Produktion der 737 Max im Boeing-Werk Renton, US-Staat Washington
Foto: Lindsey Wasson / ReutersDer weltgrößte Flugzeugbauer Boeing verabschiedet sich wegen der Flugverbote für seinen Mittelstreckenjet 737 Max von seinen Jahreszielen. Da weiterhin unklar ist, wann und zu welchen Bedingungen der absatzstärkste Flugzeugtyp des US-Konzerns wieder abheben darf, will das Management eine neue Prognose erst zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgeben, wie der Airbus-Rivale am Mittwoch bei der Vorlage der Quartalszahlen in Chicago mitteilte. Zu den drohenden Kosten infolge zweier Abstürze und der folgenden Flugverbote machte Boeing zunächst keine Angaben. Bis Ende März seien bereits eine Milliarde Dollar aufgelaufen.
Im ersten Quartal musste der Flugzeugbauer daher einen Umsatz- und Gewinnrückgang hinnehmen. Weil Boeing infolge des zweiten Absturzes einer Maschine im März keine neuen Exemplare des Typs mehr ausliefern darf, fiel der Umsatz im Vorjahresvergleich um 2 Prozent auf 22,9 Milliarden US-Dollar (20,4 Milliarden Euro). Der Überschuss sackte um 13 Prozent auf 2,15 Milliarden Dollar ab.
Immerhin übertraf der Umsatz die Erwartungen von Analysten, die im Schnitt mit einer Milliarde Dollar weniger gerechnet hatten. Der Rückgang bei den ausgelieferten 737 Max im ersten Quartal werde teilweise aufgefangen durch ein besseres Geschäft im Militär- und Servicebereich, teilte Boeing mit. Außerdem würden Fortschritte auf dem Weg zu einer abschließenden Zertifizierung des Software-Updates für die 737 Max gemacht, erklärte das Unternehmen - und schürte so die Hoffnung auf ein baldiges Ende der Flugverbote.
Boeing steht unter Druck, weil Maschinen des Typs 737 Max nach zwei Abstürzen weltweit Flugverbot haben. Dabei waren Zweifel an der sogenannten MCAS-Automatik aufgekommen, die einen Strömungsabriss verhindern soll. Diese Automatik soll nun ein Update erhalten. Noch ist jedoch unklar, ob die Probleme damit behoben sind und wie schnell sich die Behörden mit der Lösung zufrieden geben.
Boeing hatte ursprünglich angepeilt, in diesem Jahr 895 bis 905 Passagier- und Frachtflugzeuge auszuliefern. Der Umsatz sollte 109,5 bis 111,5 Milliarden Dollar erreichen. Für den Gewinn je Aktie hatte das Management 21,90 bis 22,10 Dollar im Auge. Wegen Schadenersatzforderungen von Fluggesellschaften und Angehörigen der bei den Abstürzen getöteten Passagiere drohen Boeing aber nun hohe Belastungen.
Schon wieder ein tödlicher Unfall, wieder kurz nach dem Start ohne erkennbare äußere Ursache, wieder eine nagelneue Boeing 737 Max 8. Am Sonntag ist Flug 302 der Ethiopian Airlines mit 157 Menschen an Bord nahe Addis Abeba abgestürzt. Am 29. Oktober 2018 hatte ein Crash desselben Modells der indonesischen Lion Air 189 Opfer gefordert. Die Fragen nach der Sicherheit der 737 Max werden nun wieder laut. Die meisten Länder haben einen vorläufigen Flugstopp für Boeings meistbestelltes Flugzeug verordnet.
Vor einem Jahr gab es noch eine Jubelfeier für das 10.000ste produzierte Flugzeug der seit 50 Jahren bestehenden 737-Familie, deren 2017 gestartete neue Generation Max heißt. Das Stück ging an die texanische Firma Southwest Airlines. Der Ur-Billigflieger ...
... ist der wichtigste Kunde der Boeing 737 Max. Bisher wurden 34 der 280 bestellten Flugzeuge ausgeliefert. Die gesamte Flotte besteht aus Fliegern der 737-Familie. Southwest beharrte noch bis Mittwoch gemeinsam mit Boeing und der US-Flugaufsicht FAA auf der Sicherheit des Modells. Southwest-Piloten hatten sich ...
... nach dem Crash in Indonesien kritisch über Boeings (Nicht-)Information über die mögliche Problemquelle der automatischen Flughöhenkontrolle MCAS geäußert, ebenso wie die Kollegen von American Airlines. Dort wurden bislang 24 von 100 bestellten 737 Max in Empfang genommen. Insgesamt besitzen US-Airlines laut FAA 74 der weltweit 387 Max-Flieger.
Air Canada hat ebenfalls 24 von 61 bestellten 737 Max erhalten. Mit den 13 Maschinen der kleineren Gesellschaft Westjet Airlines ist Kanada eine der 737-Max-Hochburgen. Auch dort verordnete die Regierung am Mittwoch einen Flugstopp - bevor die USA nachzogen und damit die letzten noch fliegenden 737 Max aus dem Verkehr zogen.
Brisant ist die Diskussion um die 737 Max vor allem in China, wo die Behörden mit einem frühzeitigen Flugstopp sensibel reagieren. Das Land liegt zwar nach der Zahl der Vorbestellungen nicht vorn, wohl aber nach der Zahl der bereits ausgelieferten Flugzeuge: 71 (ohne Leasing-Verträge). Air China hat bereits alle 29 Exemplare aus der örtlichen Boeing-Fabrik abgeholt. Auch Hainan (16), China Eastern (14), Xiamen (10), Shandong (7) oder Shenzhen (5) können ihre Orders jetzt nicht mehr stornieren. Nur Großkunde China Southern hat von 50 Bestellungen noch 16 offen.
Der arabische Billigflieger Flydubai hat in seiner aggressiven Expansion am stärksten auf die 737 Max gesetzt: In den Emiraten sind 20 Maschinen angekommen, bestellt sind aber ganze 251. Schon bislang liegt der Anteil an der Flotte laut Planespotters.net bei 23 Prozent. Damit ist Flydubai am stärksten von den Flugverboten betroffen, die schließlich auch in den Emiraten und Indien verhängt wurden.
In Europa heißt der bislang wichtigste 737-Max-Betreiber Norwegian Air. Die von Ex-Kampfpilot Bjørn Kjos gegründete Billigfluggesellschaft hat derzeit sowieso schon Sorgen um die eigene Existenz. Das Grounding der 18 (von 110 bestellten) neuen Flugzeuge - eines davon nach einer vor Monaten passierten Panne gerade erst aus dem Iran befreit - könnte dem Unternehmen den Rest geben. Norwegian fordert Schadenersatz von Boeing.
Mit der ersten 737 Max abgestürzt ist auch der Ruf der indonesischen Billigfluglinie Lion Air, die als Erstkunde bislang 14 Maschinen erhielt, aber ganze 201 bestellt hat. Vier davon sind für 2019 vorgesehen, Lion Air will aber die Annahme verweigern - und wenn möglich zu Airbus wechseln. Der Technikchef der Firma musste nach dem Crash in der Javasee zurücktreten. Zugleich demonstrierte die indonesische Flugaufsicht starken Aufklärungswillen. Die Behörde, früher von EU und USA als Quell der Unsicherheit gebrandmarkt, will auch in Äthiopien helfen. Abgeschlossen ist der Fall Lion Air auch nach dem Fund des Stimmrekorders aus dem Cockpit noch nicht. Indonesische Angehörige von Opfern verklagen Boeing.
Deutsche Airlines seien nicht betroffen, heißt es aus dem Verkehrsministerium. Allerdings gehören dem deutsch-britischen Reisekonzern Tui 15 Flugzeuge des Modells Boeing 737 Max, insgesamt sind 72 bestellt. Das Bild vom Boeing-Werk Renton im November zeigt einige 737 Max 8, von denen eine schon teilweise mit dem Tui-Logo lackiert ist. Der Erstflug der deutschen Tuifly-Maschine, gerade erst in Seattle übergeben, ist für den 13. April von Hannover nach Las Palmas geplant. Tui hielt am Flugplan fest, bis die britische Flugaufsicht den Plan durchkreuzte.
Für deutsche Passagiere relevant ist auch Turkish Airlines. Die türkische Staatsairline hat 75 Maschinen bestellt und zwölf davon bereits in Besitz genommen. In einer Flotte von mehr als 300 Flugzeugen fallen die kaum auf, sind aber auf Strecken wie Istanbul-Köln oder Istanbul-Leipzig wichtig. Turkish Airlines stoppte die Flüge jedoch schon, bevor auch das Verkehrsministerium in Ankara intervenierte. Der mit Lufthansa gemeinsam betriebene Urlaubsflieger Sunexpress hat weitere 32 Max-Flieger bestellt, aber noch nicht erhalten.
United Airlines besitzt weitere 14 Maschinen der größeren Ausführung 737 Max 9. In Chicago halten Konzernführung und Pilotenverein zu Boeings Sicht, die Unfälle seien mit in der Pilotenausbildung üblichem Wissen zu verhindern gewesen. Dem Grounding muss sich United trotzdem fügen.
Weltweit hat Boeing 387 Flugzeuge der 737 Max ausgeliefert. Noch keines davon gehört Großkunde Ryanair. Der irische Billigflieger hat aber 135 Stück bestellt und folgt dem US-Vorbild Southwest. Bislang besteht die gesamte Ryanair-Flotte aus dem Vorgängermodell 737-800, dessen letztes Ryanair-Exemplar im Dezember 2018 ausgeliefert wurde. Die "einheitliche Flotte hilft uns dabei, die Kosten niedrig und die Sicherheitsstandards hoch zu halten", heißt es auf der Website der Iren. Für die Zukunft heißt das, dass die Ryanair-Piloten auf 737 Max umschulen müssen. Die ersten Flüge sind für Mai geplant - vorausgesetzt, bis dahin geben die Behörden sie frei.
Quellen: Boeing, FAA, Planespotters.net
Mit der ersten 737 Max abgestürzt ist auch der Ruf der indonesischen Billigfluglinie Lion Air, die als Erstkunde bislang 14 Maschinen erhielt, aber ganze 201 bestellt hat. Vier davon sind für 2019 vorgesehen, Lion Air will aber die Annahme verweigern - und wenn möglich zu Airbus wechseln. Der Technikchef der Firma musste nach dem Crash in der Javasee zurücktreten. Zugleich demonstrierte die indonesische Flugaufsicht starken Aufklärungswillen. Die Behörde, früher von EU und USA als Quell der Unsicherheit gebrandmarkt, will auch in Äthiopien helfen. Abgeschlossen ist der Fall Lion Air auch nach dem Fund des Stimmrekorders aus dem Cockpit noch nicht. Indonesische Angehörige von Opfern verklagen Boeing.
Foto: DPAFür deutsche Passagiere relevant ist auch Turkish Airlines. Die türkische Staatsairline hat 75 Maschinen bestellt und zwölf davon bereits in Besitz genommen. In einer Flotte von mehr als 300 Flugzeugen fallen die kaum auf, sind aber auf Strecken wie Istanbul-Köln oder Istanbul-Leipzig wichtig. Turkish Airlines stoppte die Flüge jedoch schon, bevor auch das Verkehrsministerium in Ankara intervenierte. Der mit Lufthansa gemeinsam betriebene Urlaubsflieger Sunexpress hat weitere 32 Max-Flieger bestellt, aber noch nicht erhalten.
Foto: MURAD SEZER/ REUTERSUnited Airlines besitzt weitere 14 Maschinen der größeren Ausführung 737 Max 9. In Chicago halten Konzernführung und Pilotenverein zu Boeings Sicht, die Unfälle seien mit in der Pilotenausbildung üblichem Wissen zu verhindern gewesen. Dem Grounding muss sich United trotzdem fügen.
Foto: JUSTIN SULLIVAN/ AFP