Autogipfel "Ehrgeiz, aber auch Zuversicht"
Berlin - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat auf dem Elektroauto-Gipfel der Bundesregierung die Industrie aufgerufen, in einer gemeinsamen Kraftanstrengung die Entwicklung von Elektrowagen voranzutreiben. Bei dieser Aufgabe gebe es eine "wirkliche partnerschaftliche Verantwortung" von Politik und Wirtschaft, sagte Merkel am Montag in Berlin. Diese Verantwortung für die umweltfreundliche Zukunftstechnologie Elektromobilität gemeinsam wahrzunehmen, sei der "eigentliche Kern" der zuvor gegründeten sogenannten Nationalen Plattform Elektromobilität.
Deutschland habe die Entwicklung des Automobils im 20. Jahrundert stark mitbestimmt und daraus solle "der Ehrgeiz, aber auch die Zuversicht erwachsen", dass dies auch für das Auto des 21. Jahrhunderts möglich sei, sagte Merkel bei dem Treffen in Berlin. Gemeinsam mit Vertretern aus Industrie, Wissenschaft und Politik rief die Kanzlerin die Plattform Elektromobilität ins Leben: Der Zusammenschluss soll in den kommenden Monaten eine Strategie für die Entwicklung umweltfreundlicher Elektroautos in Deutschland entwerfen.
In spätestens einem Jahr solle sich das Forum erneut treffen, um die erarbeiteten Ergebnisse zu bewerten, sagte Merkel. "Wer exzellent sein will im internationalen Rahmen, muss eine klare Analyse machen: Wo stehen wir, wo haben wir unsere Schwachstellen und wo sind unsere Stärken." Die Regierung verfolgt das Ziel, bis 2020 eine Million Elektroautos auf die Straßen zu bringen und Deutschland in den nächsten Jahren international zum Marktführer bei den E-Fahrzeugen und den nötigen Zuliefertechniken zu machen.
Die Kanzlerin hob die Bedeutung der Elektrowagen für den Umweltschutz hervor. Weltweit steige in den kommenden Jahren das Bedürfnis nach individueller Mobilität an, sagte Merkel. "Das heißt, wir müssen sehen, dass wir ressourcenunabhängiger, umweltfreundlicher, nachhaltiger das grundsätzliche Bedürfnis nach Mobilität erfüllen."
"Wir wollen uns in Zukunft noch enger mit den Beteiligten abstimmen", sagte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) der "Berliner Zeitung" (Montagausgabe). Den Forderungen aus der Autobranche nach direkten Kaufanreizen erteilte er aber erneut eine Absage. "Wir haben noch kein ausgereiftes und preislich wettbewerbsfähiges Serienfahrzeug", sagte er. Deshalb wolle die Regierung zunächst in Forschung und Entwicklung investieren. "Wir können nicht den zweiten Schritt vor dem ersten machen."
Autoindustrie fordert staatliche "Anschubfinanzierung"
Der Autoexperte Stefan Bratzel von der Fachhochschule Bergisch Gladbach plädiert allerdings für eine staatliche Prämie. Er lehne die "Subventionitis" zwar grundsätzlich ab, er der "Frankfurter Rundschau" (Montagausgabe). Aber um international mithalten zu können, sei eine Absatzförderung nötig. "Weil dieses Instrument das wirksamste Mittel ist, um den Markt zu entwickeln, was die Autos letztlich billiger macht." Bratzel hält eine Förderung von etwa 5000 Euro für sinnvoll.
Dem widersprach Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. Forderungen des Verbands der deutschen Autobauer (VDA) nach Steuergeldern seien falsch, sagte der Experte von der Universität Duisburg-Essen. Um die Chancen der deutschen Auto- und Batterieindustrie zu verbessern, brauche es weitere Entwicklungsprogramme, aber keine "Nachfrageaktivitäten".
Elektroautos hätten ihre Vorteile in Ballungsräume und Nachteile auf dem Land, erläuterte Dudenhöffer weiter. "Warum sollten wir dann Steuergeld dazu verwenden, damit jemand ein Elektroauto in einem Schwarzwalddorf in der Garage stehen hat?" Die Förderung von Elektroautos würde zudem eine Zukunftstechnologie willkürlich vor anderen, wie etwa dem Biokraftstoff bevorzugen. Zudem würden von Kaufprämien auch ausländische Anbieter profitieren. Nicht zuletzt verbiete die hohe Staatsverschuldung Geschenke an einzelne Branchen.
Opel-Chef Nick Reilly sprach sich hingegen für Kaufprämien aus. "Es wäre ermutigend, wenn auch die Bundesregierung diesen Weg beschreitet. Andere Länder sprechen von 5000 oder 6000 Euro als direkter Kaufunterstützung", sagte er dem "Tagesspiegel" (Montagausgabe). Er fügte hinzu: "Mittel für Forschung und Entwicklung sind sicher notwendig. Aber das allein wird nicht reichen."
Am Wochenende hatten sich bereits Daimler-Chef Dieter Zetsche und VDA-Präsident Matthias Wissmann für eine stärkere Förderung ausgesprochen. "Wir brauchen hier eine Art Anschubfinanzierung im Form von staatlichen Incentives", sagte Zetsche der Branchen- und Wirtschaftszeitung "Automobilwoche". Neben China unterstützten auch die USA und Frankreich diesen Sektor mit mehr Geld als Deutschland.
manager magazin mit Material von afp und ddp