Fußball-Management Wenn Emotion zum Erfolg wird

Erfolgreicher WM-Start: Bundestrainer Joachim Löw
Foto: STEPHANE DE SAKUTIN/ AFPHamburg - Das Thema des Umgangs mit Widersprüchen und Gegensätzen zieht sich durch viele Teile des Profifußballs und ist vielfach natürlicher Bestandteil der Überlegungen nicht nur der Manager in Bezug auf die beidhändige, strategische Ausrichtung des Vereins, sondern auch der Trainer. Der muss sich bei einer Profimannschaft nämlich zwangsläufig damit beschäftigen, wie der Mannschaft moderne taktische Prinzipien vermittelt werden können: Die Kicker müssen auf dem Platz etwas wagen, vertikal spielen, in Dribblings die Eins-zu-Eins-Situationen suchen und die gegnerische Verteidigung aufreiben. Gleichzeitig müssen sie jedoch die taktische Grundordnung wahren, Ballverluste in der Vorwärtsbewegung vermeiden und Fehler minimieren.
Wie kann ein Trainer insbesondere einem jungen Spieler nun beibringen, dass er wann welche Risiken eingehen soll, ohne gleichzeitig Fehler zu machen, die womöglich zu Gegentoren führen? Wie kann er die Spieler warnen und auf Disziplin einschwören, ohne gleichzeitig die Kreativität und die Überraschungsmomente zu zerstören?
Die theoretische Antwort aus der Betriebswirtschaft lautet: transaktionale und transformationale Führung! Und obwohl diese Begriffe zugegebenermaßen etwas sperrig sind, lässt sich das zugrunde liegende Phänomen im Fußball ganz hervorragend beobachten.
Die transaktionale Führung bezieht ihren Namen aus dem Austausch zwischen der Leistung eines Mitarbeiters und der daraus resultierenden Belohnung (beispielsweise Geld, Weiterbildung oder Beförderung). Sie umfasst etwa den Gedanken, dass klare Ziele Handlungssicherheit bieten und eine Führungskraft erst dann eingreifen sollte, wenn Standards nicht erreicht werden. Eine Führung nach transaktionalen Prinzipien funktioniert alleinig zwar bereits recht gut, ist aber für exzellente Ergebnisse nicht ausreichend. Neben den eher klassischen Führungstechniken der transaktionalen Führung zeigen die Erkenntnisse der vergangenen zwanzig Jahre in überwältigender Weise, dass zusätzlich auch die Gefühle der Geführten angesprochen und gebahnt werden müssen.
Und genau das leistet die transformationale Führung. Es geht dabei im Wesentlichen darum, den Mitarbeitern Orientierung zu geben, sie intellektuell herauszufordern und emotional einzubinden. Die Kombination aus Elementen der transaktionalen und der transformationalen Führung ist insbesondere deshalb so wirksam, weil sich beide Komponenten gegenseitig so hervorragend ergänzen: Hunderte von Untersuchungen zeigen, dass sich die Effekte von transaktionaler und transformationaler Führung gegenseitig addieren.
Die Führungsstärke des Jürgen Klinsmann
Gerade im Fußball wird dieses Führungsmodell in beeindruckender Weise gelebt. Der ehemalige Bundestrainer Jürgen Klinsmann beispielsweise hielt sich im Rahmen der Vorbereitungen zur Welmeisterschaft 2006 geradezu minutiös an die entsprechenden theoretischen Vorgaben, die nicht nur die Spieler, sondern gleich ein ganzes Land mitrissen. Auch viele andere Trainer, z.B. Thomas Schaaf, Jürgen Klopp oder auch Hans Meyer richten sich wissentlich oder unwissentlich sehr stark nach der parallelen Umsetzung transaktionaler und transformationaler Elemente der Teamführung. Doch niemand verfolgte diese Linie so konsequent wie Jürgen Klinsmann als Nationaltrainer.
Vergegenwärtigen Sie sich die Situation nach der Europameisterschaft 2004, als Rudi Völler zwar abdankte, die Öffentlichkeit ihn aber nicht einmal zum Hauptschuldige für das damals schlechte Abschneiden der deutschen Elf verantwortlich gemacht hatte. Vielmehr war die Mannschaft nach Meinung aller Experten zu schwach und es fehlte der Nachwuchs.
Verglichen mit dem Enthusiasmus, dem Optimismus und dem Stolz, der nicht nur die junge deutsche Mannschaft, sondern auch weite Teile des Landes im Sommer 2006 erfasste, dann wissen Sie um die Effekte der transformationalen Führung, die über vier Komponten funktioniert: eine Vision, das Charisma des Führenden, die Herausforderung der Geführten sowie das Eingehen auf den Einzelnen. Jürgen Klinsmann hat es als Trainer der deutschen Nationalmannschaft in herausragender Weise geschafft, die Prinzipien der transformationalen Führung bis ins Detail umzusetzen.