

Eins eint alle Top 100: Ein deutlicher Vorsprung vor der Mehrzahl der Mittelstandsunternehmen in Deutschland. Die ausgezeichneten Unternehmen strotzen nur so vor Einfallsreichtum und Kreativität. Mit Neuheiten und Produktverbesserungen aus den vergangenen drei Jahren erwirtschaften sie fast 40 Prozent ihres aktuellen Umsatzes, gegenüber durchschnittlich sieben Prozent im Mittelstandsdurchschnitt. Die Top 100 sind außerdem besonders effizient: Durch Verbesserungen ihrer Prozesse sparten sie 2015 rund acht Prozent ihrer Gesamtkosten ein (KMU generell: 2,5 Prozent).
Um in ihrer Branche ganz vorne mit dabei zu sein, investieren die Top 100 im Schnitt fast zehn Prozent ihres Budgets in ihre Innovationsfähigkeit. In der Gruppe aller KMU sind es nicht mehr als 1,6 Prozent. Die Strategie zahlt sich aus: 39 Prozent sind nationale Marktführer, jedes zehnte Unternehmen ist sogar Weltmarktführer. Von 2013 bis 2015 sind sie um 20 Prozentpunkte schneller gewachsen als der jeweilige Branchendurchschnitt. Auch die Zahl der Mitarbeiter soll in den nächsten drei Jahren um zehn Prozent zulegen.
Die Wettbewerbsergebnisse zeigen: Einfache "Kochrezepte" für Innovativität gibt es nicht. Sinnvoll ist es, Mitarbeiter zu Mitunternehmern zu machen. Auch die Einbeziehung von Kunden und Lieferanten zahlt auf die Innovationsfähigkeit ein und ist bei den Top 100 mittlerweile Standard.
Die Top 100 sind gut unterwegs, doch sie sehen nicht alles rosig. Die Digitalisierung und daraus entstehende radikal andere Geschäftsmodelle empfinden auch die Mittelstandschampions als größte unternehmerische Herausforderung dieser Tage. Gewinnen lässt sich nur, wenn der Unternehmensführung ein "Management des Widerstands" gelingt, den der psychologisch verunsichernde Wandel zwangsläufig mit sich bringt, sagt Nikolaus Franke, wissenschaftlicher Leiter von Top 100 und Direktor des Instituts für Entrepreneurship und Innovation der Wirtschaftsuniversität Wien.
"Das Management dieses Widerstands ist die Aufgabe, bei der die Unterschiede zwischen den Top 100 und 'normalen' Unternehmen am stärksten hervortreten", so Franke. "Während die erfolgreichen Innovationsführer Wege gefunden haben, wie man mit dem Widerstand umgehen kann, haben die durchschnittlichen Unternehmen hier ihre größte Schwäche." Als durchaus hohe Hürde bezeichnen die Top 100 auch den praktischen Umbau ihrer Unternehmen zu mehr Flexibilität und Anpassungsfähigkeit.
Dass die digitale Disruption eine enorme Herausforderung ist, wissen die meisten KMU inzwischen - der intellektuelle Vorsprung der Top 100 ist in diesem Punkt gering. Doch es kommt eben aufs "Tun" an. Von den Top 100 zu lernen, heißt "unternehmerisches Denken und Handeln der Mitarbeiter auf allen Ebenen zu stärken", so Studienautor Franke. "Hierzu gehören Anreize, Transparenz, Vertrauen und eine Führung, die die genannten Eigenschaften aktiv vorlebt."
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Peter Huber Kältemaschinenbau
(Gesamtsieger in der Größenklasse über 200 Mitarbeiter)
Die Offenburger entwickeln und produzieren hochpräzise Temperiersysteme, die bei Stresstests an Bauteilen und bei Materialprüfungen eingesetzt werden. Das Unternehmen hat sich in seinem Segment als weltweiter Technologieführer etabliert. Mit einer Kombination aus Thermodynamik und Mikroelektronik gelingt es Huber, die weltweit kleinsten und präzisesten Kältethermostate zu entwickeln. Rund 90 Prozent seines Umsatzes erzielt der Innovator mit Marktneuheiten und innovativen Verbesserungen.
Duisburger Werkstatt für Menschen mit Behinderung
Vier Werkstätten, zwei Restaurants, eine Fahrradwerkstatt und eine Ladengalerie: die Duisburger Werkstatt für Menschen mit Behinderung zeigt Präsenz in ihrer Stadt. Mit 1303 Mitarbeitern betreibt die Werkstatt sogar ein eigenes Modelabel unter dem Namen "esthétique". Die Gestaltung liegt in den Händen von Designern mit und ohne Behinderung. Das Label kommt sogar bei Hipstern an: "esthétique"-Klamotten gibt es inzwischen auch in den Szenestadtteilen Berlin-Kreuzberg und -Friedrichshain zu kaufen, genauso wie in Hamburg auf St. Pauli und im Karo-Viertel.
SBS-Feintechnik
Seit 160 Jahren bringt das Familienunternehmen aus Schonach Dinge zum Laufen zunächst Kuckucksuhren, heute Fahrradschaltungen, Mahlwerke von Kaffeemaschinen, Medizintechnikgeräte, Rollstühle, Garagentore oder auch den Soundklappen in Abgassystemen. Geschäftsführer Thomas Burger (im Bild mit seiner Frau Silke Burger), Chef in fünfter Generation, expandierte stark. Inzwischen gehören neben der SBS-Feintechnik mit ihren Komponenten
aus Kunststoff und Metall sechs weitere Firmen zur badischen Unternehmensgruppe, die 60 Prozent ihres Umsatzes mit Marktneuheiten und innovativen Verbesserungen erzielt und bereits zum neunten Mal den Sprung in die Top 100 schaffte.
Mercedes-AMG
Die Sportwagen- und Performance-Marke Mercedes-AMG aus Affalterbach zeigt sich im 50. Lebensjahr hochdynamisch. 2016 wurden 100.000 Fahrzeuge ausgeliefert und über 40 Prozent Wachstum erzielt. Die GT Baureihe und der SLS wurden komplett in Eigenregie entwickelt. Das Design des neuen Mercedes-AMG GT R basiert auf einer gewichtsoptimierten Karosserie, etliche Bauteile wurden durch den besonders leichten und zugleich festen Motorsport-Werkstoff Carbon ersetzt. Bei den Radfang-Streben setzt AMG auf ein Komposit-Material, das leicht und verformbar ist und die Sicherheit bei Unfällen erhöht.
Schüco International
Die mit dem TOP 100-Siegel ausgezeichnete Schüco International ist ein führender Anbieter von Fenster-, Türen- und Fassadensystemen aus Aluminium, Kunststoff und Stahl. Dass auch nach mehr als 60 Jahren noch Ideen sprudeln, liegt nicht zuletzt am Technologiezentrum der Bielefelder, dem größten Indoor-Fassadenprüfstand Europas mit 7.800 Quadratmetern. Das Familienunternehmen ist mit weltweit 4.700 Beschäftigten und 12.000 Partnern in mehr als 80 Ländern unterwegs und hält rund 500 Länderpatente.
NanoTemper
(Gesamtsieger in der Größenklasse 50 bis 200 Mitarbeiter)
NanoTemper entwickelt und produziert mit 125 Beschäftigten biophysikalische Labormessgeräte für Grundlagenforschung und Wirkstoffentwicklung. Die wegweisende Technologie der Münchener (im Bild die Geschäftsführer Philipp Baaske und Stefan Duhr (rechts)) verkürzt den Aufwand radikal. Tests zur Bestimmung biomolekularer Eigenschaften dauern im Schnitt nur noch 1,5 statt 144 Stunden, der Materialverbrauch reduziert sich auf ein Vierzigstel. Pharmafirmen können in einer frühen Phase etwa drei Monate Entwicklungszeit einsparen. Das 2008 gegründete Unternehmen wächst seit dem ersten Produktverkauf in 2010 jährlich mit 60 Prozent.
Werner Maschinenbau
Werner Maschinenbau GmbH prägt den Automobilbau und zwar im Wortsinn: Fast alle namhaften Autohersteller arbeiten mit den Beschriftungsanlagen des Unternehmens aus Wolfhagen, um Fahrgestellnummern in Neufahrzeuge zu prägen. Die Nordhessen setzen auf Lasertechnologie. Die Prägung ist tiefer als beim herkömmlichen Ritzen, es geht schneller und der Roboter muss nicht bei jedem Karosseriewechsel umgerüstet werden. Werner Maschinenbau gilt als Weltmarktführer auf seinem Gebiet, mit einem geschätzten Entwicklungsvorsprung auf die Konkurrenz von sechs Jahren. Die Firma ist zum vierten Mal unter den Top 100 vertreten.
Syntellix
(Gesamtsieger in der Größenklasse bis 50 Mitarbeiter)
Als weltweit erstem Unternehmen ist es der 2008 gegründeten Syntellix aus Hannover gelungen, eine Knochenschraube auf Metallbasis (Magnesiumlegierung) zu entwickeln, die sich nach der Ausheilung kontrolliert im Körper auflöst. Bis Ende 2017 werden rund 70.000 Implantate in 45 Ländern eingesetzt sein. Materialmischung und Herstellungsprozess sind für Wettbewerber schwer zu imitieren. Die Erfindung entlastet Patienten vom bislang üblichen zweiten Eingriff zur Entfernung herkömmlicher Metallschrauben und spart das Gesundheitssystem Kosten.
TGA Rohrinnensanierung
Mit einer genialen Idee zur Sanierung verstopfter Fußbodenheizungen ist die Firma aus Fürth innerhalb von sieben Jahren zum deutschen Marktführer aufgestiegen. TGA bringt eine spezielle Beschichtung per Luftstrom ins gereinigte Rohr und presst sie durch ein kugelförmiges Werkzeug nahtlos an die Wände. Nach dem Aushärten ist das Rohr so sauerstoffdicht wie ein neues. Der Konkurrenz sind Unternehmensgründer Karim Kudsi (im Bild rechts) und seine 21 Mitarbeiter nach eigener Einschätzung fünf Jahre voraus. Der Chef beschäftigt sich 70 Prozent seiner Arbeitszeit mit Innovationen. Derzeit tüftelt TGA an einer schadstofffreien Innenbeschichtung für Trinkwasserrohre.
INSA-CONSULERE
Das Markt- und Sozialforschungsinstitut aus Erfurt kombiniert quantitative und qualitative Befragungsmethoden. Die neue Methode bietet zahlreiche frische Ansätze zum Beispiel in der Politik, wenn es darum geht, die Gründe zu identifizieren, warum Menschen nicht wählen gehen. Die Mitarbeiter von Geschäftsführer Hermann Binkert (im Bild) führen pro Monat rund 5.000 telefonische und 10.000 Online-Interviews durch. Um die Konzentration zu gewährleisten und Stress zu reduzieren, wurde eigens die Wohlfühloase eINS A geschaffen. Alle Mitarbeiter sind festangestellt und werden erfolgsunabhängig vergütet eine Rarität in der Branche.