GDL-Chef Weselsky: "Bedaure, dass ich nicht die richtigen Worte gewählt habe"
Foto: KAI PFAFFENBACH/ REUTERSBerlin - Der Vorsitzende der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, hat mit seinem viel kritisierten Behinderten-Vergleich auch die Konkurrenzgewerkschaft EVG erzürnt. "Die Aussage von Herrn Weselsky hat mich auch persönlich schwer getroffen. Ich habe selber einen Sohn, der behindert zur Welt kam und in der Folge starb", sagte der EVG-Vorsitzende Alexander Kirchner der "Bild am Sonntag". "Mit Menschen einer solchen Gesinnung, die zudem auf Polarisierung und Spaltung der Belegschaft setzen, kann ich nicht an einem Tisch sitzen und über eine Tarifkooperation verhandeln."
In der aktuellen Tarifrunde der Bahn geht es nicht nur ums Geld für die Beschäftigten. Thema ist auch die Form der Zusammenarbeit der Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). So will die GDL auch für andere Bahn-Beschäftigte verhandeln und damit der mitgliederstärkeren EVG Konkurrenz machen.
Von Warnstreiks ist die Rede, seit am 18. August Gespräche mit der Bahn und der EVG über die Zuständigkeiten in Tarifverhandlungen gescheitert sind. Die GDL stellt in der laufenden Runde auch für Zugbegleiter und Lokrangierführer Forderungen. Sie verlangt 5 Prozent mehr Geld und zwei Stunden weniger Arbeitszeit pro Woche.
Auf einem Aktionstag der GDL zum aktuellen Tarifkonflikt hatte Weselsky am Mittwoch gesagt: "Wenn sich zwei Kranke miteinander ins Bett legen und ein Kind zeugen, da kommt von Beginn an was Behindertes raus." Am Freitag hatte sich Weselsky dafür mit den Worten entschuldigt: "Ich bedaure, dass ich nicht die richtigen Worte gewählt habe." In Gewerkschaftskreisen hieß es am Wochenende, das Thema sei für die GDL mit dieser Entschuldigung erledigt.
Behindertenbeauftragte Bentele: Weselsky noch tragbar?
Weselsky wollte nach GDL-Angaben damit ausdrücken, dass durch die Vereinigung der beiden Bahngewerkschaften Transnet und GDBA zur EVG im Jahr 2010 keine starke Gewerkschaft entstanden sei. "Wenn sich zwei schwache Gewerkschaften zusammenschließen, wird noch lange keine starke Interessenvertretung daraus. Der GDL und selbstverständlich mir persönlich liegt nichts ferner, als Behinderte in irgendeiner Weise zu diskriminieren", fügte der GDL-Chef hinzu.
Auch die Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Verena Bentele, kritisierte Weselsky. "Die Gewerkschaft sollte sich überlegen, ob jemand mit dieser Geisteshaltung als oberster Repräsentant weiterhin tragbar ist", sagte sie der "Bild"-Zeitung.
Derweil will die Deutsche Bahn der GDL in den nächsten Tagen einen neuen Vorschlag zur Lösung des Tarifkonflikts unterbreiten. Das sagte ein Bahn-Sprecher und bestätigte damit einen Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel". "Wir sind weiter gesprächsbereit", sagte der Personalvorstand Ulrich Weber demnach.
Er kritisierte zudem die Haltung der GDL, die das bisherige Angebot der Bahn als "Witz" bezeichnet habe. "Dieser Stil enttäuscht mich schon", sagte Weber. "Was an einem Einstiegsangebot von 1,9 Prozent ein Witz sein soll, weiß ich nicht." Die Forderungen der Gewerkschaft machten insgesamt mehr als 15 Prozent aus und seien "nicht erfüllbar", so Weber.
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Wie sich die Bahn gegen Kartellbetrüger wehrt:
Dieser Skandal war einer zu viel. Die Datenaffäre - Spitzeleien gegen Mitarbeiter - brachte Hartmut Mehdorn im März 2009 als Bahn-Chef zu Fall. Nachfolger Rüdiger Grube räumte auf, schuf ein eigenes Vorstandsressort für Compliance, Datenschutz, Recht und Sicherheit - und verschaffte dem Konzern nebenbei neuen Biss gegen Betrüger.
Denn als Compliance-Vorstand Gerd Becht die Datenaffäre erledigt hatte, wandte er sich verstärkt den Kartellen zu, die das Unternehmen mit abgesprochenen Preisen schröpfen. Der Erfolg der Kampagne ist beeindruckend. Die Bahn ist bereits gegen 20 Kartelle aktiv geworden und hat schon mehrere Vergleiche mit hohem Schadensersatz erreicht.
Intern rechnen die Kartelljäger in den nächsten Jahren mit Einnahmen aus Schadensersatz von mehr als einer Milliarde Euro. Die Summe könnte sich nach neuen Erkenntnissen wegen aufgelaufener Zinsen sogar nahezu verdoppeln. Bei Kartellverfahren sind 8 Prozentpunkte Zinsen über dem Basissatz üblich.
Beuteschema: Die Versuchung, die DB zu prellen, ist offenbar groß. Sie kauft jährlich für rund 25 Milliarden Euro Güter und Dienste aller Art ein. Die Liste der Fälle (siehe Auswahl rechts) reicht denn auch von Bier bis Bahnsteigkanten. Ein Team aus sechs Juristen, verstärkt um bis zu hundert Mitarbeiter, hat es vor allem auf jene Kartellsünder abgesehen, die durch Behördenurteile und Bußen an die Staatskasse bereits amtlich überführt sind.
Schienen: Mauschelei von acht Firmen (unter anderen ThyssenKrupp) bei Schienen und Weichen
Bußgeld: 232 Millionen Euro
Bier: Preisabsprachen führender deutscher Brauereien
Bisheriges Bußgeld: 106,5 Millionen Euro
Kaffee: Branchenweites Kartell im Außer-Haus-Verkauf gegen Großabnehmer wie die Bahn und Einzelhändler
Bußgeld: 190 Millionen Euro.
Bahnsteigkanten: Preisabsprachen und Gebietsaufteilungen von acht Anbietern
Bußgeld: 11 Millionen Euro
Flüssiggas: Verbotene Kundenaufteilung und Preisvereinbarungen
Bußgeld: 244 Millionen Euro
Fahrplan: Wo die Bahn hinwill ...
... und wo sie steht.
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