Mögliche Staatsbeteiligung bei der Lufthansa Ende der Tabus

Auf dem Frankfurter Flughafen geparkte Lufthansa-Flugzeuge
Foto: Michael Probst / APLufthansa-Manager glänzten in der Vergangenheit selten durch spontane Einigkeit. Selbst banale Fragen der Kabinenausstattung sorgten für langwierigen Disput. Ein Glaubenssatz indes einte sie immer: Nie wieder soll die Lufthansa ein Staatsbetrieb werden! Tatsächlich war die vollständige Privatisierung der ehemals bundeseigenen Nationallinie ein Segen für das Unternehmen. Nur so konnte es zum größten Luftfahrtkonzern der Welt aufsteigen und meist beachtliche Gewinne einfahren.
Jetzt aber verhandelt Lufthansa-Chef Carsten Spohr mit Bundesvertretern über Hilfsgelder, und plötzlich taucht doch das Unwort auf: Staatsbeteiligung. Akut nötig hat die Lufthansa sie wohl nicht. Sie verfügt dank guten Wirtschaftens über ein finanzielles Polster, bei Bedarf ergänzt um mögliche Staatshilfen, die auch ohne Beteiligung zu haben sein müssten. Und doch ist nicht ausgeschlossen, dass der Bund mit dem Segen des Managements wieder einsteigt.
Denn zum einen wird mit jedem Tag der Pandemie deutlicher, dass auch die krisenerfahrenen Fluglinien niemals etwas Vergleichbares erlebt haben und auf Jahre gebeutelt sein werden. Zum anderen scheint die taktische Sicht der Lufthansa-Spitze sich zu ändern. Wenn andere, schwächere Airlines jetzt ungeniert den Schutz ihres Heimatstaats in Anspruch nehmen (Alitalia wurde schon im Handstreich verstaatlicht), die Lufthansa aber stolz ihre Reserven verbrennt, gewinnen am Ende genau die Falschen. Neue Zeiten erfordern eben neues Denken.
Das gilt auch für das Innenverhältnis. Nach Jahren der vermeintlichen Harmonie geht es wieder ruppiger zu zwischen der Führung und der streitbaren Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit. Weil die Gewerkschafter bei der Ausgestaltung der Kurzarbeit bei der Tochter Germanwings nicht so mitzogen wie gewünscht, stellte die Lufthansa-Spitze öffentlich den Fortbestand von Germanwings in Frage. Die Piloten antworteten patzig. "Lufthansa-Vorstand wirkt konzeptlos und überfordert", rüpelten sie per Pressemitteilung.
Das Scharmützel dürfte nur ein Vorgeschmack der neuen Zeit sein. Konzernpilot Spohr macht intern bereits deutlich, dass es in und nach der Krise nicht so weitergehen kann wie zuvor. Kenner erwarten, dass er auf Sicht mit ungewohnter Radikalität viele Schwachstellen des Unternehmens angehen wird. Dazu zählt etwa die nach wie vor überkomplizierte Struktur des Konzerns mit Nebenzentralen in Wien, Zürich und Brüssel und vielen konkurrierenden Zuständigkeiten. Die Coronakrise ist für ihn offenbar Grund und Anlass genug, mit Tabus zu brechen.