Entflechtung BDI will hohen Preis für Zerschlagungen

Weil der Bundesverband der Deutschen Industrie das Zerschlagungsgesetz gegen übergroße Unternehmen nicht aufhalten kann, versucht die Industrielobby, die Anwendung der Regel wenigstens an scharfe Bedingungen knüpfen zu lassen - und die haben es in sich. Ginge es nach dem BDI, würde die Nutzung des Gesetzes für den Bund praktisch unbezahlbar.

Berlin - Als Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) Mitte Januar den Referentenentwurf für ein neues Gesetz gegen Wettbewerbesbeschränkungen vorlegte, ließ die harsche Reaktion der Wirtschaftsverbände nicht lange auf sich warten. "Gravierende verfassungsrechtliche Bedenken" plagen Werner Schnappauf, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), vor allem beim Kernstück des Gesetzes: der sogenannten Entflechtungsbefugnis.

Wenn Unternehmen eine marktbeherrschende Stellung besitzen und dadurch Wettbewerb behindert wird, soll der Staat sie unter bestimmten Voraussetzungen zum Verkauf von Unternehmensteilen zwingen können.

Doch verhindern werden die Wirtschaftsvertreter das Gesetz wohl nicht mehr - die Union hat bereits ihre Zustimmung signalisiert. "Es ist gut, ein solches Instrument als Ultima Ratio im Schrank zu haben", sagt der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Joachim Pfeiffer.

Wenn erfahrene Lobbyisten merken, dass sie keine Chance haben, ein Gesetz zu kippen, dann versuchen sie es zu entschärfen. Diese Taktik verfolgt auch der BDI. Dem manager magazin verriet der Industrieverband jetzt erstmals, welche Paragrafen des neuen Gesetzes ihn besonders stören - und welche Nachbesserungen er von der Politik fordert.

Niels Lau, Leiter der Abteilung Wettbewerbspolitik beim BDI gegenüber manager magazin: "Uns stört vor allem, dass dem Unternehmen selbst gar kein Missbrauch seiner marktbeherrschenden Stellung nachgewiesen werden braucht, um einen Zwangsverkauf zu rechtfertigen. Wir fordern, dass für eine solche faktische Enteignung auf jeden Fall auch ein Fehlverhalten des Unternehmens vorliegen muss."

Wenn es tatsächlich zu einem erzwungenen Verkauf von Unternehmensteilen kommt, will der BDI eine adäquate Entschädigungs- und Schadensersatzregelung ins Gesetz aufgenommen wissen. Lau: "Grundlage für die Entschädigung muss der Marktwert der verkauften Unternehmensteile sein, nicht der meist deutlich niedrigere Buchwert." Außerdem müsse Schadensersatz geleistet werden, wenn ein Unternehmen erst im Wege der behördlichen Fusionsfreigabe oder Ministererlaubnis vermeintlich kritische Ausmaße angenommen hat.

Konkret hieße das: Sollte der Staat zum Beispiel beschließen, mithilfe der Entflechtungsbefugnis den Verkauf von Ruhrgas an Eon rückgängig zu machen - dann hätte Eon Anspruch auf Entschädigung, weil der Zusammenschluss 2002 gegen den Willen des Kartellamts vom Wirtschaftsministerium genehmigt worden war.

Die Kritikpunkte des BDI lassen sich auf einen einfachen Nenner bringen: Die rechtlichen Hürden für staatlich erzwungene Entflechtungen sollen möglichst hoch liegen, und sie sollen den Staat möglichst teuer zu stehen kommen. Wenn der Gesetzentwurf im Bundestag beraten wird, kann der BDI beweisen, wie effektiv er seine Position unter die Abgeordneten zu bringen vermag.

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