Obamas Bankenplan Mit fremdem Geld zockt man nicht

Es ist ein radikaler Schritt, den US-Präsident Barack Obama vorschlägt. Eine strikte Trennung von Kundengeschäft und Eigenhandel würde das Geschäftsmodell der großen Banken zerstören. Gut so. Das ist der richtige Weg, um eine Neuauflage der Krise zu verhindern und Steuerzahler gegen Billionenlasten in der Zukunft zu versichern.

Barack Obama verspricht viel. "Nie wieder werden Amerikas Steuerzahler von einer Bank als Geiseln genommen, die zu groß zum Scheitern ist", sagte der US-Präsident gestern. Hinter ihm stand ein Zwei-Meter-Mann, der zum Thema "Too big to fail" Autorität ausstrahlt.

Paul Volcker ist 82 Jahre alt und braucht auf niemanden mehr Rücksicht zu nehmen. Seit Monaten rührt der ehemalige Fed-Präsident die Trommel für eine Aufspaltung der Großbanken. Doch trotz seines Rufs als der Mann, der die Stagflation der 70er Jahre beendete, und trotz seines Postens als Chefberater der Regierung schien niemand auf ihn zu hören.

Nun bekennt sich Obama plötzlich doch zu Volckers Ideen. Ein populistischer Schritt, tönen Kritiker, nur wegen einer verlorenen Parlamentsnachwahl, und weil der Präsident sonst keine politischen Erfolge vorzuweisen hat - das mag alles stimmen. Doch wenn der Präsident auf Paul Volcker hört, hört er auf den Richtigen. Denn der hat gute Argumente auf seiner Seite.

Der Kern seines Ansatzes, erklärt Volcker, ist zu unterscheiden, welche Banken der Staat rettet und welche nicht. "Und ich will nichts retten, was nicht für eine Geschäftsbank nötig ist." Das läuft auf ein Trennbankensystem hinaus, wie es in den USA schon einmal nach dem Glass-Stegall-Gesetz von 1933 existierte. Das Gesetz brachte ein halbes Jahrhundert Stabilität - bis die Deregulierer und Finanzgenies die Lehren der Weltwirtschaftskrise des 20. Jahrhunderts verwarfen.

Der volkswirtschaftliche Nutzen von Geschäftsbanken liegt darin, dass sie Ersparnisse von Bürgern in Investitionen der Unternehmen leiten. Auf der einen Seite kommen Einlagen wie Giro- oder Sparkonten hinein, auf der anderen Seite Kredite heraus. Die Banken verdienen an Zinsmargen, aber sicher keine zweistelligen Renditen. Nur dieses superlangweilige Geschäft ist schutzwürdig, weil das Schicksal von Sparern und Firmen daran hängt.

Privilegien wie die Einlagensicherung, den günstigen Zugang zu Krediten der Zentralbank, aber auch die implizite Garantie einer staatlichen Rettung im Fall einer Pleite, sollen nach Obamas Vorschlag nur noch solche Institute genießen, die sich auf dieses Brot- und Buttergeschäft beschränken. Dafür müssen sie sich von Aktivitäten mit Hedgefonds oder Private-Equity-Fonds, aber auch vom Eigenhandel mit Wertpapieren verabschieden.

Zocken erlaubt - aber nur mit eigenem Geld

Auch Investmentbanken dienen einem gesellschaftlichen Zweck. Sie erschaffen Märkte, finanzieren Wagniskapital, ermöglichen große Deals und spüren Trends auf. Doch dafür gehen sie Wetten mit hohem Einsatz und hohem Risiko ein, die auch in Zukunft immer wieder schiefgehen werden und zu einem Zusammenbruch einzelner Institute führen - das kann die beste Regulierung nicht verhindern.

Die einzige Lösung liegt darin, den Investmentbanken zu erlauben, auf eigene Rechnung zu zocken - aber dann auch mit eigenem Geld. Wenn eine Wette schiefgeht, muss die Bank abgewickelt werden. Die Rechnung zahlen müssen dann diejenigen, die bewusst dieses Risiko eingegangen sind - in erster Linie die Aktionäre, in zweiter Linie die Gläubiger der Bank. Aber nicht arglose Kleinsparer, erst recht nicht der Staat und damit in letzter Instanz die Allgemeinheit der Steuerzahler.

Auf den ersten Blick scheint das die reinen Investmentbanken wie Goldman Sachs  oder Morgan Stanley  zu begünstigen. Sie sind ja schon spezialisiert, dürfen nur nicht mehr auf eine staatliche Rettung hoffen und verlieren den gerade erst erworbenen Zugang zu Zentralbankkrediten. Härter trifft es dagegen die großen Finanzkonglomerate wie Bank of America , Citigroup  oder J. P. Morgan Chase  (analog bei uns die Deutsche Bank ), die sich aufspalten müssten.

Völlig von der Leine gelassen werden dürfen die Investmentbanken aber nicht. Denn die Pleite eines großen Instituts würde, auch wenn kein Staatsgeld direkt im Risiko ist, eine Kettenreaktion über Aktionäre und Gläubiger auslösen und so das System gefährden - siehe Lehman Brothers.

Deshalb wirkt die Volcker-Lösung nur zusammen mit weiteren Regeln wie einer stärkeren Aufsicht, die aktiv Systemrisiken sucht und vorbeugend eingreift. In diesem Zusammenhang ist auch die von Obama ebenfalls angekündigte Wachstumsbremse für Banken wichtig. Wie bereits für Einlagen, soll es auch für Verbindlichkeiten der Banken eine Obergrenze der Marktanteile geben.

Erstens: Casino oder Sicherheitsnetz - beides zusammen darf es nicht mehr geben.

Zweitens: Keine Bank darf größer werden als ihr volkswirtschaftlicher Nutzen.

Mit Volckers Hilfe hat Obama die Zeichen der Zeit erkannt. Jetzt muss er den Worten Taten folgen lassen.

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