110-Milliarden-Kredit Bund genehmigt Hellas-Hilfe
Berlin - Das Bundeskabinett hat in einer Sondersitzung am Montag grünes Licht für deutsche Notkredite an Griechenland von gut 22 Milliarden Euro gegeben. Ein Regierungsvertreter sagte, der entsprechende Gesetzentwurf, der den deutschen Anteil an dem Finanzhilfepaket von IWF und Euro-Ländern beinhaltet, habe das Kabinett passiert.
Damit schafft die Regierung die Grundlage, um in den kommenden Tagen in einem beschleunigten Verfahren auch die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat zu erlangen. Beschlossen werden soll der Gesetzentwurf nach den aktuellen Plänen von Parlament und Länderkammer am Freitag. Am Wochenende sollen die Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone dann abschließend mit einem einstimmigen Votum die Griechenland-Hilfen freigeben.
Griechenland soll nach dem Beschluss der Euro-Finanzminister mit 110 Milliarden Euro in den nächsten drei Jahren vor einer Staatspleite gerettet werden. 80 Milliarden Euro sollen von der Euro-Zone aufgebracht werden, 30 Milliarden vom Internationalen Währungsfonds (IWF). Im Gegenzug verpflichtet sich Griechenland zu einem harten und streng überwachten Sparkurs. Dieser sieht massive Kürzungen bei Einkommen und Renten sowie Steuererhöhungen vor. So wird die Mehrwertsteuer zum zweiten Mal in diesem Jahr um zwei Punkte auf dann 23 Prozent heraufgesetzt.
Bis 2013 will die Regierung in Athen 30 Milliarden Euro sparen und bis 2014 das Haushaltsdefizit von derzeit 13,6 Prozent auf die EU- Obergrenze von 3,0 Prozent drücken. Die griechischen Gewerkschaften kündigten für die nächsten Tage weitere Streiks an.
Auf Deutschland entfällt nach den Worten von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ein Anteil von 22,4 Milliarden Euro an den Griechenland-Hilfen. Für das laufende Jahr sind bereits 30 Milliarden der Euro-Länder vorgesehen, davon 8,4 Milliarden Euro aus Deutschland sowie bis zu 15 Milliarden des IWF. Die geplanten Zahlungen Deutschlands "sind Obergrenzen", betonte Schäuble. Nach seinen Angaben wurde bei dem Ministertreffen nur über Griechenland gesprochen, nicht über andere Euro-Staaten mit schweren Defizitproblemen wie Portugal oder Spanien.
Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete, Athen benötige bis Ende 2012 Kredite im Gesamtumfang von 150 Milliarden Euro, um das Haushaltsdefizit zu decken. Zu den europäischen und IWF-Geldern kommen also noch 40 Milliarden Euro, die die Griechen - so die Hoffnungen - am privaten Kapitalmarkt aufnehmen werden.
"Wir brauchen eine Beteiligung der Banken"
Schäuble lobte in Brüssel das griechische Sparpaket: "Das ist ein starkes Programm." Er fügte hinzu: "Die Stabilität der Eurozone steht insgesamt auf dem Spiel." Im ZDF-"Heute Journal" sagte er am Abend: "Griechenland hat ein Sanierungsprogramm akzeptieren müssen, das fast kein Beispiel kennt." In den ARD-"Tagesthemen" ging Schäuble davon aus, dass Griechenland keinen weiteren Finanzbedarf hat. "Die Zahlen jetzt sind realistisch." Die Hilfsmaßnahmen seien "die beste Entscheidung, die wir für die Gewährleistung der Stabilität unserer gemeinsamen europäischen Währung auch in der Zukunft treffen können".
Anders als bisher geplant wollen die Staats- und Regierungschefs der 16 Staaten mit Euro-Währung nun schon am kommenden Freitag (7. Mai) in Brüssel zu einem Sondergipfeltreffen zusammenkommen. Bisher war der 10. Mai ins Auge gefasst worden.
Die Staats- und Regierungschefs wollen bei ihrem Sondertreffen auch Schlussfolgerungen aus der Finanzkrise Griechenlands ziehen. Die Bundesregierung will die Stabilitätskriterien für den Euro drastisch verschärfen. Einem Land, das seine Verpflichtungen nicht einhält, müsste vorübergehend das Stimmrecht entzogen werden können, sagte Merkel der "Bild am Sonntag". Auch müsse über eine Insolvenzregelung für Staaten nachgedacht werden, um so künftig bei einer Rettung auch die Gläubiger mit ins Boot zu bekommen, hieß es in Berlin.
Die schwarz-gelbe Koalition kann die Maßnahmen mit ihrer Mehrheit im Bundestag allein beschließen. Ob auch die oppositionelle SPD diese mittragen wird, ist offen. "Ob wir zustimmen, wird davon abhängen, ob die Bundesregierung am Ende überzeugt werden kann, dass eine reine Kreditermächtigung nicht ausreicht", sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier im "Bericht aus Berlin" der ARD. Vielmehr müsse Vorsorge dafür getroffen werden, dass sich solche Entwicklungen nicht wiederholen. "Wir brauchen eine Beteiligung der Banken, wir brauchen Eindämmung von Devisenspekulationen und wir brauchen eine Regulierung auf den internationalen Finanzmärkten, damit endlich diese schädlichen Spekulationen beendigt werden, die der Steuerzahler am Ende immer tragen muss."
Nach Ansicht des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) müssen die Kredite, die Deutschland und die anderen Staaten Griechenland einräumen, nicht verloren sein. "Wir haben eine große Chance, das Geld wiederzusehen", sagte IW-Direktor Michael Hüther dem "Hamburger Abendblatt" (Montagausgabe). "Am Ende des Tages könnten wir 5 Prozent auf das bekommen, was wir ausgereicht haben, und haben selbst nur 3 Prozent bezahlen müssen. Auf lange Sicht muss das Hilfspaket den Steuerzahler nicht belasten."
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) rechnet damit, dass es trotz der deutschen Milliarden-Hilfe für Griechenland voraussichtlich 2012 zu einer Steuerreform kommen wird. "Der Umfang ist nicht klar. Aber Griechenland wird uns daran nicht hindern", sagte er der "Bild"- Zeitung (Montagausgabe). "Wir geben den Griechen ja kein Steuergeld, sondern nur ein Darlehen."
manager magazin mit Material von reuters und dpa-afx