
Der pure Luxus: Wo Manager und Stars am Limit nächtigen
Hoch gepokert Hoteliers vom Aufschwung gerettet
Hamburg/Hongkong - Eng an eng drängen sich die Fünf-Sterne-Häuser in Berlin-Mitte aneinander: Hotel Adlon, Hotel Regent, Ritz-Carlton, Grand Hyatt, und noch einige andere Luxushäuser dazu. Solch Häufung ist mittlerweile sogar in kleineren deutschen Oberzentren zu beobachten: Die 585.000-Einwohner-Stadt Düsseldorf beispielsweise kann auf ihrer Renommiermeile, der Königsallee, mit dem Interconti, dem Breidenbacher Hof sowie einem Steigenberger Hotel ebenfalls eine beachtliche Luxusdichte auf kleinem Raum aufweisen. Und das ist das Problem. Eigentlich.
"Von einem Fünf-Sterne-Haus vertragen unsere Großstädte nicht viele", sagt Ursula Kriegl, Vizepräsidentin des Immobilienunternehmens Jones Lang La Salle. Zu klein sind Deutschlands Großstädte aus Sicht der Brancheninsider, als das sich lange Alleen von Luxuspalästen rentieren könnten. Doch die Hotelbranche hat sich davon nicht irritieren lassen und das Hotelsegment in der obersten Preiskategorie - neben dem der günstigen Budget Hotels - unverzagt ausgebaut. So auch in Düsseldorf: Im Dezember geht mit dem Hyatt Regency das nächste High-End-Haus in der Stadt an den Start. Und der übernächste Luxuspalast in der City ist bereits in Planung.
"Aus purer Not, weil die Preise aufgrund des vergrößerten Luxusangebots plötzlich unter Druck geraten, werden jetzt reihenweise Pachtverträge nachverhandelt. Das trifft auf viele deutsche Städte zu, in denen zuletzt ein Luxushotel neben dem anderen entstanden ist", sagt der Manager eines Immobilienfonds dann auch gegenüber manager magazin.
Das Schicksal der Hoteliers ist damit allerdings nicht besiegelt. Denn die Hotelbranche bekommt doppelte Hilfe, ohne die sie sich vielleicht nach dem mutigen Ausbau an manchen Orten verspekuliert hätte - und das auch noch nach einem harten, Reserven angreifenden Vorjahr:
Gerade die Luxusherbergen waren von der vergangenen Wirtschaftskrise besonders gebeutelt. Denn die Rechnung der Luxus-Hoteliers geht vielfach nur auf, wenn genügend zahlungskräftige Geschäftsreisende bei ihnen nächtigen. "Gut 18 Prozent aller Übernachtungen und fast die Hälfte des Umsatzes stammen Studien zufolge aus dem Geschäftsreisesegment", unterstreicht Markus Luthe, Hauptgeschäftsführer des Hotelverbands Deutschland, die Wichtigkeit dieses Segments. Und gerade in diesem Bereich wurde in den vergangenen beiden Jahren heftig gespart, zeigt jetzt eine Marktanalyse des Geschäftsreisespezialisten Airplus International.
Hochpreiskunden kehren zurück
Doch just in dieser Lage bekam die Hotelbranche - nach jahrelangem vergeblich Heulen und Klagen - doch noch Hilfe der Bundesregierung: Sie hat die Mehrwertsteuer auf Übernachtungen zum Jahreswechsel 2009 auf 2010 gesenkt. Seither werden auf Übernachtungen nur noch 7 statt der sonst üblichen 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig. Experten gehen deshalb nach bisherigen Schätzungen von zusätzlicher Kaufkraft zugunsten der Hoteliers von circa 950 Millionen Euro aus. Und weil die Wirtschaft derzeit schneller in Fahrt kommt, als irgendein Wirtschaftsforscher zu Beginn des Jahres vorherzusagen wagte, buchen zeitgleich auch noch wieder die Geschäftsreisenden in den Luxusherbergen. Zufall hin oder her: Im Nachhinein könnte die Branche zu Recht hoch gepokert haben. Darauf deuten beispielsweise die Zahlen des deutschen Hotel- und Gaststättenverbands.
Meldete der für das Jahr 2009 noch einen Umsatzeinbruch der Branche von 6 Prozent auf 18,3 Milliarden Euro, so stiegen die Erlöse im ersten Quartal dieses Jahrs bereits um 5,1 und im zweiten Quartal 2010 um satte 7,1 Prozent an. Tendenz: weiter zunehmend. "Die Zahl der Geschäftsreisenden ist zuletzt deutlich gestiegen und die Firmen sind nicht mehr so sparsam wie im vergangenen Jahr", kommentiert Arco Buijs den Zwischenstand, der Vorstandsvorsitzende der Steigenberger Hotel Group.
Damit reiht sich das Haus in eine Reihe internationaler Ketten ein, die weltweit von positiven Geschäftsentwicklungen berichten. Die weltgrößte Kette Intercontinental , die unter Marken wie Crowne Plaza oder Holiday Inn weltweit 4500 Hotels betreibt, hat bekanntgegeben, dass ihr Nettogewinn im ersten Halbjahr um 14 Prozent auf 135 Millionen Dollar gestiegen sei. Das sind umgerechnet rund 105 Millionen Euro. Auch Europas größter Hotelkonzern Accor , der vor allem im mittleren und unteren Preissegment mit Häusern wie Sofitel, Novotel oder Ibis arbeitet, hat seine Umsätze in den ersten neun Monaten dieses Jahres gesteigert: um 7,4 Prozent. Damit blieb ein Vorsteuergewinn von 432 Millionen Euro übrig.
Das Geschäft in Deutschland spielt für die Großen der Branche allerdings nur eine kleine Rolle - auch wenn die Geschäftsreisenden hierzulande wieder für Umsatz gerade im oberen Preissegment der Branche sorgen. International geht das Wachstum klar auf das Konto der chinesischen Reisenden. Nach Schätzungen des Forums World Travel & Tourism Council (WTTC) ist China im Asien-Pazifik-Raum der am schnellsten wachsende Reisemarkt. "Auch, wenn der überwiegende Teil der Reisen dort noch domestic, das bedeutet, im eigenen Land durchgeführt wird", sagt Gerhard Rolfes, Tourismusfachmann bei PricewaterhouseCoopers - zum Beispiel vom chinesischen Festland in die Wirtschaftsmetropole Hongkong. Da lohnt ein Ortsbesuch:
Glanz und Gloria in China
Der Swimmingpool ist ganz oben im 118. Stockwerk. Wer hier im Wasser paddelt, weiß gar nicht, wo er zuerst hinschauen soll: auf den 200 Quadratmeter großen LED-Bildschirm an der Decke oder auf die Fensterfront. Dort wartet einer der spektakulärsten Blicke auf Hongkongs Skyline überhaupt. Noch ist es nicht so weit. Das Ritz-Carlton, untergebracht im nagelneuen ICC-Wolkenkratzer, wird erst im März eröffnet. Doch schon jetzt setzt es neue Maßstäbe. Mit 490 Metern ist es das am höchsten gelegene Hotel der Welt. Durchdesignt bis in den letzten Winkel bietet es sechs Restaurants, eine Bar auf der Schwindel erregenden Dachterrasse und - für besonders gut Betuchte - eine 365-Quadratmer-Suite. Für den April sind die Zimmer schon buchbar, das günstigste kostet 410 Euro pro Nacht.
Mit dem Hongkonger Haus eröffnet Ritz-Carlton sein achtes Hotel in China. Noch vor vier Jahren hatte die Luxuskette gerade mal eines im Land. "Für uns liegt die Zukunft in China. Das Wachstum ist nicht in Nordamerika, sondern hier", jubelt Simon Manning, zuständig bei Ritz-Carlton für das Asien-Marketing. Ähnliche Töne sind quer durch die Nobelhotelbranche zu vernehmen, auch bei Intercontinental mit seinen vier Marken. "In diesem Jahr eröffnen wir insgesamt 30 Hotels in China", berichtete der Konzernchef Andy Cosslett Freude strahlend im vergangenen Juni. In Peking und Shanghai gilt der Luxusmarkt mittlerweile als gesättigt. Doch in den zahlreichen Untermetropolen besteht noch enormer Bedarf. Im wirtschaftlich boomenden China leben mittlerweile 477.000 Dollar-Millionäre, jedes Jahr wächst ihre Zahl im zweistelligen Prozentbereich. China produziert Reichtum im Zeitraffer.
"70 Prozent der Gäste in unseren Hotels in China sind Chinesen", sagt Simon Manning von Ritz-Carlton. "Das sind Unternehmer, Manager, viele Regierungsangehörige, aber auch Leute, die sich etwa für ihre Hochzeit etwas Besonderes leisten wollen." Marken wie Hyatt, Ritz-Carlton oder Marriott sind im Hotelbereich das, was Louis Vuitton oder Prada in der Mode bedeuten: westlicher Luxus. Sie sind ein Statussymbol unter den Wohlhabenden in China. Aus diesem Grund gibt es auch fast keine einheimische Konkurrenz im Highend-Segment.
Ritz-Carlton will sein nächstes Hotel in der zentralchinesischen Stadt Chengdu eröffnen. Und dabei soll es nicht bleiben, so Manning: "Wir haben 36 Ritz-Carltons in Amerika. Warum sollten wir nicht 36 Ritz-Carltons in China haben?!"