DIHK-Präsident Eric Schweitzer: "Im Reise- und Gastgewerbe melden sogar 40 Prozent der überwiegend mittelständisch geprägten Betriebe akute Pleitegefahr"
Foto: Sven Hoppe/ picture alliance / dpaMehr als jeder zehnte Mittelständler ist nach Angaben des DIHK durch die Corona-Krise von einer Pleite bedroht. "Besorgniserregend ist dabei nicht nur die absolute Zahl der befürchteten Pleiten, sondern die rasante Zunahme der konkreten Insolvenzsorgen innerhalb von nicht einmal drei Wochen", sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer am Montag.
"Umso wichtiger ist es, zügig die noch vorhandenen Lücken im Corona-Gesamtpaket zu schließen", fügte er mit Blick auf die Hilfen der Bundesregierung hinzu. Die Insolvenzsorgen beträfen insbesondere mittelständische Unternehmen, sagte Schweitzer mit Verweis auf eine noch unveröffentlichte Sonderauswertung einer DIHK-Umfrage unter insgesamt 15.000 Unternehmen. Im Reise- und Gastgewerbe meldeten sogar 40 Prozent der überwiegend mittelständisch geprägten Betriebe akute Pleitegefahr.
"Das Soforthilfe-Programm muss jetzt sitzen", forderte Schweitzer. Nötig seien eine schnelle Entscheidung und ein unbürokratisches Verfahren. Der DIHK-Präsident warnte vor einer Kreditklemme. Die Erfahrungen der Mittelständler aus Krisengesprächen mit ihrer Bank seien ernüchternd. "Meine Befürchtung ist, dass trotz der 80 beziehungsweise 90 Prozent Bürgschaft durch den Staat viele Unternehmen wegen der Krise durch die sogenannte bankübliche Prüfung fallen." Denn bei einem Shutdown mit vollständigem Umsatzverlust gebe es nach herkömmlicher Prüfung keine Kreditwürdigkeit - "und das gilt selbst dann, wenn das Unternehmen eigentlich kerngesund ist".
"Die bisherigen Erleichterungen durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im Hinblick auf Bonitätsanforderung und Liquiditätsprüfung reichen gerade bei von der Krise besonders betroffenen Unternehmen nicht aus." Der DIHK hatte zuvor eine vollständige Übernahme der Kreditrisiken durch den Bund gefordert. Bereits vergangene Woche hatte der DIHK gewarnt, dass vier von fünf deutschen Unternehmen wegen der Corona-Krise 2020 mit einem Umsatzrückgang rechneten.
Die chinesische Industriemetropole Wuhan ist Ground Zero der Corona-Krise. Die Seuche brach dort schon im Dezember 2019 aus. Nach anfänglichem Vertuschen besann sich die Führung am 23. Januar, als gut 300 tägliche Neuinfektionen bekannt waren, zum bisher radikalsten Durchgriff: Von Wuhan aus wurden etliche Metropolen komplett unter Quarantäne gestellt, binnen Tagen provisorische Notkrankenhäuser gebaut (Bild), die Wirtschaft weitgehend lahmgelegt.
Trotzdem brach die medizinische Versorgung zeitweise zusammen, was die Todesrate hochtrieb, und die Seuche breitete sich global aus. Im März jedoch konnte China nach mehr als 80.000 Fällen eine spürbare Erholung melden und mit der Rückkehr zur Normalität beginnen.
Seit Ende Februar ist Italien das wichtigste Zentrum der Pandemie, mit der höchsten Infektionsrate weltweit. In der Lombardei rund um Mailand ist die Todesrate ähnlich hoch wie in Wuhan, weil die Kapazitäten der Akutkliniken nicht mehr reichen. Am 10. März wurde ein Lockdown für das ganze Land verkündet, um die Ausbreitung des Virus zu bremsen - ein bis dahin beispielloser Schritt. Mit einem Rettungsschirm von 400 Milliarden Euro will Italien eine Pleitewelle abwenden, der wirtschaftliche Schaden dürfte dennoch verheerend in dem ohnehin seit Jahren gebeutelten Land sein.
Südkorea zählt zu den asiatischen Ländern, die wegen der Nähe zu China früh betroffen, aus Erfahrung mit anderen Pandemien wie Sars oder Mers aber auch gut vorbereitet waren. Korea hat im Februar mit Abstand am meisten Verdachtsfälle auf das Virus getestet - auch in mehreren solcher Drive-In-Stationen - und die Infizierten schnell isoliert. Die Bettenkapazität in Intensivstationen ist ebenfalls internationaler Bestwert.
Wegen eines einzelnen den Kontrollen entwischten "Superspreaders" hat das Land trotzdem eine der höchsten Fallzahlen, verzeichnet seit Anfang März aber Besserung. Korea hofft, mit verlängerten Schulferien und einem riesigen Konjunkturprogramm durch die Krise zu kommen, ohne die Wirtschaft abzuwürgen.
Der von Sanktionen geschwächte Iran wirkt von Corona heillos überfordert. Sogar Zehntausende Gefangene mussten entlassen werden. Die offizielle Covid-19-Fallzahl überstieg am 13. März 10.000 - und es wird von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen. Der öffentliche Dienst einschließlich Krankenhäusern läuft in getrennten Schichten, landesweit wird getestet und desinfiziert, so wie hier am schiitischen Fatima-Masumeh-Schrein in Qom.
Zur wichtigsten Maßnahme konnte sich die Staatsführung gegen den Klerus aber lange nicht durchringen: die Pilgerreisen wie etwa nach Qom zu stoppen. In etlichen Ländern der Region werden eigene Corona-Ausbrüche auf Iran-Rückkehrer zurückgeführt.
Zumindest in dieser Hinsicht ließ der Erzrivale Saudi-Arabien mehr Vernunft walten. Die ganzjährige Pilgerfahrt Umrah nach Mekka wurde Anfang März unterbunden. Das Land, wo auch das 2012 ausgebrochene Mers-Coronavirus noch immer umgeht, meldet bislang vergleichsweise wenige Covid-Infektionen.
Jedoch sorgte das Regime dafür, den Schock für die Weltwirtschaft zu maximieren: Nach einem Streit mit Russland um die richtige Reaktion auf die Corona-bedingte Nachfrageschwäche flutet der Staatskonzern Saudi Aramco den Ölmarkt, was den historischen Preissturz um ein Drittel und damit womöglich eine globale Deflation auslöste.
Japan zählt zu den wenigen Ländern, in denen das Virus sich deutlich langsamer ausbreitet als mit dem üblichen Tempo von einem Drittel mehr Infektionen pro Tag. Nach der gescheiterten Quarantäne des Kreuzfahrtschiffs "Diamond Princess" (das dadurch erst recht zum Seuchenschiff wurde) ließ die Regierung frühzeitig Schulen schließen und forderte Firmen zu generellem Homeoffice auf. Die soziale Norm zum Abstandhalten und Tragen von Masken setzt sich weithin durch. Allerdings gibt es Zweifel, ob wegen der extrem wenigen Tests nicht einfach ein Großteil der Fälle übersehen wird. Erst spät wurden die Olympischen Sommerspiele in Tokio verschoben - und Anfang April angesichts steigender Fallzahlen doch noch der Notstand verkündet.
Noch größer ist die Unsicherheit in den USA, wo in der Anfangsphase kaum getestet wurde und erste Ausbrüche wie in Seattle auf eine hohe Dunkelziffer schließen ließen. Präsident Donald Trump, der die Seuche noch weit bis in den März hinein herunterspielte und mit dem Reisebann für Europäer als ausländisches Problem darzustellen suchte, schwankt in der Strategie hin und her. Mal zwingt er Autokonzerne mit Kriegsrecht, schneller Schutzmasken herzustellen, mal räsoniert er über einen schnellen Abbruch des gerade erst in Landesteilen begonnenen Lockdown.
Führend gegen die Krise sind die USA aber mit der Forschung an Corona-Impfstoffen und -Medizin, dem frühen Wechsel besonders von Tech-Konzernen zum Homeoffice und dem finanziellen Einsatz von Staat und Federal Reserve.
Deutschland nimmt in Europa eine mittlere Position ein, was die Einschränkung des öffentlichen Lebens ab Mitte März angeht. Der Föderalismus sorgt für manche von Land zu Land uneinheitliche Regel. Beispiellos großzügig aber ist der Schutzschirm für Firmen geraten. Dafür wurde mal eben die Schuldenbremse ausgesetzt und ein Nachtragshaushalt mit Rekorddefizit beschlossen - unter Leitung von Kanzlerin Angela Merkel aus dem Homeoffice. Auch im Ausbau von Kapazitäten in den Krankenhäusern und dem Durchführen von Tests hat sich Deutschland an die Spitze gesetzt.
In anderen europäischen Ländern wie Spanien ging der Wechsel in den Lockdown noch etwas schneller und radikaler. Am 14. März verhängte Ministerpräsident Pedro Sanchez, dessen eigene Frau positiv auf das Virus getestet wurde, den Alarmzustand mit landesweiter Ausgangssperre. Wirtschaftspolitisch geht das Land, das Anfang April Italien mit den meisten Corona-Fällen in Europa überholte, einen Sonderweg: Die Regierung plant ein bedingungsloses Grundeinkommen als Sicherheitsnetz für arbeitslose Spanier.
Frankreich, dessen Präsident Emmanuel Macron zuvor noch Durchhalteparolen ausgab und das öffentliche Leben nicht einschränken wollte, schloss dann doch landesweit alle nicht für die Versorgung notwendigen Geschäfte. Am 16. März folgte auch hier eine Ausgangssperre - und Macron sprach von "Krieg". Der Staat garantiert 300 Milliarden Euro an Unternehmensanleihen. Rechnungen für Miete, Strom, Gas oder Wasser werden ausgesetzt.
Als erstes Land, das eine Lockerung der strengen Regeln verkündete, positionierte sich Österreich. Bundeskanzler Sebastian Kurz sprach am 6. April sogar von einer "Auferstehung nach Ostern" - auch die Öffnung von Geschäften, Betrieben und Schulen sich schrittweise und kontrolliert bis Mitte Mai hinziehen solle. Das Signal für den Exit fand schnell Nachahmer. Am selben Tag erklärte Dänemark, Kindergärten und Grundschulen ab dem 15. April zu öffnen. Italien, Spanien und Norwegen stellten eine Lockerung ebenfalls in Aussicht.
Großbritannien wählte zunächst eine radikal andere Strategie. Dort waren auch am 15. März noch Sportveranstaltungen wie dieser Halbmarathon in Liverpool möglich, weil die Regierung auf Experten vertraute, die von sanftem "Nudging" zu sozialer Distanz sprachen. "Take it on the chin", sagte Premier Boris Johnson - der am 27. März selbst erkrankte. Zu der Zeit waren Schulen und Betriebe dann doch auch auf der Insel geschlossen, aber die Todesrate längst eine der höchsten weltweit.
Nur noch wenige Länder in Europa verweigerten sich auch Ende März noch dem Lockdown. Die Niederlande gehören dazu. Premier Mark Rutte (rechts, im Ellbogencheck mit Gesundheitsminister Bruno Bruins, der wegen Erschöpfung zurücktrat) sprach sogar offiziell von "Herdenimmunität" als Ziel: Weil sowieso früher oder später die meisten infiziert würden, solle das lieber schnell geschehen, damit spätere Wellen nicht so schlimm ausfallen. Dennoch schlossen auch die Niederlande zuletzt ihre Schulen und erließen eine Kontaktsperre in der Öffentlichkeit.
Nur Schweden setzt auch im April noch komplett auf freiwillige Distanz der Bürger - doch nicht alle befolgten den Appell des Königs, wie dieses Bild aus Malmö in der Frühlingssonne am 5. April zeigt. Der Ansatz, ausschließlich Risikogruppen zu isolieren, wird im In- und Ausland heftig kritisiert - aber die von Weisungen der Regierung unabhängige Gesundheitsbehörde gibt sich unbeirrt.
In Brasilien bestreitet die Bundesregierung die Gefahr durch Covid-19. Präsident Jair Bolsonaro, in dessen direktem Umfeld mehrere Corona-Fälle auftauchten, stachelt seine Anhänger unter dem Motto "Brasilien darf nicht anhalten" zum Protest gegen die von Bundesstaaten und Metropolen sicherheitshalber verhängten Ausgangssperren auf. Laut Berichten von Krankenhausärzten werden selbst todkranke Patienten nicht auf die Krankheit getestet. So bleiben die offiziellen Fallzahlen gering.
Die Schweiz beschloss schon Ende Februar, Veranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern pauschal zu verbieten. Neben der Baseler Fastnacht traf das auch den Genfer Autosalon, der als eine der wichtigsten Branchenmessen kurz darauf hätte beginnen sollen.
Polen und andere osteuropäische Länder, die bislang wenige Infektionen verzeichnen mussten, versuchten die Krankheit ab Anfang März mit Grenzkontrollen einzudämmen. Auch das deutlich stärker betroffene Dänemark und am 15. März schließlich auch Deutschland schlossen sich an.
In Chinas Nachbarschaft gibt es eine Reihe von Staaten, die ähnlich rigoros gegen die Pandemie vorgehen wie Südkorea - und dazu noch bislang vergleichsweise wenige Infektionen verzeichnen. Hongkong hatte im Februar zeitweise mehr als 12.000 Patienten mit Corona-Verdacht unter individueller Quarantäne - und schaffte es so wahrscheinlich, eine stärkere Ausbreitung zu vermeiden. Wirtschaftspolitisch ragt Hongkong als erster Staat mit Helikoptergeld heraus: Ende Februar spendierte die Zentralbank jedem Erwachsenen 10.000 Hongkong-Dollar (gut 1000 Euro).
Singapur begann sich schon Anfang Januar zu wappnen und sorgte schnell für Transparenz -nicht nur durch Testlabore, sondern auch eine eigene Corona-Website und eine Reihe neuer Tech-Firmen. Die Regierung garantierte von Anfang an kostenlosen Zugang zur nötigen Schutzausrüstung wie Atemmasken und verhinderte so Hamsterkäufe. Ausdrücklich entschied sich der Stadtstaat zunächst gegen internationale Abschottung. Sogar die Passagiere des anderswo abgewiesenen Kreuzfahrtschiffs "Costa Fortuna" durften hier an Land - alle gesund. Am 13. März erließ Singapur dann allerdings ein Einreiseverbot für Menschen aus Krisenherden, unter anderem auch aus Deutschland.
Weniger als 100 Corona-Fälle, die meisten davon wieder genesen, verzeichnete Taiwan bis Mitte März. Der Inselstaat sorgte im Januar mit einem Exportverbot und anschließender Rationierung von Atemmasken für Aufsehen. Auffällig ist der Unterschied zur Sars-Krise von 2002-03. Damals traf es Taiwan am härtesten, auch weil der Staat schlecht vorbereitet war. Wegen des diplomatischen Streits mit China blieb Taiwan bei Informationen der Weltgesundheitsorganisation außen vor.
Frankreich, dessen Präsident Emmanuel Macron zuvor noch Durchhalteparolen ausgab und das öffentliche Leben nicht einschränken wollte, schloss dann doch landesweit alle nicht für die Versorgung notwendigen Geschäfte. Am 16. März folgte auch hier eine Ausgangssperre - und Macron sprach von "Krieg". Der Staat garantiert 300 Milliarden Euro an Unternehmensanleihen. Rechnungen für Miete, Strom, Gas oder Wasser werden ausgesetzt.
Foto: Stefano Rellandini / AFPIn Brasilien bestreitet die Bundesregierung die Gefahr durch Covid-19. Präsident Jair Bolsonaro, in dessen direktem Umfeld mehrere Corona-Fälle auftauchten, stachelt seine Anhänger unter dem Motto "Brasilien darf nicht anhalten" zum Protest gegen die von Bundesstaaten und Metropolen sicherheitshalber verhängten Ausgangssperren auf. Laut Berichten von Krankenhausärzten werden selbst todkranke Patienten nicht auf die Krankheit getestet. So bleiben die offiziellen Fallzahlen gering.
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