Strategisches Management Wie Fußball-Manager entscheiden

Zur Weltmeisterschaft hat das manager magazin eine Serie darüber gestartet, was Chefs von den Fußballprofis lernen können. Im dritten Teil geht es darum, welche Managementziele besonders hartnäckig verfolgt werden sollten.
Von Sven Voelpel und Ralf Lanwehr
Fußballtrainer Felix Magath: Als Producer, Mentor und Director erfolgreich

Fußballtrainer Felix Magath: Als Producer, Mentor und Director erfolgreich

Foto: INA FASSBENDER/ REUTERS

Hamburg - Führungskräfte im Verein müssen im Profifußball in der Kommunikation nach innen und außen eine prekäre Balance wahren: Das Marketing und die Öffentlichkeitsarbeit von Vereinen sind zwar für die Außendarstellung eines Vereins extrem wichtig. Eine zu große Durchlässigkeit lenkt die Mannschaft und den Trainer aber von den eigentlichen Aufgaben ab. Die Abschottung in Trainingslagern, Geheimtrainings und das Prinzip, Interna auch wirklich intern zu diskutieren, mögen aus Sicht von Trainer und Mannschaft nachvollziehbar sein. Sie kollidieren aber mit dem öffentlichen Interesse, welches Ausdruck einer zunehmenden Kommerzialisierung des Sports ist.

Die Vereine müssen also Fans und Medien einerseits einbinden, andererseits gleichzeitig auch Abstand halten. Außenwirkung ist durch Abschottung nicht in der gewünschten Weise zu erzielen. Der öffentlich noch auf dem Platz nach dem verlorenen EM-Finale 2008 zwischen Michael Ballack und Oliver Bierhoff ausgetragene Streit ist Ausdruck dieser widerstreitenden und in diesem Fall nach Ansicht Ballacks offenbar schlecht ausbalancierten Interessen.

Die richtige Balance

Auch die verschiedenen Kundensegmente müssen unter einen Hut gebracht werden. Die Fans in der Kurve mögen vielleicht das Rückgrat des Vereins und unerlässlich für die gute Stimmung bei Heimspielen sein. Vom Stadioneintritt, dem Bierverkauf und ein paar Bratwürstchen alleine lassen sich aber nicht hinreichend Einnahmen erwirtschaften. Andererseits sorgen zwar Sponsoren und Premiumkundschaft für klingelnde Kassen, aber die Luxusfans beanspruchen dafür auch die besten Plätze im Stadion, schüren damit Neid unter den Fans und untergraben durch weniger Enthusiasmus und Anfeuerung die Stimmung und ein Gefühl von Ursprünglichkeit im Stadion.

Auch die Balance im Umgang mit den Spielern ist wichtig. Die Mannschaft soll nämlich einerseits als homogenes Team auftreten und einen starken Teamgeist entwickeln, andererseits werden jedoch oftmals Starspielern Sonderrechte eingeräumt. Werder Bremens Manager Klaus Allofs zum Beispiel äußerte im Jahr 2008: "Diego erfährt keine Sonderbehandlung, ist aber auch nicht gerade die Nummer 20 im Kader."

Die Mannschaft soll über einen längeren Zeitraum natürliche Hierarchien herausbilden, sich finden und an die Laufwege und Eigenarten der jeweils anderen Spieler gewöhnen, andererseits werden jedoch bestehende Strukturen in hoher Taktung durch die halbjährlichen Transfers, kurzfristige Leistungsexplosionen und -einbrüche sowie Verletzungs- und Rehapausen immer wieder verändert. Auch die Balance aus erfahrenen älteren Spielern und jungen, erfolgshungrigen Spielern macht immer wieder schwierig auszutarierende Balancestrategien auf Seiten des Trainers notwendig.

Der Mentor und der Producer

Das theoretische Konzept des "Competing Values Framework" erläutert dabei, welche Rollen den Erfolg eines Managers konkret ausmachen und wo welche Gegensätze bestehen. Die auszufüllenden Rollen stehen nämlich genau wie im richtigen Leben zueinander im Widerspruch. Beispiele sind etwa die Rollen des Mentors und des Producers.

Manager in der Rolle des Mentors müssen sich individueller Bedürfnisse bewusst sein, aktiv zuhören, fair bleiben, legitime Wünsche unterstützen und die persönliche Entwicklung des einzelnen begleiten. Der Producer hingegen ist aufgabenorientiert und arbeitsfokussiert. Er ringt um Ergebnisse und motiviert gezielt Verhalten, welches sich direkt in Arbeitsergebnissen des Teams niederschlägt. Das beinhaltet natürlich auch, dass der Manager den Angestellten beizeiten auch mal gehörig in den Hintern tritt und somit in Konflikt mit der Rolle des Mentors gerät.

Eine Überschrift des Kicker des Jahres 2008 lautete: "Klopp - knallharter Kumpel". Jürgen Klopp von Borussia Dortmund wird im entsprechenden Artikel minutiös beobachtet und es wird konzediert, dass eine der entscheidenden Stärken von Klopp darin besteht, dass er die richtige Balance gefunden hat, seinen Profis einerseits kräftig einzuheizen (Producer), andererseits aber auch glaubhaft Aufbauhilfe leisten kann, wenn Unsicherheiten bestehen oder neue Spieler bzw. Systeme integriert werden müssen (Mentor).

Langfristige Erfolge durch Ausfüllen verschiedener Rollen

Dummerweise hat sich mittlerweile bestätigt, dass es wichtig ist, alle acht Rollen auszufüllen. Gute Trainer sind also nicht nur die eine Sorte Feuerwehrleute, die innerhalb kürzester Zeit allen Spielern so viel Dampf auf dem Kessel machen, dass selbst Schwerverletzte wieder über den Platz humpeln. Das funktioniert nämlich nur für kurze Zeit. Die andere Sorte Trainer, die sich auf die Spieler einlässt, neue Wege sucht und einen soften Ansatz wählt, kann damit ebenfalls nur kurzfristig erfolgreich sein.

Wichtig ist, dass ein Trainer all diese Rollen ausfüllen kann. Nur so wird langfristiger Erfolg ermöglicht, wie sich an den Beispielen von Arsene Wenger oder auch von Alex Ferguson in England zeigt. Auch in Deutschland lässt sich eine solche Tendenz beachten.

Herausragend dabei ist insbesondere Felix Magath, der in tatsächlich sehr beeindruckender Manier an sich gearbeitet hat und mittlerweile seine Schwächen in den Rollen des Brokers, Producers und Facilitators ausmerzen konnte. Andere Rollen beherrschte er hingegen schon immer, beispielsweise die des Monitors und Directors - in denen er es durch Spitznamen wie "Quälix" sogar zu einiger Berühmtheit brachte. Auch die Rolle des Mentors war Magath schon immer zu eigen und sein Gespür für Talent ist nicht erst seit Wolfsburger Zeiten beeindruckend - man denke nur an seine Zeit beim VfB Stuttgart, in deren Verlauf die von ihm geformte Mannschaft bestehend aus Lahm, Hinkel, Kuranyi, Hildebrand oder auch Hleb die Bezeichnung der "jungen Wilden" hervorrief.

Mehr lesen über

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren