300 Millionen Euro für Cristiano Ronaldo? So verteilen Chinas Fußball-Investoren ihre Millionen

Wahnsinn - aber nicht unrealistisch: Ein chinesischer Club bot angeblich 300 Millionen für Ronaldo
Foto: imago/AFLOSPORT
Volker Heun arbeitete lange für die Deutsche Bank in den USA und berät heute internationale Fußballinvestoren. Mit "Assetklasse Fussball" hat er ein Handbuch für Investoren und Fans geschrieben, das einen Blick hinter die Kulissen des Big Business im Fußball gewährt. Das Buch jetzt bei amazon bestellen.
China ist innerhalb kürzester Zeit zum wichtigsten Fußballinvestor der Welt aufgestiegen, die Summen, die das Land in den Sport und in einzelne Spieler steckt, brechen derzeit alle Rekorde. Zuletzt soll ein nicht genannter chinesischer Klub 300 Millionen Euro Ablöse für Real Madrids Superstar Cristiano Ronaldo geboten haben. Die Zahl ist nicht bestätigt und klingt nach Wahnsinn - unrealistisch ist sie nicht.
Erst vor wenigen Tagen haben chinesische Fußballmanager einen der teuersten Spielertransfers der Geschichte abgewickelt: Carlos Tevez wechselt für eine kolportierte Ablösesumme von 40 Millionen Euro von Boca Juniors zu Shanghai Shenhua und verdient dort angeblich in zwei Jahren circa 80 Millionen Euro, das entspricht 109.589 Euro pro Tag. Damit wäre Tevez der bestzahlte Profi der Welt und verdiente mehr als Ronaldo oder Messi.
Bereits vorher waren zahlreiche Topstars nach China gewechselt, den Brasilianer Oscar zieht es für 60 Millionen Euro von Chelsea nach Shanghai, sein Landsmann Hulk geht für 50 Millionen von Zenit St. Petersburg ebenfalls in die chinesische Metropole, Alex Teixera für die gleiche Summe von Donezk nach Jaingsu Suning, Jackson Martinez kickt statt für Atletico Madrid jetzt für Guangzhou Evergrande. Die Liste ließe sich fortsetzen.
Bereits in der Wintertransferperiode 2015/2016 nahm die chinesische Super League mehr Geld für neue Spieler in die Hand als die englische Premier League und die deutsche Bundesliga. Zudem investieren chinesische Investoren verstärkt in europäische Klubs. 13 Prozent von Manchester City sind in der Hand chinesischer Geldgeber, 20 Prozent von Olympique Lyonnais, 54 Prozent von Espanyol Barcelona und 20 Prozent von Atletico Madrid. Die Vereine AC Mailand, Inter Mailand, Aston Villa oder Birmingham City gehören ihnen bereits komplett.
Doch warum steckt China derart unglaublichen Summen ausgerechnet in ein so schwer berechenbares Geschäft wie Fußball? Dafür gibt es mehrere Gründe - und nicht alle sind wirtschaftlicher Natur.
So möchte Staatspräsident Xi Jinping, selbst ein großer Fußballfan, sein Land zu einer führenden Fußballnation machen. Zudem möchte er möglichst bald eine Weltmeisterschaft ausrichten und - natürlich - diesen prestigeträchtigen Wettbewerb auch irgendwann gewinnen. Dafür stellt der Staat unglaubliche Summen bereit, insbesondere auch für die Nachwuchsförderung. So sollen landesweit 20.000 Fußballinternate entstehen.
Damit dies überhaupt möglich werden kann, sucht das Erziehungsministerium mindestens 40.000 neue Trainer. Schon heute befindet sich das weltweit größte Fußballinternat in China: Die Fußballschule in Evergrande in Qingyuan verfügt über 47 Fußballplätze mit einer Gesamtfläche von 359.000 Quadratmetern und bildet zeitgleich 2577 Schüler aus.
Die wichtigsten chinesischen Investitionen in europäische Klubs
Manchester City (13%)
West Bromwich Albion (100%)
Birmingham City (100%)
Wolverhampton Wanderes (100%)
Aston Villa (100%)
Inter Mailand (100%)
AC Mailand (100%)
Espanyol Barcelona (54%)
Atletico Madrid (20%)
Olympique Lyonnais (20%)
FC Sochaux (100%)
ADO Den Haag (98%)
Zudem werden chinesischen Unternehmen steuerliche Vorteile eingeräumt, wenn sie in Fußball investieren. So müssen diese Unternehmen beispielsweise statt 25 nur 15 Prozent Steuern abführen.
Ein weiterer Grund für die aktuellen Mega-Investitionen ist die Tatsache, dass das Fußball-Business nahezu keine Korrelationen mit anderen Investmentklassen wie etwa Aktien oder Immobilien hat. In den vergangenen Jahren ging es trotz aller Krisen für den Fußball immer nur in eine Richtung: steil nach oben.
Die wichtigen Fernseheinnahmen für die bedeutendsten Ligen steigen kontinuierlich. Und ein Ende des Booms ist aktuell nicht abzusehen. Daher eignen sich sinnvolle Investitionen ins Fußballgeschäft hervorragend zur Vermögens- und Währungsdiversifizierung.
Hinzu kommt, dass Fußball weltweit die führende Sportart mit den meisten Zuschauern ist. Der Sport ist aller Skandale zum Trotz mit einem sehr positiven Image belegt und hoch emotional. Somit eignet sind Fußball bestens für Werbung und bietet Investoren darüber hinaus die Chance, weltweit Prestige und Anerkennung aufzubauen - ein wichtiges Ziel staatlichen und wirtschaftlichen Handels in China. Nirgendwo sonst lassen sich so leicht Kontakte knüpfen wie im Fußball - die wiederum auch für andere Geschäfte außerhalb des Fußballs nützlich sein können.
Natürlich gibt es wie bei jedem anderen Investment auch Risiken. Die größte Gefahr bei einem Vereinsinvestment in Europa ist sicherlich der sportliche Abstieg. In diesem Fall reduzieren sich die wichtigen Einnahmen aus Fernsehrechten, Sponsoring sowie dem Verkauf von Fanartikeln schlagartig. Dieses Risiko kann der Investor im Vorfeld etwas abfedern, indem er auch Grund und Boden erwirbt und stark in die Nachwuchsförderung investiert.
Natürlich muss jeder Investor etwaige Risiken analysieren und möglichst minimieren, bevor die Millionensummen fließen. Besonders genau schauen sich die Manager aus Fernost die Finanzen der Klubs an, denn die meisten sind trotz hoher Einnahmen überschuldet und werden nicht besonders professionell gemanagt. Daher sollte neben den Spielern auch das Personal im Management und im Trainerstab genau analysiert werden. Bisher macht es den Eindruck, als ob Chinas Fußballinvestoren sehr genau wissen, was sie tun. Die Fabelsumme, die in Bezug auf Ronaldo genannt wird, dürfte nicht die letzte gewesen sein.
Volker Heun berät Fußballinvestoren in aller Welt. Sein Buch "Assetklasse Fußball" betrachtet das Sportbusiness aus Investorensicht und wurde auch ins Chinesische übersetzt. Heun ist Mitglied der MeinungsMacher von manager-magazin.de. Trotzdem gibt diese Kolumne nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion des manager magazins wieder.