Konjunktur
Deutschland wächst weiter - trotz Krise
Das neue Konjunkturbarometer des manager magazins zeigt eine deutlich aufgehellte Schönwetterlage. Das Wachstum zieht an - und das in einer Zeit, da die Finanzkrise die Wirtschaft in Atem hält.
Es läuft wieder rund: Das Wachstum in Deutschland dürfte 2010 höher ausfallen, als viele vermutet haben. Spannend wird sein, ob der mm-Indikator den erreichten Stand halten wird
Foto: Sean Gallup/ Getty Images
Die Stimmung ist gut unter den Managern in Deutschland. Die Geschäftslage ihrer Unternehmen beurteilten sie im Mai per saldo um einiges besser als im langjährigen Mittel, die Aussichten fürs Geschäft in den kommenden sechs Monaten sogar sehr viel besser.
Legt man die Zusammenhänge zwischen den Einschätzungen der Manager und der Konjunktur - gemessen am Anstieg des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) - während vergangener Konjunkturzyklen in Deutschland zugrunde, wie dies der neue mm-Indikator tut, so ist im laufenden Jahr eine Zunahme des realen BIP um 1,9 Prozent drin. Die gesamtwirtschaftlichen Produktionskapazitäten, die derzeit vermutlich etwa um 1 Prozent wachsen, wären dann zwar wohl immer noch unterausgelastet, allerdings deutlich weniger als im vergangenen Jahr.
Und vor allem auch weitaus weniger als noch vor Kurzem realistisch erschien. Noch der April-Wert des Indikators deutete nur auf einen Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Produktion um magere 1,3 Prozent hin, der Internationale Währungsfonds prognostizierte damals sogar nur 1,2 Prozent, die Gemeinschaftsdiagnose kam Ende April mit 1,5 Prozent heraus.
Auch wenn im aktuellen manager magazin die erste Veröffentlichung des neuen Indikators erfolgt, so haben wir doch historische Indikatorstände berechnet, um im Wege eines "back testing" zu prüfen, wie es dem Indikator in der Vergangenheit gelungen wäre, die konjunkturelle Entwicklung vorwegzunehmen.
Euro-Krise hat in Deutschland nicht nur negative Wirkungen
Woher also kommt der große Umschwung im Mai und Juni? Vor allem: Wie konnte der Indikator im Juni erneut steigen? Immerhin hielten doch die Turbulenzen um die Finanzierung der griechischen (und spanischen, portugiesischen, belgischen, italienischen…) Staatsschulden Finanzmärkte und Politik in Atem.
Dass diese Krise in dem Konjunkturbild, dass der Indikator zeichnet, noch keine Bremsspuren hinterlassen hat, hat zwei Gründe: Zum einen antworteten die Manager auf die Frage nach ihren Erwartungen für die kommenden sechs Monate per saldo zwar vorsichtiger als im Vormonat, dies aber nur sehr geringfügig. Offenbar standen den Befürchtungen um die Folgen neuerlicher Bankenpleiten und um die Absatzaussichten im südlichen Europa entgegen, dass die "Griechenland-Krise" in Deutschland nicht nur negative Wirkungen hatte.
Immerhin stimuliert die deutliche
Abwertung des Euro den Export in Länder außerhalb des Währungsgebietes, vor allem nach Asien. Und der krisenbedingte
Rückgang der Hypothekenzinsen lässt nicht nur die Herzen junger Familien und anderer potentieller Häuslebauer höherschlagen, sondern auch die der Manager in der Bauwirtschaft.
Eine Rolle spielte darüber hinaus ein statistischer Effekt. Im Mai revidierte das Statistische Bundesamt seine Schätzung vom vergangenen Februar für das reale Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal 2009 nach oben. Da damit das Ausgangsniveau für das BIP im Jahr 2010 höher liegt als zuvor, erhöht sich automatisch der Indikator; ohne diesen Effekt wäre er gegenüber dem Stand vom Mai gesunken.
Interessant ist nun, ob der Indikator den erreichten Stand halten wird. Ähnlich optimistisch hinsichtlich der Geschäftsaussichten wie im April 2010 waren die deutschen Manager zuletzt im April 2007. Damals strebte der Boom der Weltwirtschaft seinem Höhepunkt zu - und nur wenige Wochen später sollte eine globale Banken- und Finanzkrise, wie sie in den Industrieländern seit den 1930er Jahren nicht mehr aufgetreten war, die Konjunktur erschüttern. Diese Krise ist noch längst nicht ausgestanden.
Es läuft wieder rund: Das Wachstum in Deutschland dürfte 2010 höher ausfallen, als viele vermutet haben. Spannend wird sein, ob der mm-Indikator den erreichten Stand halten wird