Eine Stunde mit Hillary Clinton Das Potenzial von Frauen nutzen

Wie erklären sich die Lebensleistungen so unterschiedlicher Menschen wie Warren Buffett und Herbert von Karajan, Bill Gates oder Hillary Clinton? manager magazin Online präsentiert Auszüge aus dem Bestseller "Management - Von den Besten lernen". Lesen Sie im sechsten Teil, wie Hillary Clinton zum Vorbild für Generationen wurde.
Von Frank Arnold
Hillary Clinton: Mit Leistung, starkem Willen, Wissensdurst und Disziplin an die Spitze

Hillary Clinton: Mit Leistung, starkem Willen, Wissensdurst und Disziplin an die Spitze

Foto: DPA

Hillary Rodham Clinton (*1947) begriff sich immer als eigenständige politische Akteurin. Das brachte ihr grenzenlose Bewunderung und heftige Ablehnung gleichermaßen ein. Für Millionen von Frauen in aller Welt ist sie ein Vorbild dafür, wie man sich durch Leistung, starken Willen, Wissensdurst und Disziplin bis an die Spitze der Weltpolitik arbeiten und sich dort gegen alle Widerstände behaupten kann.

Die heutige Außenministerin der Vereinigten Staaten studierte am Wellesley College und in Yale. Als erfolgreiche Prozessanwältin machte sie in den späten 80er Jahren auf sich aufmerksam, zweimal wurde sie in die Liste der 100 einflussreichsten Anwälte der USA aufgenommen.

1983 trat sie erstmals politisch in Erscheinung, als sie ein weit über die Grenzen des Bundesstaats Arkansas hinaus beachtetes Konzept zur Reform des Schulwesens für ihren Mann Bill Clinton erarbeitete, der zu dieser Zeit dort Gouverneur war. In seiner Zeit als US-Präsident in den Jahren 1993 bis 2001 war sie die bis dato politisch aktivste First Lady der USA und unterstützte ihren Ehemann insbesondere in Belangen der Sozialpolitik. Sie war bei vielen Wählern beliebt und startete im Jahr 2000 ihre eigene politische Karriere, mit dem Erfolg, dass sie zur Senatorin im Bundesstaat New York gewählt wurde, wo ihr 2006 auch die Wiederwahl gelang. Im Jahr 2007 entschieden sich die Demokraten jedoch nicht für sie als Präsidentschaftskandidatin, sondern für Barack Obama, den sie zusammen mit Joe Biden in der Schlussphase der Präsidentschaftswahl nach Kräften unterstützte.

Clara Schumann, Steffi Graf, Simone de Beauvoir

Sie haben es sicher schon bemerkt: Es gibt zu viele Männer in diesem Buch. Das liegt nicht daran, dass es an exzellenten Beispielen von Frauen fehlte, ganz im Gegenteil. Viele der behandelten Themengebiete hätten bestens anhand der Biografien und Leistungen von Frauen illustriert werden können: Clara Schumann, die Pia­nistin und Komponistin und eine der führenden Musikerinnen des 19. Jahrhunderts, hätte eine Fülle von Beispielen geliefert. Steffi Graf, die bei 22 Grand-Slam-Turnieren triumphierte, davon siebenmal in Wimbledon, und 377 Wochen auf Platz eins der Weltrangliste stand, länger als je ein anderer Tennisprofi zuvor. Marie Curie, die polnisch-französische Chemikerin, die erste Frau, die einen Nobelpreis erhielt, und das gleich zweimal: 1903 in Physik zusammen mit ihrem Ehemann Pierre Curie und ihrem Lehrer Antoine Henri Becquerel und 1911 alleine in Chemie.

Maria Theresia, österreichische Regentin, Königin von Ungarn und Böhmen, die 1746 gegen großen Widerstand mit inneren Reformen die Umstrukturierung ihres Reichs begann, wobei sie unter anderem das Schulwesen erneuerte und dem Volk Zugang zu allgemeiner Schulbildung verschaffte sowie eine Universität in Wien errichtete. Anita Roddick, die herausragende Unternehmerin und Gründerin des Kosmetikunternehmens The Body Shop, die nicht nur durch eine kluge Strategie, sondern auch durch Marketingkonzepte, die vor allem auch auf Mundpropaganda basierten, ihrer Zeit weit voraus war. Simone Young, eine der berühmtesten Dirigentinnen unserer Zeit, der bis heute viele Auszeichnungen und Ehrungen zuteilwurden und die es 1993 als erste Frau in der Geschichte schaffte, die Leitung der Wiener Philharmoniker zu übernehmen, die damals nur aus Männern bestanden.

Nicht zuletzt hätte Simone de Beauvoir, die französische Schriftstellerin, die als bedeutendste Theoretikerin der Frauenfrage und als "Galionsfigur der weiblichen Emanzipation" gilt, viele Anknüpfungspunkte zum Thema Führung geboten. Wenn jemand als Antreiber von Innovationen auf dem Gebiet der Gleichberechtigung der Geschlechter gelten darf, dann wohl allen voran sie. Ihr wegbereitendes Buch "Das andere Geschlecht" wurde bereits im Jahr 1949 veröffentlicht. Ihre Ansichten zu Sexualität, Mutterschaft und Abtreibung lösten einen Sturm der Entrüstung aus, und der Vatikan setzte das Buch auf den Index. Das Werk wurde durch die Frauenbewegung der 1970er-Jahre wiederentdeckt, millionenfach in aller Welt verkauft und gilt heute als eines der bedeutendsten Werke des Feminismus. Alle diese Beispiele hätten bestens zur Illustration von wirksamem Management dienen können. Unsere Gesellschaft hat viel Nachholbedarf, was Frauen in Spitzenpositionen angeht.

In Anbetracht der Fülle an möglichen Beispielen könnte man gerade bei diesem Thema sagen, dass Hillary Clinton etwas zufällig gewählt ist. Wenn Sie so wollen, ja, man hätte bestens auch andere herausragende Frauen nehmen können; ich habe sie gewählt, weil sie weltweit vermutlich die bekannteste Frau in einer Topführungsposition ist.

Dieses Buch spiegelt jedenfalls ganz bewusst das Missverhältnis zwischen Männern und Frauen in leitenden Positionen wider. Werfen Sie einen Blick auf das Inhaltsverzeichnis, wie ernüchternd so ein Verhältnis aussieht. Die Frauenquote in diesem Buch liegt bei unter zehn Prozent, in etwa genauso dramatisch niedrig wie in Spitzenpositionen der Wirtschaft. Das ist absolut untragbar! Aus den für Management zentralen Kriterien Leistung und Ergebnisse ist dieser Zustand weder zu erklären noch zu rechtfertigen und zudem ist es aus der Sicht von wirksamer Führung nicht resultatsorientiert, das wertvolle Potenzial ungenutzt zu lassen.

Den Realitäten des Marktes und der Kunden entsprechen

Dass bei der konkreten Quote von weiblichen Managern je nach Untersuchung Schwankungen auftreten, die durch die Unternehmensgröße oder durch die unterschiedliche Definition von hoher Führungsposition bedingt sind, ändert nichts am Gesamtbild, dass es zu wenige sind.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Eine von der Politik verordnete Zwangsquote dürfte eher der falsche Weg sein. Personalentscheidungen müssen im Interesse des Unternehmens getroffen werden und nicht, um am grünen Tisch entworfene Quoten zu erfüllen. Vielmehr liegt es im höchsten Interesse des Unternehmens selbst, dass die verantwortlichen Führungskräfte der Unternehmensführung eine Struktur geben, die den Realitäten des Marktes und der Kunden entsprechen. Um es nochmals zu betonen: Die Verantwortung für die entsprechende Gestaltung der Führungsstruktur liegt bei der Unternehmensspitze selbst und bei den zu­ständigen Aufsichtsorganen. Man kann kein Unternehmen auf sinnvolle und langfristig tragfähige Weise führen, indem man es im Interesse von Interessengruppen führt, sondern man muss das Unternehmen im Interesse des Unternehmens selbst führen.

Vielleicht macht auch Sie es stutzig, dass gerade einige der besten Unternehmen, darunter eine Vielzahl der weniger bekannten Weltmarktführer, einen überdurchschnittlich hohen Anteil von Frauen in den Führungsetagen aufweisen. Glauben Sie, das sei Zufall? Vielleicht. Gute Leistungen sind nicht an Rasse, Geschlecht, Religion, Nationalität oder Familienstand gebunden. Selbst wenn man diese Ergebnisse im Fall der unbekannten Weltmarktführer (Hidden Champions, wie sie Hermann Simon nennt) nicht für überzeugend oder gar für zufällig halten sollte, so ist der Unterschied in der Geschlechterverteilung doch immerhin auffällig.

Rund die Hälfte der Beschäftigten in Europa ist weiblich, darunter viele hoch qualifizierte Wissensarbeiterinnen, die mit ihrem Wissen mobil sind. Sie werden zu den Organisationen gehen, die Frauen eine gleichberechtigte Chance geben, wo sich dann die besten Köpfe eines Landes sammeln werden. Man braucht nicht viel Managementverständnis, um zu erkennen, dass dies in einer Wissensgesellschaft der zentrale Wettbewerbsvorteil ist.

Der entscheidende Wettbewerbsvorteil

Falls Ihnen diese Prognose der Anziehungskraft von Organisationen für kluge Frauen zu spekulativ erscheint, möchte ich Ihren Blick einmal auf das Internet lenken. Die Nutzung des weltweiten Netzes hat sich in den letzten Jahren tief greifend verändert. Dort organisieren sich alle nur denkbaren Interessengruppen, so auch an Leistung interessierte Frauen, und das schon seit geraumer Zeit. Die guten Leute werden dorthin gehen, wo sie Chancen haben. Über das Netz lässt sich diese Information schnell einholen und weitergeben.

Die Organisationen, die dafür Sorge tragen, dass kluge, leistungsorientierte Frauen bei ihnen arbeiten wollen, werden im Wettbewerb um gute Köpfe einen großen Vorsprung haben. Das geschieht ganz von selbst – eben weil die besten Leute sich selbst organisieren. Mit dem Wissen und den Fähigkeiten der besten Frauen an Bord haben diese Organisationen dann auch den entscheidenden Wettbewerbsvorteil auf ihrer Seite. Es kann nicht deutlich genug herausgehoben werden, welche Chance für eine Gesellschaft darin liegt, das zum Großteil brachliegende Potenzial der Frauen zu nutzen. Jeder Schritt ist dabei wertvoll, grundlegende Veränderungen sind nie leicht, sie benötigen Zeit und Standfestigkeit vonseiten der Entscheider.

Es spricht sehr für Hillary Clinton, dass sie das Amt in der Regierung von Barack Obama angenommen hat. Ihr Vorbild inspiriert Millionen von Frauen in aller Welt, genau wie auch das Vorbild anderer kompetenter Regierungs- und Unternehmensleiterinnen Frauen inspiriert. In diesen höchsten Ämtern in Konzernen und Regierungen gehören sie momentan noch zu den Pionieren, aber sie ändern die Ansichten der Menschen darüber, was möglich ist.

Als Reinhold Messner im Jahr 1978 ohne zusätzlichen Sauerstoff den Mount Everest bestieg, war das eine Weltsensation, heute zählt dies für die Spitzenbergsteiger der Welt zur Normalität. Die Pionierleistungen von Frauen wie Hillary Clinton und anderen Spitzenkräften der Politik und Wirtschaft in den höchsten Ämtern sind und bleiben von unschätzbar großer und gesellschaftlich prägender Bedeutung.

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