Ausrangierte Leihfahrräder in China (Luftaufnahme): Zu Tausenden liegen sie übereinander.
Foto: AFPGelb sind die Fahrräder von Ofo, blau die von Bluegogo, silber-orange die von Mobike. Zu Tausenden liegen sie übereinander. Der "Guardian" schreibt von einem abstrakten Gemälde, zu dem eine Deponie ausrangierter Bikesharing-Räder im südostchinesischen Xiamen - als Sinnbild für den Kollaps des jüngsten Booms der Sharing Economy chinesischer Art.
Bluegogo musste Mitte November Insolvenz anmelden, nicht einmal ein Jahr nach der Firmengründung, aber mit mehr als 20 Millionen registrierten Nutzern und einer 600.000 Stück zählenden Fahrradflotte. "Ich habe Fehler gemacht", reute Gründer Li Gang in einem offenen Brief. "Ich war von Arroganz erfüllt."
Als Gewinner können sich die ebenfalls noch jungen Marktführer Ofo und Mobike fühlen, die 2017 jeweils Milliardenbeträge an neuem Risikokapital einsammelten und damit aggressives Wachstum finanzierten - doch auch deren Fahrradleichen säumen längst die Straßen und landen schließlich auf den großen Deponien. Die "Financial Times" (kostenpflichtig) schreibt vom Platzen einer Blase.
Gerade als der Boom in China an seine Grenzen stößt, kommt er auch nach Deutschland. Mobike, mit dem Internetkonzern Tencent im Rücken, startete in der vergangenen Woche mit 700 Rädern in Berlin. Das ähnlich klingende Obike aus Singapur ist seit August in einigen deutschen Städten präsent - allein in München sorgten 7000 neue Räder gleich für Klagen über versperrte Gehwege. Ofo mit Geld von Tencents Rivalen Alibaba kündigt an, den Kampf um die deutschen Nutzer ebenfalls aufzunehmen.
Bislang lief das Geschäft mit Leihfahrrädern hierzulande in geregelten Bahnen - und lebt meist von kommunalen Zuschüssen. Das von der Deutschen Bahn betriebene System Call-a-bike/Stadtrad - in der Regel an feste Ausleihstationen gebunden - konkurriert allenfalls hier und da mit dem Leipziger Startup Nextbike. Als wilder Ausbruch des Wettbewerbs galt in der Branche schon, als Call-a-bike im März nach gegen Nextbike verlorener Ausschreibung in Berlin zusammen mit dem Discounter Lidl 3500 eigene Räder auf die Straße stellte - ohne Stationszwang.
Zum Vergleich: Allein Peking zählte zuletzt mehr als 2,3 Millionen Bikesharing-Räder von 15 verschiedenen Anbietern - alle aufgestellt in einem wilden Rennen um die Dominanz des Markts, befeuert von Risikokapital. Wer die meisten Räder aufstellt und die meisten Nutzer registriert, hat die größten Überlebenschancen. Wartung und Service kommen bei dem rasanten Wachstum meist erst an zweiter Stelle - und der Verlust mehrerer zehntausend Fahrräder ist leicht zu verschmerzen.
Leihräder neben einem Park in Shenzhen: Leihen, nutzen, wegschmeißen
Foto: Zou Bixiong / SIPA Asia / ZUMA Wire / DPA"Profite sind gerade nicht unser Anliegen. Wir wollen den Markt ausbauen", erklärte Mobike-Chefin Hu Weiwei. Peking und einige andere chinesische Großstädte haben der Expansion jedoch mit neu eingeführter Regulierung einen Riegel vorgeschoben. Daher muss die Sharing-Economy-Wette nun international fortgeschrieben werden.
Fahrradfahren ist angesagt. Neben eBikes, die immer größeren Zuspruch erfahren, bieten die Hersteller für nahezu jeden Nutzen das passende Fahrrad. Doch wer gehört zu den größten Produzenten hierzulande? Eine Bestandsaufnahme.
Diamant: Der Fahrradproduzent blickt auf eine lange und wechselhafte Geschichte zurück. 1895 produzierte das Chemnitzer Unternehmen die ersten Diamant-Fahrräder in Serienproduktion. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde der Betrieb verstaatlicht. Radrennsportler der DDR fuhren auf Diamant-Rädern. Nach der Wende wurde Diamant wieder privatisiert, in der Folge wurden Produktion und Belegschaft reduziert. Mittlerweile gehören die Diamantwerke dem US-amerikanischen Unternehmen Trek Bicycle Corporation, die auch Marken wie Bontrager, Klein, LeMond und Gary Fisher zu ihrem eigen zählen. Gegenüber manager magazin Online berichtet Trek Bicycle, dass Diamant im Jahr 2016 mit 250 Mitarbeitern 151.000 Fahrräder produzierte, davon 43.000 E-Bikes. Zu Umsatz und Gewinn wollte sich das Unternehmen nicht äußern.
Canyon Bicycles: Die Fahrradschmiede aus Koblenz entwickelt, montiert und verkauft vom Mountainbike bis zum Rennrad, aber auch Zubehör rund um den Radsport über einen Onlineshop und den Schauraum in Koblenz. Im Geschäftsjahr 2014/15 ist das Unternehmen mit mehr als 500 versicherungspflichtigen Mitarbeitern laut Bundesanzeiger zweistellig gewachsen, sodass die Umsatzprognose übertroffen wurde. Der Gesamtnettoumsatz wird mit 159,52 Millionen Euro angegeben, das Ergebnis vor Steuer mit 12,3 Millionen Euro. Seit 2016 ist der Hersteller, dessen Hauptmarkt bislang in Deutschland und Europa lag auch in den USA aktiv. Mitte 2016 verkündete Canyon Bicycles mit dem US-amerikanischen Investor TSG Consumer Partner zusammenzuarbeiten, um den Einstieg in den US-Markt zu schaffen. Für das Frühjahr dieses Jahres war der Start vorgesehen.
Rose Bike: Schon 1907 als Fahrradladen gegründet, ist Rose Bike vor allem Händler. Seit 2011 werden auch Fahrräder unter dem eigenen Markennamen montiert. Für das Geschäftsjahr 2015 meldete das Bocholter Unternehmen im Bundesanzeiger Umsatzerlöse in Höhe von etwa 77,16 Millionen Euro. Der Jahresüberschuss lag demnach bei rund 734.111 Euro. Neben Online-Vertrieb betreibt Rose zwei Filialen: in Bocholt und München. Im Durchschnitt beschäftigte das Unternehmen 240 Arbeitsnehmer.
Gudereit: Der Fahrradhersteller aus Bielefeld produziert seit 1949 seine Drahtesel. 12 Prozent seiner Produktion machen inzwischen E-Bikes aus. Pro Jahr stellt das Unternehmen in Familienbesitz 65.000 Stück her, teilt Gudereit auf Nachfrage gegenüber manager magazin Online mit. Der Jahresumsatz liegt bei circa 32 Millionen Euro. Für 2015 gibt das Unternehmen im Bundesanzeiger einen Rohertrag von 5,99 Millionen Euro an, der Jahresüberschuss lag demnach bei 1,920 Millionen Euro. Jüngst erfuhr Gudereit einen Dämpfer als ein Trekkingbike im Test von Stiftung Warentest durchfiel.
Cycle Union: Aus der Oldenburger Fahrradschmiede stammen die Marken vsf Fahrradmanufaktur, Rabeneic, Kreidler und eBike Manufaktur. Laut Bundesanzeiger wies das Unternehmen im Jahr 2014/15 (30. September) Umsatzerlöse in Höhe von 51,3 Millionen Euro aus. Der Bilanzgewinn lag bei etwa 2,7 Millionen Euro. Im Durchschnitt beschäftigte das Unternehmen 144 Mitarbeiter. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 172.
Derby Cycle: Der Fahrradhersteller aus dem niedersächsischen Cloppenburg stellt Fahrräder der Marken Kalkhoff, Focus, Raleigh, Univega und Rixe her und dürfte damit wohl der größte Fahrradhersteller Deutschlands sein. 2015 verkaufte das Unternehmen nach eigenen Angaben 450.000 Räder, davon 100.000 eBikes. Der Umsatz lag bei 280 Millionen Euro, heißt es.
Derby Cycle war von 2011 bis 2012 an der Frankfurter Börse gelistet. 2013 verleibte sich die niederländische Pon Holding, die kürzlich einen Teil des insolventen Gebäudeausrüster Imtech übernommen hat, das Unternehmen komplett ein.
Winora: Mit Sitz in Sennfeld bei Schweinfurt gehört Winora mittlerweile seit einigen Jahren zum niederländischen Konzern Accell Group. Einst wurde Winora 1914 gegründet und gehört damit zu den ältesten Herstellern hierzulande. Die Market Haibike ist die Premiummarke des Unternehmens, das duch Zukäufe mittlerweile zu dem börsennotierten Accell gehört. Der Konzern zählt zu Europas größten Fahrradherstellern. Hierzulande setzte das Unternehmen laut Bundesanzeiger im Jahr 2014 rund 275,2 Millionen Euro um.
Einzelne Zahlen nach Unternehmensbereichen werden nicht aufgeschlüsselt. Auch Winora verrät auf Nachfrage keine Zahlen, genauso wie beispielsweise die Accell-Marke ....
Ghost Bikes. Auch dieser Fahrradhersteller gehört zur dem Konzern. Accell bezieht laut Medienberichten einen Großteil seiner Fahrräder von Schwesterunternehmen aus Ungarn, China, Taiwan und Kambodcha. Zu den Kernmarken gehören: Winora, Staiger, Haibike, Bavaria, Ghost, E. Wiener Bikes Parts und XLC Komponenten. 2014 hatte Accell die Marke Hercules an ZEG verkauft.
Stevens: Die Hamburger Fahrradmanufaktur lässt zwar in Asien schweißen, doch entwickelt, designt, produziert und vertrieben werden die Fahrräder dann doch vor Ort. Mehr als 8ß Prozent der Bikes werden in Deutschland und anderen EU-Ländern montiert, heißt es so auch im Bundesanzeiger. Für das Geschäftsjahr 2015/16 wird ein Rohergebnis von 14,597 Millionen Euro angegeben. Der Jahresüberschuss lag bei über 2 Millionen Euro, der Bilanzgewinn bei über 10 Millionen Euro. Durchschnittlich beschäftigte Stevens 63 Angestellte.
Cube: Die Fahrräder aus der Waldershofer Werkstatt tragen alle einen Namen: Cube. Spezialisiert auf Typen wie Mountainbikes, Hardtail (ohne hintere Federung) aber auch Renn-, Touren- und Kinderfahrräder gehört der Hersteller laut dem Zweirad-Industrie-Verband zu den größten Fahrradherstellern in Deutschland. Eigenen Angaben zufolge verkaufte Cube 2016 über 550.000 Räder, die Mitarbeiterzahl wuchs von knapp 400 im Jahr 2015 auf 500 im Jahr 2016.
Laut Bundesanzeiger wies das Mutterunternehmen Pending System im Jahr 2015/16 Umsatzerlöse von rund 356,74 Millionen Euro aus. Eines der großen Wachstumsfelder sind E-Bikes.
Cube wurde 1993 gegründet und befindet sich auch heute noch im Familienbesitz. Produktionsort: Waldershof.
AT Zweirad: Seit 1982 produziert das Unternehmen aus Altenberge bei Münster Fahrräder unter der Marke Velo-de-Ville. Einst als Fahrradgroßhändler gegründet sind die eigenen Fahrräder mittlerweile ein wichtiger Faktor im Geschäft von AT Zweirad. eBikes machen dabei einen Anteil von 20,1 Prozent aus. Für das Geschäftsjahr 2014/15 meldete der Hersteller laut Bundesanzeiger einen Gesamtumsatz von 20,5 Millionen Euro. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 21,2 Millionen Euro gewesen. Den Rückgang begründet AT Zweirad mit dem Umzug der Produktion auf ein neues Gelände mit neuen Fertigungsanlagen. Dadurch sei zwei Monate lang die Produktion ausgefallen.