Einkommensmillionäre "Plünderung der Aktionäre"
mm: Herr Maßmann, die große Koalition hat in einem letzten Kraftakt die Regeln zur Vorstandsvergütung verschärft. 15 von 30 Dax Konzernen haben darauf hin ihre Gehaltssysteme für das Top Management angepasst. Ist die Gehaltsexplosion im Topmanagement damit gestoppt?
Maßmann: Das würde mich sehr wundern. Gute Topmanager sind weiterhin ein sehr knappes Gut.
mm: Warum werden die Gehälter trotz der neuen Regeln weiter steigen?

Jens Maßmann von Ernst & Young: "Viele Vorstände werden am Ende mehr ausgezahlt bekommen, als sie in den vergangenen Jahren verdient haben"
Maßmann: Ganz einfach, die neuen Regeln führen dazu, dass bislang in bar ausgezahlte Boni künftig auch als aktienbasierte Vergütung ausgeschüttet werden. Wenn die Folgen der Krise ausgestanden sind und die Börsenkurse - ähnlich wie nach der letzten durch das Zerplatzen der Hightechblase an den Aktienmärkten ausgelösten Finanzkrise - ein paar Jahre lang kontinuierlich ansteigen, werden viele Vorstände am Ende mehr ausgezahlt bekommen, als sie in den vergangenen Jahren verdient haben.
mm: Dafür verlieren sie aber Geld , wenn ihre Unternehmen rote Zahlen schreiben oder es an den Finanzmärkten schlecht läuft.
Maßmann: Das ist schon richtig. Nur werden die Gehaltseinbußen in vielen Fällen auf den ersten Blick gar nicht sichtbar. Die neuen Regeln gehen also an einem ursprünglich angepeilten Ziel vorbei: mehr Transparenz bei der Vergütung. Und deshalb wird sich auch die rituelle Aufregung über Höhe und Angemessenheit der Managergehälter nicht legen.
mm: Das müssen Sie uns erklären.
Maßmann: Nehmen wir einmal an, der Chef eines großen Konzerns wird auf Basis der Durchschnittsrendite der vergangenen drei Jahre bezahlt. Nehmen wir weiter an, dass er die beiden ersten Jahre Rekordgewinne einfährt und er im dritten Jahr aus welchen Gründen auch immer in die roten Zahlen rutscht. Im Endeffekt wird er aber wegen der beiden Rekordjahre auch im Jahr des Verlustes ein relativ hohes Gehalt kassieren. Die Schlagzeile die einer solchen Meldung folgen können Sie sich ausmalen: Rekordgehalt trotz Rekordverlust.
mm: Dieser Effekt stellt sich doch genauso ein, wenn ein Vorstandschef sein Unternehmen nach zwei Verlustjahren wieder in die Gewinnzone führt.
Maßmann: Ja, und genau deshalb wird das höhere Risiko, das zwangsweise durch die längeren Laufzeiten entsteht vergütet werden. Durch eine Erhöhung der fixen Gehaltsbestandteile beispielsweise, durch die Aufstockung der Altersversorgung oder einfach dadurch, dass erhebliche Teile der variablen Vergütung nicht durch harte Renditekennziffern bestimmt werden sondern durch nur schwer messbare soziale Faktoren wie von Gewerkschaftsseite gefordert.
mm: Was ist falsch, wenn nicht nur die Interessen der Shareholder in die Bemessung der Saläre des Top Managements einfließen?
Maßmann: Weil es am Ende die Eigentümer, also die Aktionäre sind, die den Vorstand bezahlen. Das Topmanagement muss sich also anhand klar nachvollziehbarer Kriterien daran messen lassen, welchen Nutzen es für die Eigentümer hat. Wenn eine nachvollziehbare Dokumentation dieses Nutzens gelingt, werden weder die Aktionäre noch die Öffentlichkeit ein Problem damit haben, wenn ein erfolgreicher Vorstand richtig gut verdient. Je komplexer und undurchsichtiger die Kriterien der Gehaltsfindung dagegen ausfallen, desto größer die Gefahr, dass die Aktionäre geplündert werden.