufsichtsrat das richtige Verständnis von Corporate Governance haben.
Der Konzern möchte demnächst nämlich in eine neue Zentrale umziehen. Dafür stehen mehrere Objekte zur Auswahl, darunter eines von besagter Euref. Kottmann soll sich, so berichten Konzerninsider, weitgehend auf diese Immobilie festgelegt haben. Bei der GSW heißt es dazu, eine endgültige Entscheidung sei noch nicht gefallen.
Zuschlag für Euref wäre doppelt pikant
Erhielte das Projekt den Zuschlag, so wäre das gleich doppelt pikant. Der Hauptaktionär der Euref, der Berliner Immobilienentwickler Reinhard Müller, ist ein alter Bekannter von John von Freyend und Kottmann. Er verkaufte zwischen 1999 und 2003 in zwei Tranchen den einst die von ihm mitbegründeten Firma Wert-Konzept, einen Anbieter geschlossener Fonds, an die IVG.
Auch bei einem weiteren Unternehmen, der Hamborner REIT AG, lässt sich eine Verbindung zwischen den besagten Personen finden. So sitzen John von Freyend und Kottmann gemeinsam im Aufsichtsrat der Gesellschaft, die vor kurzem ebenfalls Gewerbeimmobilien von Müller erworben hat. Kommunikativ beraten wird der Hamborner REIT ebenfalls durch GSW-Sprecher Rücker.
Unklar ist derzeit noch, zu welchem Befund die mächtige Aktionärsberatung ISS kommt, die in den kommenden Tagen ebenfalls eine Stimmempfehlung für die GSW-Hauptversammlung abgeben will. Doch ganz gleich, wie diese ausfällt, turbulent dürfte es so oder so zugehen.