Lime, Circ in Berlin, Köln, Hamburg E-Scooter-Verleiher starten mit Warnhinweisen

E-Tretroller des Verleihers Lime vor dem Brandenburger Tor in Berlin
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E-Tretroller des Verleihers Lime vor dem Brandenburger Tor in Berlin
Foto: DPA"Speed is King" - diesem Motto bleiben zwei E-Scooter-Verleihfirmen treu. Erst seit vergangenem Wochenende sind Tretroller mit Elektromotor auf öffentlichen Straßen in Deutschland erlaubt: Die "Verordnung über die Teilnahme von Elektrokleinstfahrzeugen am Straßenverkehr" ist am 15. Juni in Kraft getreten.
Nur knapp danach haben die ersten Unternehmen den massenhaften Verleih von E-Scootern via App gestartet. Los ging es in der Hauptstadt Berlin. Dort fingen zwei Firmen bereits am Montag und Dienstag an, die sogenannten E-Scooter anzubieten: Das US-Unternehmen Lime und das Berliner Start-up Circ stellten Dutzende E-Tretroller auf die Straßen.
Seit dem heutigen Freitag können auch Hamburger und Kölner auf Lime-Elektrorollern lostreten, am Nachmittag will der Verleiher Voi in Berlin loslegen - und Circ will in den beiden Städten in den kommenden Tagen folgen. Laut der Lime-App sind die E-Roller in der Rhein- und der Elbmetropole noch eher im zentralen Innenstadtbereich zu finden. In Berlin sind die Roller nach wenigen Tagen schon ziemlich gleichmäßig über das Geschäftsgebiet verteilt.
Im Video: E-Tretroller im Test - Ist das die Zukunft der Mobilität?
Bei allen Verleihern gilt: Die Standorte der Tretroller werden auf einer Smartphone-App angezeigt, auch das Mieten und Bezahlen läuft über die App. Die Miete kostete bei den ersten Anbietern zunächst pauschal einen Euro Startgebühr pro Fahrt plus 15 Cent pro Minute.
Aus der öffentlichen Diskussion über die Sicherheit der zweirädrigen Gefährte haben beide Anbieter offenbar erste Lehren gezogen. Sowohl Lime als auch Circ raten ihren Nutzern bei der App-Anmeldung, die Roller nur mit Helm zu benutzen. Lime fordert Anmelder auf, den eigenen Nutzungsregeln zuzustimmen. Diese beinhalten auch die Aufforderung, nicht auf Bürgersteigen zu fahren, Verkehrsregeln einzuhalten, einen Helm zu tragen und beim Parken keine Fußwege zu blockieren.
Circ bietet vor der Leihe eines Scooters eine kurze Bedienungsanleitung beim Klick auf die Worte "Wie funktioniert's?" an. Darin fordert der Verleiher Nutzer auch auf, eigene Helme für die Fahrt mitzubringen, Bremsen und Lichter vor Fahrtantritt zu überprüfen und die Fahrradwege zu benutzen.
Mögliche Sanktionen oder Strafen bei Fehlverhalten listen beide Anbieter nicht auf, das dürfte eher Sache der Polizei als des Verleihers sein.
Lime will alleine in Berlin auf mehrere hundert E-Scooter kommen
In der Eile des Marktstarts unterliefen beiden Anbietern auch ein paar kleinere Rechtschreibfehler in der App - die dürften aber wohl mit dem nächsten Update behoben werden. Wichtiger ist für die Nutzer sicher, dass Leihe und Rückgabe problemlos funktionieren.
Lime will alleine in Berlin mehrere hundert Elektro-Tretroller anbieten, Circ will bis Ende dieser Woche auf rund 100 E-Scooter in der Hauptstadt kommen. Auch in anderen deutschen Städten soll der Verleih bald losgehen - und dürfte eine veritable E-Scooter-Welle in Deutschland lostreten.
In Großstädten in Spanien, Frankreich, Österreich, Belgien und Dänemark können diese Roller schon länger gemietet werden. Die Erfahrungen sind gemischt - es kam vereinzelt bereits zu Unfällen, teils auch tödlichen. Paris hat die Tretroller-Nutzung vorerst stark eingeschränkt. Unfallforscher warnen vor möglichen Gefahren bei der Benutzung.
Auch in den USA, wo der Tretroller-Hype begann, beschränken manche Städte bereits die Zahl der zum Verleih stehenden Roller oder entziehen Lizenzen. Ein Patentrezept für ein reibungsloses Nebeneinander von E-Scootern, Radfahrern und Motorrädern, Pkw und Lkw hat noch keine Kommune gefunden.
Der Anlauf war etwas länger als in anderen Ländern, aber jetzt ist die E-Scooter-Manie auch in Deutschland angekommen. Seit Mitte Juni gilt die Straßenzulassung der elektrisch angetriebenen Mini-Stehroller. Das Berliner Startup Flash von Seriengründer Lukasz Gadowski, noch kein Jahr alt und kurz vor dem Marktstart umbenannt in Circ, expandiert besonders aggressiv. Nach einem Modellversuch mit Sondergenehmigung in Herne kamen die Circ-Roller binnen Kürze nach Berlin, Hamburg und Köln. Ganze 80 deutsche Städte will die Firma versorgen.
Wie in anderen Ländern erprobt, ist das Verleihmodell der Sharing-Dienste einheitlich: meist ein Euro Grundgebühr plus 15 Cent pro Minute (in Deutschland haben manche Anbieter jedoch 20 Cent als Minutentarif gewählt). Tier, ebenfalls ein Berliner Startup, hofft ebenfalls auf Startvorteil auf dem Heimatmarkt. Die Roller mit der türkisen Stange sind bereits auf den Straßen von Frankfurt am Main, München, Berlin, Hamburg, Köln, Düsseldorf, Bonn und Münster unterwegs. Sowohl Flash/Circ als auch Tier hatten zuvor Erfahrungen im europäischen Ausland gesammelt.
Vorn auf der Welle sind zwei US-Firmen, beide erst 2017 gegründet, aber beide von Wagniskapitalgebern schon mit mehr als zwei Milliarden Dollar bewertet. Lime hat seine grünen Roller schon über mehr als 30 europäische Städte verteilt. In Berlin und Frankfurt testete die Firma den Markt mit Leihfahrrädern, bevor die E-Scooter legalisiert wurden. Auch Köln und Hamburg fanden die Amerikaner lukrativ genug für den schnellen Start.
Für den deutschen Markt mussten die Roller angepasst werden. Unter anderem ein Versicherungskennzeichen, Reflektoren, Licht und zwei unabhängige Bremsen sind vorgeschrieben. Helme nicht, obwohl die Anbieter zumeist zum Tragen raten. Mit den Kommunen haben sie in der Regel Vereinbarungen unterschrieben, um Chaos auf den Gehwegen und Unfallrisiken zu vermindern.
Bird hat auch schon mehr als 100 Städte abgedeckt, darunter 11 in Europa. Zum Deutschland-Start wurde im Frühjahr mit einem Feldversuch in Bamberg vorgefühlt - für den Markteintritt im großen Stil aber erst einmal der Konkurrenz den Vortritt gelassen. Die US-Pioniere haben in San Francisco, Paris und Co. heftige Konflikte und zeitweise Verbote hinter sich.
Als größter europäischer Anbieter sieht sich Voi aus Schweden, 2018 gegründet. Gründer Fredrik Hjelm betont den "besonderen skandinavischen Wachstums-Ansatz", erst in Dialog mit Kommunen zu treten, "damit wir nur in Märkte kommen, wo wir auch erwünscht sind". Voi fängt mit einer Kooperation in Lübeck an und lässt die Roller im Movie-Park Bottrop (abseits des öffentlichen Straßenverkehrs) fahren. Auch die Landesverkehrsminister durften Voi schon ausprobieren. Rund 30 deutsche Städte zielen die Schweden an, mussten aber erst einmal ein eigenes Modell für den hiesigen Markt entwerfen.
Aus Berlin stammt Wind, bislang mit selbst entwickelten Rollern in Städten wie Paris oder Wien unterwegs. In Berlin, Frankfurt und drei Ruhrgebiet-Städten bietet das Unternehmen Leihfahrräder unter der Marke Byke an. Ende Juni, Anfang Juli sollen auch die E-Scooter von Wind in deutsche Städte kommen - nach eigenen Angaben die ersten mit austauschbarem Akku.
Der Fahrdienstvermittler Uber, gerade mit 80 Milliarden Dollar Bewertung an die Börse gegangen, lässt sich auch das Geschäft mit der Mikromobilität nicht entgehen. Die Uber-Marke Jump, die wie hier in Brüssel oder auch in Berlin Leihfahrräder anbietet, expandiert nun in mehreren Städten auch mit E-Scootern. Vorrang hat hier aber zunächst der US-Markt.
Hive hat Erfahrung beispielsweise aus Paris, Athen, Lissabon, Warschau oder Wien (Bild). In Hamburg gibt es einen Feldversuch auf einem Forschungscampus mit 100 Scootern. In die deutschen Innenstädte werde man deutlich mehr Fahrzeuge bringen, lässt die Mutterfirma Mytaxi (künftig Freenow) wissen, die wiederum zum Daimler-Konzern gehört. Damit aber werde man sich Zeit lassen - in diesem Sommer wird es wohl noch nichts.
Ebenfalls mit Daimler-Kapital ausgestattet - und insgesamt mehr als eine Milliarde Euro wert, laut Gründer Markus Villig "ein guter Start" - ist das jüngst in Bolt umbenannte estnische Unternehmen Taxify. Die Firma deckt als Uber-Konkurrent auch etliche osteuropäische oder afrikanische Großstädte ab, setzt nun aber voll auf den Scooter-Boom in Europa unter der Marke Bolt - nicht zu verwechseln mit ...
... dem ebenfalls Bolt genannten Startup, an dem ein gewisser Usain Bolt beteiligt ist. Zum Start in Paris stellte sich der Sprintstar selbst auf das Gefährt. Ein Gericht entschied jedoch, dass er seinen Nachnamen nicht für die Marke nutzen dürfe. 20 europäische Städte will Bolt in Kürze erobern, die Vielzahl der bereits präsenten Wettbewerber schreckt ihn nicht. Allein in Paris musste die Stadtverwaltung jüngst zehn verschiedene Anbieter mit 15.000 Rollern für ihren Verhaltenskodex versammeln. In Madrid oder Lissabon herrscht ähnlich bunte Vielfalt - oder auch Chaos auf Geh- und Radwegen.
In gemächlicherem Tempo hat der Leiziger Gründer Ralf Kalupner den größten Fahrrad-Sharing-Dienst Deutschlands aufgebaut. Die E-Scooter-Welle sieht er skeptisch - will sie aber auch nicht an sich vorbeiziehen lassen. Nextbike werde "eigentlich aufs Fahrrad setzen, für die Leute, die lieber Scooter fahren, aber auch Scooter anbieten", kündigt Kalupner im manager-magazin-Podcast an.
Bird hat auch schon mehr als 100 Städte abgedeckt, darunter 11 in Europa. Zum Deutschland-Start wurde im Frühjahr mit einem Feldversuch in Bamberg vorgefühlt - für den Markteintritt im großen Stil aber erst einmal der Konkurrenz den Vortritt gelassen. Die US-Pioniere haben in San Francisco, Paris und Co. heftige Konflikte und zeitweise Verbote hinter sich.
Foto: Nicolas Armer/ DPAHive hat Erfahrung beispielsweise aus Paris, Athen, Lissabon, Warschau oder Wien (Bild). In Hamburg gibt es einen Feldversuch auf einem Forschungscampus mit 100 Scootern. In die deutschen Innenstädte werde man deutlich mehr Fahrzeuge bringen, lässt die Mutterfirma Mytaxi (künftig Freenow) wissen, die wiederum zum Daimler-Konzern gehört. Damit aber werde man sich Zeit lassen - in diesem Sommer wird es wohl noch nichts.
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