

Das hat gedauert. Vor rund 100 Jahren nahmen die ersten Fluggesellschaften ihren Betrieb auf, der Vorläufer ihres Weltverbands IATA trägt das Gründungsdatum 1919. Und erst jetzt kann er verkünden, dass die Branche weltweit zur Mehrung von Kapital beiträgt.
"In diesem Jahr erwarten wir eine Rendite auf das eingesetzte Kapital von 8,3 Prozent, womit erstmals die Anteilseigner angemessen entlohnt werden", erklärt IATA-Chefökonom Brian Pearce zum gerade vorgelegten Jahresendbericht. Denn zugleich seien die Kapitalkosten (wie beispielsweise Dividenden oder Schuldzinsen für Geldanlagen mit vergleichbarem Risiko) unter 7 Prozent gesunken.
Verbandspräsident Tony Tyler nennt das "eine historische Errungenschaft für eine Branche, die im Lauf ihrer Geschichte notorisch Kapital vernichtete".
Zusammengenommen schaffen die Airlines also erstmals Wert für ihre Aktionäre - und das auch weitgehend auf Nordamerika beschränkt, wie der Bericht festhält. Der Normalfall in den vergangenen Jahrzehnten waren eher magere Ergebnisse.
Einzelne Fluggesellschaften sind zwar hochprofitabel - mitunter ausgerechnet diejenigen, die sich besonders billig vermarkten -, im Gegenzug gehen aber andere immer wieder pleite oder müssen mit frischer Kapitalzufuhr am Markt gehalten werden. Besonders erfolgreich expandierten in vergangener Zeit Staatsunternehmen, die von vornherein als Zuschussgeschäft gedacht sind.
Auch die kleinen Probleme der Lufthansa passen ins große Bild
Die US-Flieger, die aktuell die höchsten Gewinne abwerfen, haben praktisch alle erst vor wenigen Jahren ein Insolvenzverfahren durchgemacht und altes Kapital abgeschrieben.
Und laut Pearce dürften die guten Zeiten auch bald schon wieder vorbei sein. Aktuell profitiere die Industrie vom billigen Öl, von niedrigen Zinsen und vom konjunkturellen Hoch. Nach 2016 dürfte der Druck auf die Margen wieder zunehmen.
Als Versagerbranche will IATA-Präsident Tony Tyler seine Industrie aber nicht dastehen lassen. Insgesamt zeige der Bericht eine Erfolgsbilanz: Passagiere profitierten von niedrigeren Ticketpreisen, die Weltwirtschaft von besseren Verbindungen, die Umwelt von geringeren Emissionen, mehr Jobs schaffe die Branche auch - und jetzt hätten eben wenigstens vorübergehend auch die Eigentümer etwas davon.
Die chronische Margenschwäche sei eben ein Ausdruck der großen Herausforderungen. Da passen auch kleine Probleme wie die halbe Milliarde Euro Streikkosten, mit der die Lufthansa jetzt rechnet, ins große Bild.
Weniger bieten, mehr verlangen und alles trickreich neu etikettieren - durch die Luftfahrt rollt eine gnadenlose Sparwelle.
Das Fliegen, einst Inbegriff ...
... moderner Fortbewegung, ist ...
... zum Effizienzrennen verkommen. Das belegen die folgenden Grafiken:
Jedes bisschen Service kostet extra, sogar Banalitäten wie das Ausdrucken der Bordkarte.
Die Reihen in den Flugzeugen werden immer enger gestellt, ...
... Flugsessel zu Notsitzen geschrumpft. US-Billigheimer limitieren den Lebensraum auf nur noch 71 Zentimeter.
Der Low-Cost-Carrier Ryanair verkuppelte als erster die Schlagwörter "billig" und "Fliegen". Dafür wurde Konzernchef Michael O'Leary einst verlacht. Heute ...
... muss Lufthansa-Primus Carsten Spohr ihn fürchten - und sucht selbst sein Heil ...
... im radikalen Umbaut des Geschäftsmodells. So fliegt etwa die Billig-Tochter Eurowings nun auch auf Langstrecke. Was droht, ist ...
... eine Abwärtsspirale aus Kampfpreisen und Serviceschwund, an deren Ende nicht bessere, sondern schlechtere Geschäfte stehen.
Fliegen war natürlich immer auch ein Geschäft, kleidete sich aber über Jahrzehnte auch als zivilisatorische Errungenschaft. In der Titelgeschichte der Oktober-Ausgabe zeichnet mm-Reporter Michael Machatschke nach, wie eine kultivierte Dienstleistung zum Billig-Service verkommen ist - und was daraus für die Industrie und die Passagiere folgt. Nachfolgend einige Bilder zur Einstimmung.
Sag's mit Blumen: First-Class-Passagiere der BOAC können aus dem Vollen schöpfen. Die British Overseas Airways Corporation wurde 1974 zur British Airways (BA).
Platz gab es reichlich, so dass...
... man weitgehend knitterfrei reisen konnte...
...und die Boeing 747 mit etwas Wohlwollen Salon-Charakter verströmte.
Die Vorstellung der neuen Uniformen von Piloten und Stewardessen - hier die der Lufthansa 1970 - war ein kleines Medienereignis...
...wobei sich einige Airlines im Umgang mit den Stewardessen sexistisch verirrten. Flugbegleiterinnen der Southwest Airlines aus Texas, hier ein Bild aus dem Jahr 1972, mussten im Dienst kurze Hosen und Stiefel tragen. Das Motto der Airline damals: "sex sells seats".
Wichtiges Verkaufsargument zudem: Reichlich Getränke und grenzenloses Rauchen, hier in einer Lockheed L-1011.
Das war es dann wohl: Langstreckenflug im Jahr 2012, hier von Mumbai nach München mit der Lufthansa.
Die Aufgabe, für wohlige Zerstreuung zu sorgen, ist weitgehend in die Rückenlehne des Vordersitzes delegiert worden.
Die Sitze stehen inzwischen so eng hintereinander, dass sich Fotografen einen Spaß daraus machen, entsprechende Symbolbilder...
... mit Laien-Schauspielern nachzustellen.