

Hamburg - Wer in Großbritannien mit dem Zug fährt, spürt oft, dass er im Mutterland der Eisenbahn unterwegs ist. Noch immer bilden Streckenverläufe aus dem 19. Jahrhundert das Rückgrat des Schienennetzes. Häufig geht es deshalb nur in mäßigem Tempo voran. Mit Ausnahme der Verbindung zum Kanaltunnel fahren die Züge auch auf den Hauptrouten nicht schneller als 200 Stundenkilometer.
Doch diesen Wert wollen die Briten nun verdoppeln - und machen ernst mit einem eigenen, bis zu 400 Stundenkilometer schnellen Hochgeschwindigkeitszug namens HS2. Bis zur Mitte des nächsten Jahrzehnts soll der erste Abschnitt zwischen London und Birmingham bereits fertig sein - samt einer ersten Erweiterung nach Norden, wie Schatzkanzler George Osborne gerade bestätigt hat.
Dann soll die Fahrt von London nach Glasgow nur noch zweieinhalb Stunden dauern. Derzeit benötigen Zugpassagiere für die Fahrt auf der 700-Kilometer-Strecke mindestens vier Stunden.
Das 60-Milliarden-Euro-Projekt ist in Großbritannien allerdings noch immer hoch umstritten. Die Trasse führt durch die ländlichen Hochburgen der regierenden Konservativen. Entlang der geplanten Strecke haben sich zahlreiche Bürgerinitiativen gegen das Vorhaben gebildet.
Eine Sorge hat die Regierung den oft europakritischen Eisenbahnrebellen inzwischen allerdings genommen. Eine Direktverbindung von Schottland bis auf den Kontinent - an London vorbei - wird es nach jüngsten Planungen nicht geben.
Studie für den HS2: Wer die Züge baut, ist noch unklar. Zunächst muss London grünes Licht für den Bau der Hochgeschwindigkeitsstrecke geben. Für das Projekt sind Kosten in Höhe von 60 Milliarden Euro veranschlagt.
Die Züge sollen von London aus den Norden des Landes erschließen. Die Hauptstrecke führt von London über Birmingham und Manchester nach Glasgow. Die 700-Kilometer-Fahrt würde nur noch zweieinhalb Stunden dauern. Über Zubringer könnten auch abseits gelegene Städte wie Leeds oder Edinburgh von kürzeren Reisezeiten profitieren.
Starten sollen die Züge in London am Bahnhof Euston, der erweitert werden müsste. Er liegt nur wenige Meter von der Station St Pancras entfernt, wo die Züge vom europäischen Festland ankommen.
Im Norden Londons soll die Old Oak Common Station die Schnellfahrtrasse mit anderen Strecken verbinden.
Auf seinem Weg nach Norden schneidet sich der Zug durch die Landschaft Englands, so wie hier auf einem Viadukt über das Colne Valley.
Ähnlich wie der ICE legt der HS2 einen Gutteil seines Weges aufgeständert zurück.
In der ersten Phase soll die Strecke bis kurz hinter Birmingham ausgebaut werden. Auch der dortige Bahnhof würde modernisiert werden.
Gleiches gilt für die Piccadilly Station in Manchester.
Die Aussicht auf den Superzug empfinden viele Bewohner in den Gebieten entlang der geplanten Strecke jedoch als bedrückend. Landauf, landab formiert sich Protest.
Die Sorge der Briten um ihre Landschaft ist legendär: Auch als im 19. Jahrhundert die ersten Eisenbahnstrecken gebaut wurden, gab es Widerstand. Doch schließlich setzte sich der Fortschritt auf breiter Front durch.
Das Projekt genießt in der britischen Regierung hohe Priorität (im Bild: Premierminister David Cameron).
Schließlich ist Großbritannien bisher europaweit ein Nachzügler in Sachen Hochgeschwindigkeitszüge. Lediglich von London zum Kanaltunnel (und von dort nach Paris und Brüssel) gibt es eine Schnellfahrstrecke.