
So funktioniert Business Fünf Vorsätze, die Sie schon Anfang Januar wieder brechen werden


2016 wird alles anders: Mehr Zeit, mehr Ideen, mehr ... Vorsätze, die Sie wahrscheinlich schon bald wieder brechen
Foto: CorbisAlle Jahre wieder. Endlich stehen die Telefone still. Der Strom von Mails versiegt, Sie kommen zum Nachdenken. Und Sie überlegen, welche Dinge im vergangenen Jahr nicht so gut liefen: Mist, die neuen Projekte hätten schon viel weiter sein sollen.

Dr. Jens-Uwe Meyer ist Vorstandsvorsitzender der Innolytics GmbH, Autor und internationaler Keynote Speaker. Mit 13 Büchern (u.a. "Digitale Gewinner", "Digitale Disruption") und mehr als 250 Artikeln zählt er zu den Vordenkern für Digitalisierung und Innovation in Europa.
www.jens-uwe-meyer.de
Die eigene Weiterbildung ist auch liegen geblieben. Und hatte ich mir nicht Ende letzten Jahres erst vorgenommen, mehr Zeit für meine Mitarbeiter zu haben?
Und jetzt passiert genau das, was Sie Ende vergangenen Jahres gemacht haben. Sie nehmen sich vor, dass 2016 alles anders wird. Ich besitze keine hellseherischen Fähigkeiten, doch ich möchte eine Prognose wagen: Ende 2016 werden Sie an genau dem gleichen Punkt sein wie jetzt.
Diese folgenden fünf Vorsätze werden Sie auch im kommenden Jahr wieder brechen. Jedenfalls, wenn Sie die Tipps nicht beherzigen, wie Sie sie doch umsetzen können.
Vorsatz 1: Mehr Zeit für Mitarbeiter nehmen
Hat die Weihnachtsfeier wieder mal auf die letzte Sekunde geklappt? Haben Sie noch am Rand des Tannenbaums heimlich die letzten drei Mails beantwortet? Wie viele der intensiven Mitarbeitergespräche, die Sie sich für 2015 vorgenommen haben, sind wegen Zeitmangels erst verkürzt und dann gestrichen worden?
Warum also sollten Sie sich für 2016 etwas vornehmen, das Sie dann im Stress des Alltags doch wieder brechen? Gehen Sie die Dinge anders an! Wenn Sie ehrlich zu sich selbst sind, finden Sie die klassischen Mitarbeitergespräche ohnehin langweilig, oder? Hinsetzen, 360° Feedback geben und nehmen, über Stärken und Schwächen sprechen und so weiter.
Überlegen Sie sich lieber ein Projekt, dass Sie gemeinsam mit ihren Mitarbeitern umsetzen wollen und dass Ihnen selbst Spaß macht. Planen Sie gemeinsame Kundenbesuche, gehen Sie im Team auf Messen und Kongresse anderer Branchen, um sich inspirieren zu lassen oder verbringen Sie eine Nacht gemeinsam in der Berghütte.
Hier dürfen sie einmal ganz egoistisch sein: Es muss Ihnen als Vorgesetzter oder Vorgesetzte Spaß machen! Ansonsten werden Sie kurzfristig irgendeine Ausrede finden und einen Vertreter beziehungsweise eine Vertreterin schicken.
Vorsatz 2: Intensiver mit der Zukunft der Branche auseinandersetzen
Die Sache mit der Digitalisierung wissen Sie jetzt ja mindestens schon seit zehn Jahren. Auch dass Ihrer Branche massive Änderungen bevorstehen: Ob Industrie 4.0, FinTechs oder 3D-Druck, in fast allen Branchen stehen radikale Änderungen bevor. Eigentlich wissen Sie auch, dass Sie sich damit intensiver auseinandersetzen müssten. Aber zu mehr als einem Hörbuch, einem Kongressbesuch und einem Zukunftsmeeting hat es 2015 nicht gereicht. Und alles das, was Sie gelernt haben, ging kurze Zeit später schon wieder unter, weil Sie gerade etwas Wichtigeres zu tun hatten.
Das wird auch 2016 so bleiben. Sie werden sich Zukunfts-Artikel durchlesen und sie weiterleiten, Sie werden kurz einmal darüber sprechen und genügend Wissen ansammeln, um beim Branchenempfang mitreden zu können, aber der große Wurf wird ausbleiben.
Eigentlich können Sie Ihren Vorsatz gleich wieder begraben, außer.... Sie meinen es richtig ernst. Dann gehen Sie bitte radikal vor. Blocken Sie vier Wochen (richtig gelesen: VIER WOCHEN) in Ihrem Kalender, in denen Sie sich mit Gründern treffen, neue technologische Trends studieren und Geschäftsmodelle bzw. Geschäftsprozesse der Zukunft entwickeln wollen.
"So ein Quatsch, da macht mein Chef nie mit." Kann sein, aber ist es nicht wert, es zumindest zu versuchen? In meiner Vergangenheit war ich Studioleiter von ProSiebenSat.1 in Jerusalem. Sie werden sich fragen: "Wozu braucht ein Sender wie Pro Sieben ein Studio in Jerusalem?" Das war Ende der neunziger Jahre nicht viel anders. Es gab vor meiner Zeit kein Studio und nach meiner Zeit auch nicht mehr. Der Grund war ganz einfach: Ich habe ein überzeugendes Konzept vorgelegt, was ich in ein bis zwei Jahren dort erreichen möchte und welche Vorteile das dem Sender bringt. Und mein Chef? Hat ja gesagt.
Haben Sie den Mut zum Fragen. Im schlimmsten Fall kommt ein "Nein" dabei heraus. Aber selbst wenn: Sie sind auf der Liste der Personen, die die Zukunft aktiv gestalten wollen. Und beim nächsten Vorstoß in diese Richtung sind Sie garantiert eine der ersten Personen, die angesprochen wird.
Vorsatz 3: Endlich die vielen neuen Ideen umsetzen
Hand aufs Herz: Wie viele Workshops hatten Sie im letzten Jahr, in denen Sie tolle Ideen entwickelt haben? Und wie viele davon haben sie niemals umgesetzt? Es passte gerade nicht, die Umsätze mussten kurzfristig angekurbelt werden, es wurde wieder einmal umstrukturiert.
Die Workshop-Dokumentation aus dem Sommer - sie liegt fast jungfräulich in Ihrem Büro. Im Oktober hatten Mitarbeiter noch gefragt, was aus den vielen tollen Vorschlägen geworden ist, irgendwo im Jahresendstress sind sie dann endgültig vom Radarschirm Ihrer Aufmerksamkeit verschwunden. Mitte Dezember haben Sie sich dann vorgenommen: Im neuen Jahr wird alles besser.
Die Prognose: Auch 2016 wird es nicht anders werden. Im Januar sichten Sie die Ideen noch einmal, Anfang Februar nehmen Sie sich vor, sie neu zu bewerten und dann stimmen die Quartalszahlen nicht. Wieder aufgeschoben.... Und im April werden die Mitarbeiter, die es umsetzen könnten, mit einer neuen Aufgabe betreut.
Fangen Sie Ihr neues Jahr mit Ausmisten an. Richtig gelesen. Ausmisten. Weg mit den Ideen, die Sie sowieso nicht umsetzen werden. Fragen Sie sich nicht, ob sie gut oder schlecht wären, sondern wie realistisch es ist, dass Sie sie umsetzen werden. Immer dann, wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie es sowieso nicht schaffen werden: Weg damit! Im schlimmsten (oder besten) Fall bleibt keine Idee übrig. Meistens aber eine oder zwei, mit denen Sie zwar nicht die Welt aus den Angeln heben werden, die Sie aber wenigstens umgesetzt bekommen. Glückwunsch! Dann ist viel erreicht.
Vorsatz 4: Mehr auf die eigene Intuition vertrauen
Eigentlich wussten Sie bereits Anfang 2015, was zu tun ist. Doch kurz vor der großen Entscheidung kamen die Zweifel... Was ist, wenn es schief geht? Wer übernimmt die Verantwortung? Und dann haben Sie das getan, was schlaue Überlebenskünstler im Unternehmen immer tun: Sie haben nichts entschieden. Stattdessen einen Arbeitskreis gebildet.
Als der Arbeitskreis nicht weiterkam, wurden Berater ins Haus geholt. Und als die endlich ihre Powerpoint-Schlacht in der Abschlusspräsentation beendeten, waren Sie ungefähr bei den gleichen Ergebnissen wie die, die Sie schon Anfang 2015 im Kopf hatten. Haben Sie jetzt gehandelt? Nein, weil Ihr schärfster Konkurrent um den neuen Posten - der Donald Trump Ihrer Abteilung - Sie als wagemutigen Hasardeur beschimpfte. Was haben Sie getan? Eine Marktanalyse in Auftrag gegeben. Heraus kam... oh Wunder... das gleiche Ergebnis, das Sie bereits im Kopf hatten.
Gewonnen haben Sie gegen Ihre Kritiker, aber verloren haben Sie Zeit. Neun Monate lang war Ihr Projekt gelähmt. Dabei hatte Ihr Vorstand doch immer wieder gesagt: "Wir müssen mutiger und schneller werden." Mut hieß in diesem Fall: Nur zwei statt fünf Berater... Und schnell hieß: Neun Monate statt - wie früher - niemals. Aber eigentlich ärgert es Sie. Denn Sie wären viel weiter gekommen, wenn Sie schnell entschieden hätten. Was können Sie tun?
Gehen Sie das nächste Mal zu dem Vorstand (oder Geschäftsführer), der von Mut und Geschwindigkeit gesprochen hat und stellen Sie eine Entscheidungsfrage: "Schnell und mutig oder wie immer?"
Bekommen Sie Rückendeckung, entscheiden Sie schnell. Wenn nicht, bilden Sie eben einen Arbeitskreis. Holen Berater. Geben noch eine Analyse in Auftrag. Und nehmen sich vor, spätestens Mitte 2016 Gespräche mit einem Headhunter aufzunehmen ...
Vorsatz 5: Den eigenen Horizont erweitern
Sie wollten schon immer mal Seminare besuchen, die eigentlich nichts mit Ihrer Aufgabe zu tun haben? Sie sind Produktionsleiter und wollten sich schon immer mit Finanzen beschäftigen? Sie sind im Marketing und wollten Kurse in Internettechnologien belegen? Sie sind in der Geschäftsleitung und haben sich vorgenommen, sich endlich einmal in Methoden der Marktforschung fortzubilden?
Dann ist wahrscheinlich folgendes passiert: Ihnen ist zwar klar, dass die Erweiterung des Horizonts außerhalb Ihres Aufgabenbereichs theoretisch viele Chancen bietet, aber in der Liste Ihrer Prioritäten rutschte das Projekt "Horizont erweitern" immer tiefer: Von Priorität A über B, C und D bis irgendwann das Ende des Alphabets erreicht war.

Dr. Jens-Uwe Meyer ist Vorstandsvorsitzender der Innolytics GmbH, Autor und internationaler Keynote Speaker. Mit 13 Büchern (u.a. "Digitale Gewinner", "Digitale Disruption") und mehr als 250 Artikeln zählt er zu den Vordenkern für Digitalisierung und Innovation in Europa.
www.jens-uwe-meyer.de
Wird das 2016 wieder passieren? Selbstverständlich! Sie sind ja gut in dem, was Sie tun und Ihr innerer Schweinehund wird Ihnen ständig suggerieren: "Das brauchst Du nicht. Überlege, ob Du nicht lieber Deine Expertise vertiefen willst. Und denk daran: Zwei Tage Weiterbildung sind zwei Tage, an denen Du nicht an Deinen Zielen arbeiten kannst..." Und die Erweiterung des Horizonts ist bereits Ende März auf das Jahr 2017 vertagt.
Es sei denn ... Sie rufen ein Projekt ins Leben, das genau diese Kompetenzen benötigt. Produktions-Controlling verbessern, Internetmarketing optimieren oder eine neue Marktforschungsagentur auswählen. Setzen Sie eine Deadline, zum Beispiel den 1. Mai. Jetzt merken Sie, dass die Prioritätenliste auch anders herum funktionieren kann: Von Z im Januar ist es bereits M im Februar, G im März und spätestens Anfang April wird die Weiterbildung Ihre A-Priorität sein.
Fazit: Lieber keine Vorsätze als gebrochene Vorsätze
Welche Vorsätze Sie sich auch immer für das neue Jahr vornehmen. Regel Nummer eins: Abspecken. Weniger ist mehr. Nehmen Sie sich im Zweifelsfall nur eine einzige Sache vor. Diese aber setzen Sie dann konsequent um.
Und die gebrochenen Vorsätze des vergangenen Jahres? Verbuchen Sie sie als Kollateralschäden. Und sagen Sie sich: "Wurscht! Dann eben nicht..."
Jens-Uwe Meyer ist Mitglied der MeinungsMacher von manager-magazin.de. Trotzdem gibt diese Kolumne nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion des manager magazins wieder.