Subventionen für Elektroautos "Der Staat sollte diese Wette nicht machen"
mm: Herr Haucap, was meinen Sie, soll der Staat die Entwicklung und Einführung des Elektroautos subventionieren, oder nicht?
Haucap: Also, ich bin da skeptisch. Subventionen sind vor allem dann gerechtfertigt, wenn man ein Marktversagen feststellen kann. Bei der Einführung des Elektroautos sehe ich nicht, wo das der Fall sein sollte. In der Grundlagenforschung zum Beispiel ist eine Förderung oft sinnvoll, weil diese Forschung sonst einfach nicht erbracht würde. Denn sie zahlt sich nicht unmittelbar aus. Sobald es aber um Wissen geht, das patentierbar ist, ist fraglich, warum dafür Steuergelder eingesetzt werden wollten. Das Instrument des Patentes soll ja gerade Anreize für Forschung und Entwicklung geben.
mm: Ihre Skepsis richtet sich also sowohl gegen die Möglichkeit von Kaufhilfen für Elektroautos als auch gegen zusätzliche Forschungsgelder für diesen Bereich?
Haucap: Ja. Es sei denn, es würde dargelegt, dass das Wissen nicht patentierbar wäre. Ansonsten würde mit Steuergeldern eine Forschung mit notwendigerweise unsicheren Ergebnissen betrieben. Und wenn die erfolgreich ist, werden die Gewinne privatisiert, indem Patente dafür verliehen werden. Auf diese Weise einzuspringen ist nicht die Aufgabe des Steuerzahlers. Warum Patente nicht hinreichend starke Anreize bieten sollen, ist nicht klar. In anderen Branchen, etwa der Pharmaindustrie, greift der Staat auch nicht derart in neue Entwicklungen ein. Und weshalb das bei Elektroautos anders sein sollte, ist nicht erkennbar.
mm: Man könnte argumentieren, dass die Autoindustrie für die deutsche Wirtschaft eine besondere Bedeutung hat, nicht zuletzt auch wegen der vielen tausend Arbeitsplätze, die daran hängen. Und offenbar findet gerade eine Art Quantensprung in der Antriebstechnik statt, eine sehr außergewöhnliche Situation also.
Haucap: Das ist sicher eine besonders wichtige Industrie. Aber die hat ja auch selbst ein starkes Interesse daran, erhalten zu bleiben. Deshalb ist der Anreiz groß, dass die Industrie selbst in diese Entwicklungen investiert. Schließlich ist ja schon ein großes Know-how in Deutschland versammelt, die Voraussetzungen sind also gut. Mir ist nicht klar, warum nicht private Geldgeber bereit sein sollten diese Forschung und Entwicklung zu finanzieren.
"Dann verschlafen die Hersteller den nächsten Trend auch"
mm: Und was ist mit dem Argument, dass Deutschland gegenüber dem Ausland, vor allem Asien, offenbar bereits in Rückstand geraten ist?
Haucap: Selbst wenn die deutsche Industrie vielleicht eine Entwicklung verschlafen hat, ist es sicher nicht hilfreich, wenn man das auch noch belohnt, indem man den Aufholprozess staatlich finanziert. Dann werden die Hersteller den nächsten Trend auch wieder verschlafen.
mm: Wie ist es mit dem Umweltaspekt? Der Bund hat in dem Bereich erklärte Ziele und greift auch anderswo stark in den Markt ein, um diese zu erreichen, Stichwort Erneuerbare Energien Gesetz.
Haucap: Generell kann der Markt alleine nicht für den optimalen Umweltschutz sorgen, wenn sich die Kosten für die Umweltnutzung nicht in Preisen wiederfinden. Deswegen gibt es verschiedene Instrumente, um diese Kosten in die Preise zu integrieren. Sei es der CO2-Zertifikatehandel, sei, dass der Benzinverbrauch signifikant besteuert wird. Gerade allerdings das EEG ist kein Paradebeispiel für eine besonders gelungene Umweltpolitik, das ist unter den meisten Ökonomen wohl unstrittig.
mm: Was ist der Grund?
Haucap: Grund ist vor allem, dass die Parallelität von Zertifikatehandel und der Förderung Erneuerbarer Energien dazu führt, dass in Deutschland zwar großflächig neue Energien aufgebaut werden. Die CO2-Emissionen werden dadurch aber europaweit nicht reduziert, weil die Zertifikate einfach weiterverkauft werden. Selbst als industriepolitische Maßnahme ist das nicht erfolgreich, weil ja zum Beispiel über die Hälfte der Solarkollektoren inzwischen aus Asien importiert werden.
mm: Was heißt das auf das Elektroauto übertragen?
Haucap: Es ist einfach sehr ungenau, die Förderung über die Nachfrage, also den Kauf zu stützen. Zudem stellt sich grundsätzlich immer die Frage, ob das die beste Verwendung der Mittel ist. Wenn der Staat etwas subventioniert, dann fällt das Geld ja nicht vom Himmel. Es muss irgendwo anders weggenommen werden.
"Das Geld müsste irgendwo anders weggenommen werden"
mm: Sprich: Es muss entweder heute oder morgen über Steuern finanziert werden.
Haucap: Richtig. Im Endeffekt wird das Geld aus eigentlich produktiveren Wirtschaftszweigen entfernt. Und da stellt sich die Frage, wer eigentlich entscheidet, dass das Geld in dem einen Wirtschaftszweig besser angelegt ist, als in einem anderen. Dass ist besonders schwierig, wenn Leute nicht über ihr eigenes Geld entscheiden und damit auch nicht die entsprechenden Risiken zu tragen haben.
mm: Es gibt auch andere alternative Antriebsformen, zum Beispiel die Brennstoffzelle oder Biogas. Ohnehin scheint ja noch gar nicht klar, welche sich letztlich wirklich durchsetzen wird.
Haucap: Genau. Es ist zwar jetzt ein gewisser Hype um das Elektroauto entstanden. Aber nicht nur aus umweltpolitischen Gründen ist ja noch nicht sicher, dass das nun die beste Investition ist. Vielleicht setzen sich in zehn Jahren doch andere Automobile, zum Beispiel wasserstoffbetriebene durch. Als privater Investor kann man so ein Risiko eingehen, der Staat sollte diese Wette aber nicht machen. Allenfalls bei der Frage der Standardisierung der Aufladetechniken, könnte ein staatlicher Eingriff sinnvoll sein, falls die Industrie da nicht selbst zu einer Lösung kommt.