Börsen-Fusion auf Augenhöhe Jetzt entscheiden die Aktionäre über die neue Superbörse

Fusion auf Augenhöhe: Die Börse in London (Bild) und die Deutsche Börse sind sich über wichtige Fragen der angestrebten Fusion einig
Foto: Andy Rain/ dpa
Fusion auf Augenhöhe: Die Börse in London (Bild) und die Deutsche Börse sind sich über wichtige Fragen der angestrebten Fusion einig
Foto: Andy Rain/ dpaDie Börsen in Frankfurt und London drücken bei ihrem geplanten Zusammenschluss aufs Tempo. Die Deutsche Börse und die London Stock Exchange (LSE) einigten sich auf einen Zusammenschluss auf Augenhöhe, wie beide Unternehmen am Mittwoch in einer gemeinsamen Erklärung mitteilten. Nun müssen Aktionäre und Aufseher entscheiden.
Die beiden Unternehmen äußerten sich überzeugt, dass der Zusammenschluss beide Seiten stärken werde und die Chance biete, "einen führenden europäischen Anbieter für globale Marktinfrastruktur zu schaffen". Die Konzerne erwarten von dem Zusammenschluss Kosteneinsparungen von jährlich 450 Millionen Euro.
Kengeter soll Superbörse leiten , Umtauschverhältnis geklärt
Die neue europäische Superbörse soll ihren rechtlichen Sitz in London und Hauptsitze in der britischen Hauptstadt sowie in Frankfurt haben. Deutsche-Börse-Chef Carsten Kengeter, der den Dax-Konzern erst seit Juni führt, soll das Gemeinschaftsunternehmen leiten.
LSE-Verwaltungsratschef Donald Brydon wird nach den Plänen diesen Posten auch im fusionierten Unternehmen übernehmen. Als sein Stellvertreter ist der derzeitige Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Börse, Joachim Faber, vorgesehen.
Angestrebt ist, dass nach dem Umtausch der Aktien die Anteilseigner der Deutschen Börse mit 54,4 Prozent eine Mehrheit an der fusionierten Börse halten. Die LSE-Aktionäre sollen 45,6 Prozent des Grundkapitals der britischen Holdingsgesellschaft "UK TopCo" halten.
Börsen werben mit Kostensynergien
"Mit dem Zusammenschluss schaffen wir einen weltweit wettbewerbsfähigen Anbieter", erklärte Kengeter. "Aktionäre werden durch beschleunigtes Unternehmenswachstum und die Realisierung von Kosten- und Umsatzsynergien von diesem wertschaffenden Zusammenschluss profitieren." Der seit sieben Jahren amtierende LSE-Chef Xavier Rolet, der im Falle eines erfolgreichen Deals ausscheiden wird, bekräftigte: "Wir erhöhen den Wert für unsere Aktionäre, die von erheblichen Kosten- und Umsatzsynergien profitieren."
Die beiden Börsenbetreiber hatten nach Marktgerüchten vor drei Wochen ihre Pläne öffentlich gemacht. Für die Deutsche Börse ist es der dritte Anlauf in Sachen LSE nach 2000 und 2005. Zusammen würden Deutsche Börse und LSE nach Börsenwert zu den beiden US-Schwergewichten ICE und CME aufschließen.
Die Deutsche Börse will mit der Londoner Börse fusionieren. Doch auch der fünfte Versuch steht jetzt offenbar vor dem Aus. Der deutsche Börsenbetreiber ist bereits mit zahlreichen Versuchen, eine größere Einheit zu bilden, gescheitert - ein Überblick ...
17. Juli 2000: Die Deutsche Börse präsentiert einen Plan für die Gründung de iX international exchange zusammen mit der Londoner LSE. Die beiden Partner hoffen, mit der paneuropäischen Handelsplattform weitere Börsenbetreiber mit ins Boot zu holen. Das Projekt scheitert allerdings an mangelnder Unterstützung.
Sommer 2003: Der damalige Chef der Deutschen Börse, Werner Seifert, trifft sich mit Euronext-Chef Francois Theodore (Im Bild: Euronext in Brüssel). Die Gespräche über eine Fusion werden allerdings beendet, nachdem sich beide Seiten nicht über die Bewertung ihrer Häuser einig werden. Im Frühling 2004 nehmen Seifert und Theodore ein weiteres Mal Kontakt auf. Ein Zwist über die Besetzung der Führungspositionen lässt sie abermals ergebnislos auseinandergehen.
August 2004 - Die Schweizer Börse SWX lehnt Pläne der Deutschen Börse für eine Fusion, faktisch eine Übernahme, ab.
13. Dezember 2004: Die Deutsche Börse veröffentlicht ein Übernahmeangebot für die LSE (im Bild: Händler an der Londoner Börse LSE) über knapp zwei Milliarden Euro, das 2005 am Widerstand des Hedgefonds und Deutsche-Börse-Aktionärs TCI scheitert.
21. Februar 2006: Der neue Börsenchef Reto Francioni legt ein vorläufiges Fusionsangebot für die Pariser Euronext vor und facht damit ein Konsolidierungsfieber in der Branche an. Im Mai dient die Deutsche Börse Euronext-Chef Theodore sogar die Führung eines vereinten Unternehmens an, besteht allerdings auf Frankfurt als Hauptsitz. Auch der Großteil des Managements sollte am Main angesiedelt sein.
Juni 2006: Die Deutsche Börse unterbreitet der Euronext einen überarbeiteten Fusionsvorschlag. Die Frankfurter geben in der Hauptquartiersfrage nach, doch der Vorstoß kommt zu spät: Die Euronext schließt sich mit der NYSE zusammen.
Deutsche Börse und NYSE Euronext loten eine Fusion aus. Die Pläne werden vorzeitig bekannt und scheitern. Im April 2011 wagt die Deutsche Börse einen weiteren Versuch, mit der Nyse Euronext als Partner eine neue Größenordnung zu erreichen. Die US-Börsen Nasdaq OMX (im Bild) und ICE wollen die Fusion mit einer Gegenofferte für die Nyse torpedieren.
Februar 2012: Der Traum der Deutschen Börse platzt erneut. Die EU-Kommission untersagt die Milliardenfusion mit den Amerikanern aus schwerwiegenden wettbewerbsrechtlichen Bedenken. Die EU fürchtet vor allem ein weltweites Monopol im Handel mit europäischen Finanzderivaten.
Nun will er es wieder wissen: Der neue Börsenchef Carsten Kengeter, gelernter Investmentbanker, hat alles daran gesetzt, dass die Fusion mit der London Stock Exchange diesmal gelingt. Doch mit dem 27. Februar 2017 steht die Fusion wohl vor dem Aus. "Basierend auf der aktuellen Position der Kommission geht die LSE davon aus, dass es unwahrscheinlich ist, dass die Kommission die Fusion genehmigen wird", teilte die LSE am späten Sonntagabend mit. Es wäre der fünfte Fehlschlag.
21. Februar 2006: Der neue Börsenchef Reto Francioni legt ein vorläufiges Fusionsangebot für die Pariser Euronext vor und facht damit ein Konsolidierungsfieber in der Branche an. Im Mai dient die Deutsche Börse Euronext-Chef Theodore sogar die Führung eines vereinten Unternehmens an, besteht allerdings auf Frankfurt als Hauptsitz. Auch der Großteil des Managements sollte am Main angesiedelt sein.
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