Deutsche Bank Analysten zweifeln an Ackermanns Zielen
Frankfurt am Main - Deutsche-Bank-Chef Ackermann fürchtet weder Rückschläge durch eine strengere staatliche Regulierung noch durch die Spätfolgen der Finanzkrise. "Das sind ambitionierte Ziele, aber es sind Ziele, an die wir glauben", sagte Ackermann am Dienstag in Frankfurt.

Optimistischer als die Analysten: Deutsche-Bank-Chef Ackermann
Foto: DPABei faulen Krediten - der größten Sorge der Finanzbranche für 2010 - gibt die Führungsriege der Deutschen Bank für ihr eigenes Haus Entwarnung. Risikovorstand Hugo Bänziger rechnet damit, schon in diesem Jahr das Schlimmste überstanden zu haben. Die Vorsorge soll entsprechend zurückgehen - trotz steigender Insolvenzen im Mittelstand und immer mehr arbeitslosen Schuldnern. Die Deutsche Bank habe sich gut abgesichert, begründete Bänziger seine Zuversicht.
In den ersten neun Monaten des Jahres hatte der heimische Branchenprimus seine Kreditvorsorge auf knapp 2,1 Milliarden Euro vervierfachen müssen. Viele Konkurrenten hatte es aber noch schlimmer getroffen. So musste die Commerzbank im gleichen Zeitraum 2,9 Milliarden Euro zurücklegen und plant für das Gesamtjahr mit einem Puffer von mehr als vier Milliarden Euro. Denn mit der steigenden Arbeitslosigkeit bleiben immer mehr Menschen ihre Raten schuldig.
Anders als der Rivale konnte die Deutsche Bank die Einbußen aber durch ein starkes Investmentbanking mehr als ausgleichen. Das risikoreiche Handelsgeschäft soll auch im kommenden Jahr der Gewinnbringer der Bank sein. Zwar geht der zuständige Vorstand Anshu Jain davon aus, dass der Boom der letzten Monate erst einmal vorbei ist. Der erwartete Rückgang dürfte seiner Meinung nach aber durch geringere Wertberichtigungen aufgefangen werden. Die Frankfurter verdienten zuletzt vor allem am massiven Geldbedarf von Konzernen und Staaten mit ihren Konjunkturprogrammen.
Analysten hegen indes Zweifel, dass die Deutsche Bank im Investmentbanking weiter solche Rekorderträge erwirtschaften kann. "Die Bank hofft, dass sie auch künftig Marktanteile gewinnen kann", kommentieren die Experten von Credit Suisse. Es sei aber viel wahrscheinlicher, dass Konkurrenten, die in der Krise Anteile verloren hätten, nun auf den Markt zurückkehrten. Zudem sei mit keiner spürbaren Belebung der Margen zu rechnen. "Jeglicher Investorentag-Optimismus dürfe sich daher wahrscheinlich in Enttäuschung umwandeln", heißt es in der Kurzstudie der Schweizer.
Ackermann will außerdem das globale Investmentbanking weiter ausbauen, in Asien kräftig wachsen und die Marktführerschaft in der von Sparkassen dominierten Heimat erobern. Dabei helfen sollen die Übernahmen der jüngeren Vergangenheit: Die Deutsche Bank war bei der Postbank eingestiegen, hatte die Privatbank Sal. Oppenheim mit ihrer vermögenden Klientel übernommen und sicherte sich zuletzt Teile des Firmenkundengeschäfts der verstaatlichten ABN Amro.
Bei letzterem Zukauf fehlt aber noch die Zustimmung des niederländischen Parlaments. Diese erwartet der zuständige Deutsche-Bank-Vorstand Michael Cohrs noch in dieser Woche. Im Wesentlichen hat es der Konzern auf die Mittelstandsbank Hollandsche Bank-Unie (HBU) abgesehen. Für die Frankfurter ist es schon der zweite Anlauf. Den ersten Kaufvertrag hatte die Gegenseite nach monatelangen Nachverhandlungen letztlich platzen lassen.
Genug in der Kasse
Die milliardenschweren Übernahmen kann sich die Deutsche Bank nur leisten, weil sie glimpflich durch die Finanzkrise gekommen ist. Zwar musste sie im vergangenen Jahr vor Steuern einen Verlust von 5,7 Milliarden Euro verkraften. Anders als viele Wettbewerber hatte sich die Deutsche Bank zuvor aber von Teilen ihrer Schrottpapiere getrennt und kam deshalb schnell wieder auf die Beine. In den ersten neun Monaten des laufenden Jahres verdiente sie vor Steuern 4,4 Milliarden Euro.
Nun sieht sich das Institut gut gerüstet, auch den kommenden, strengen Anforderungen gerecht zu werden. Die Regierungen rund um die Welt wollen die Banken zwingen, künftig mehr eigenes Geld für ihre Geschäfte vorzuhalten, um eine neuerliche Krise abzuwenden.
Risikovorstand Bänziger stellte klar, dass die Deutsche Bank das zusätzlich nötige Kapital aus Bordmitteln aufbringen kann. Eine Kapitalerhöhung kommt für den Vorstand nur für einen neuerlichen großen Zukauf infrage. Die Komplettübernahme der Postbank, das hatte Bankchef Ackermann bereits am Vortag gesagt, werde aber noch eine Weile dauern.
Bei Experten stoßen Ackermanns Wachstumsziele auf Skepsis. Als zu optimistisch kritisieren Finanzanalysten vor allem die Annahmen, die der Bankchef für das Erreichen des Rekordgewinns von zehn Milliarden Euro 2011 genannt hat. So geht Ackermann davon aus, dass es zu keinen neuen Marktverwerfungen kommt und sich die Margen im Vergleich zur Zeit vor der Finanzkrise verbessern. "Alles in allem erwarten wir nicht, dass die Deutsche Bank die Ziele erreichen kann", resümiert Philipp Häßler vom Analysehaus Equinet.
Außerdem werden die Sparpläne bei der Berliner Bank das Ergebnis der Deutschen Bank im Privatkundengeschäft belasten. Spartenvorstand Rainer Neske rechnet im laufenden Quartal mit Einmalkosten von 80 Millionen Euro - etwa für Abfindungen. Im Zuge der geplanten Integration der Berliner Bank bei der Deutschen Bank sollen bis 2012 rund 400 Stellen wegfallen - der Vorstand erhofft sich dadurch Einsparungen von 50 Millionen Euro. "Derzeit laufen hier die letzen Verhandlungen", sagte Neske. Abfindungskosten belasteten das Ergebnis der Sparte in diesem Jahr bereits deutlich. Der Gewinn liegt nach neun Monaten mit gut 400 Millionen Euro nur halb so hoch wie im Vorjahr.
Drei Jahre nach dem Kauf will die Deutsche Bank die Berliner Bank enger an sich binden und das Haus von einer Aktiengesellschaft in eine Niederlassung umwandeln. Das führt zum Abbau von Doppelarbeit etwa im Risikomanagement und macht keinen eigenen Vorstand für die Berliner Tochter mehr nötig. "Wir werden aber die Marke in Berlin erhalten und auch die Filialen nicht ändern", betonte Neske.
Insgesamt will die Deutsche Bank im Privatkundengeschäft bis 2012 mehr als 200 Millionen Euro einsparen, um den angestrebten Gewinn von 1,5 Milliarden Euro zu erreichen. Dies geht einher mit dem Abbau von 1100 Stellen - vor allem in der Abwicklung von Bankgeschäften. Ursprünglich wollte die Bank zugleich europaweit 2500 neue Mitarbeiter für die Beratung einstellen. Die Finanzkrise hat diese Pläne aber vorerst ausgebremst. Neske setzt nun darauf, dass sich in den nächsten Jahren die Märkte stabilisieren und die Privatkunden wieder an die Finanzmärkte zurückkehren.
manager magazin mit Material von reuters und dpa-afx