
Smartphone-Markt Apple gegen den Rest der Welt
Hamburg - Es sind Szenen, die Apples Konkurrenz an den Rand der Verzweiflung treiben müssen. Zum heutigen Verkaufsstart des neuen iPhone drängelten sich Tausende Interessenten vor den Filialen der Mobilfunkanbieter in Deutschland, den USA, Großbritannien und Japan. Manche übernachteten vor den Geschäften, um an ein neues Gerät zu kommen - und wurden letztlich doch enttäuscht. "Wenn ein neues Produkt von Apple herauskommt, dann kaufe ich es", begründete ein junger Japaner nüchtern die freiwillige Tortur.
Wo immer Apple sein iPhone 4 in die Regale bringt und Mobilfunkanbieter den Bestellbutton im Netz freigeben, kommt es zu tumultartigen Szenen - deren öffentliche Wirkung dem Verkauf wiederum nicht eben abträglich ist. Bereits am ersten Tag dürfte Apple eine Million Telefone verkaufen und damit einen Rekord aufstellen, erwarten Analysten.
Apple mischt den rasant wachsenden Markt für Smartphones weiter kräftig auf. Beispiel USA: Dort ist der Marktanteil des iPhone in den USA im ersten Quartal auf mittlerweile 28 Prozent angeschwollen - und damit um 2 Prozentpunkte gestiegen, wie die Marktforscher von Nielsen zuletzt errechneten.
Platzhirsch Research in Motion (RIM) und sein Blackberry sind bereits in Sichtweite. Der Anteil sank im selben Zeitraum um 2 Prozentpunkte auf 35 Prozent. Auch Geräte auf Basis von Windows Mobile verloren. Zulegen konnte lediglich Google mit seinem Android-System ebenfalls deutlich wachsen.
Branchenkenner schreiben Nokia vorerst ab
Nun legt RIM, der wichtigste Apple-Konkurrent im Bereich der Smartphones Zahlen vor. Und weite Teile der Telekommunikationsbranche hoffen, dass die Kanadier nicht auch noch als Widersacher des Jobs-Imperiums ausfallen, dessen Aufstieg auch Mobilfunkanbietern immer unheimlicher wird.
Erste Konkurrenten scheinen einzuknicken. In der vergangenen Woche hatte Nokia den Markt verschreckt. Die Aktien brachen um 9 Prozent ein, nachdem der Konzern seine Umsatzziele nach unten korrigiert hatte und auch die operative Gewinnmarge niedriger ansetzte. Probleme hat das Unternehmen ausgerechnet bei den margenstarken Smartphones. Das ist besonders bitter, weil der Markt rasant wächst und laut Branchenkennern bereits in fünf Jahren mehr als 60 Prozent aller verkauften Handys Smartphones sein dürften.
An der Börse hat Nokia nur noch etwa ein Siebtel des Börsenwerts von Apple. Zuletzt flog der finnische Konzern zu allem Überfluss auch noch aus dem prestigeträchtigen Index Dow Jones Global Titans, in dem die 50 wichtigsten an der Börse notierten Konzerne notiert sind.
Schon schreiben Branchenkenner Nokia vorübergehend ab. "Es wird im Smartphone-Markt einen Dreikampf zwischen Apple, RIM und Android geben. Dass da noch ein vierter Platz hat, bezweifle ich", sagt Telekommunikationsexperte Klaus von den Hoff von der Unternehmensberatung Arthur D. Little, gegenüber manager magazin.
Experte: "Apple darf sich keinen Flop erlauben"
Mit RIM und Android scheint es seiner Ansicht aber zumindest zwei Konkurrenten möglich, einen Durchmarsch von Apple zu verhindern. "Für Schnell- und Vielschreiber bleibt der Blackberry mit seiner Tastatur das Maß aller Dinge." Android punkte vor allem mit seinen intelligenten Verknüpfungsmöglichkeiten der Daten.
Doch kann RIM mit seinem Blackberry die Vorherrschaft tatsächlich verteidigen? Im Gegensatz zu den Kunden von Apples iPhone und Android-Handys legen Blackberry-User offenbar weniger Wert darauf, dass auch ihr nächstes Gerät mit demselben Betriebssystem läuft. Nur 47 Prozent finden das wichtig - ein Alarmsignal. Bei Android sind es laut Nielsen 70 und bei Apple 80 Prozent. "Apple verfügt über ein geschlossenes System", sagt von den Hoff mit Blick auf Zusatzangebote wie iTunes und der App-Store, die Apple weitere Milliardenumsätze bringen.

Und Apple hat sein Neukundenpotenzial offenbar noch lange nicht ausgeschöpft. In vielen Ländern - darunter Deutschland - wird das iPhone nach wie vor nur über einen exklusiven Mobilfunkanbieter vertrieben. Doch diese Zeit geht vielerorts demnächst zu Ende. In Deutschland endet der Exklusivvertrag zwischen Apple und der Deutschen Telekom (T-Mobile) 2012.
Wer gewinnt im neuen Segment der Billig-Smartphones?
Was dann passieren könnte, zeigen Beispiele aus anderen Ländern. In Frankreich beispielsweise hat sich der Absatz von iPhones fast verdoppelt, seit es nicht mehr nur vom Anbieter Orange vertrieben wird. Inzwischen ist mehr als jedes zehnte in Frankreich verkaufte Handy ein iPhone. In Deutschland liegt der Wert bei lediglich 4 Prozent.
Gelingt es den Kaliforniern tatsächlich, den Markt in ein paar Jahren zu dominieren, würden darunter vor allem die Mobilfunkanbieter leiden, ist von den Hoff überzeugt. "Operators, die ein iPhone im Portfolio haben, sollten sich nicht nur auf dieses konzentrieren - insbesondere vor dem Hintergrund der wachsenden Abhängigkeit".
Die nächste Herausforderung stellt sich allen Herstellern vermutlich im Segment der günstigen Handys mit einigen typischen Smartphone-Funktionen wie Internetzugang. "Für Android ist das eine Chance", sagt von den Hoff. Unwahrscheinlich sei hingegen, dass RIM in diesen Gefilden erfolgreich mitmischen würde, obwohl es dem Hersteller bereits gelungen ist, mit seinen Geräten auf den Massenmarkt vorzudringen.
Branchenexperten erwarten dagegen, dass Apple dann mehrere Versionen des iPhone anbietet. Doch aus Sicht von von den Hoff liegt für das Unternehmen ein Risiko. "Apple darf sich keinen Flop erlauben. Die Kunden sind bei Apple auf totale Perfektion eingestellt. Die Latte hängt brutal hoch."