Internationale Bilanzreform
Schäuble droht mit Blockade
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat das internationale Bilanzregelgremium unter Druck gesetzt. Die geplanten Änderungen kämen amerikanischen Rechtspositionen zu stark entgegen. Und sie berührten dabei auch noch sensible Bereiche: Die Bewertung von Wertpapieren etwa, die in der Finanzkrise eine Rolle gespielt haben.
Berlin - Die Bundesregierung sperrt sich gegen die Anpassung der europäischen Rechnungslegungsvorschriften an US-Regeln. Deutschlands Justiz- und das Finanzministerium forderten deshalb in einem gemeinsamen Brief an den Chef des internationalen Bilanzgremiums (IASB), Sir David Tweedie, Änderungen an den bisherigen Beschlüssen. Das hat die Nachrichtenagentur Reuters berichtet.
Zugleich warnte Schwarz-Gelb vor zu weitgehenden Zugeständnissen an US-amerikanische Prinzipien. Für den Fall, dass ihre Bedenken unberücksichtigt bleiben, drohten Finanzminister Wolfgang Schäuble und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger mit einer Blockade der Reform. Die Angleichung dürfe nicht in die "falsche Richtung" führen, wenn die deutsche Zustimmung zu der Reform nicht gefährdet werden solle, heißt es in dem Schreiben.
Das IASB versucht derzeit, in Gesprächen mit dem zuständigen US-Gremium FASB die Gegensätze bei den Bilanzierungsregeln auf beiden Seiten des Atlantiks zu überbrücken. Im Kern geht es in dem Streit um die Bewertung von Wertpapieren in den Bilanzen. Hier gibt es derzeit erhebliche Unterschiede zwischen der amerikanischen und der europäischen Praxis.
Die USA orientieren sich sehr viel stärker am Zeitwert (fair value) der Papiere. Die Europäer wollen hingegen ein Mischmodell, in dem neben dem Marktpreis auch die Anschaffungskosten der Papiere in den Bilanzen einfließen können. "Wir sind weiterhin in Sorge, dass dabei die nötige Balance bislang noch nicht erreicht werden konnte", heißt es in dem Brief an das IASB.
Gegen die US-Bilanzierung sträuben sich die Europäer auch, weil Kursschwankungen während der Finanzkrise viele Banken zu hohen Abschreibungen gezwungen hatten. Nach Presseinformationen müssen sich Banken weltweit auf weitere Einschränkungen bei der Berechnung ihres Kernkapitals einstellen: Nach Informationen der "Financial Times Deutschland" diskutiert der für die Bankenregulierung zuständige Baseler Ausschuss, dass Konzerne Kernkapital von Tochtergesellschaften künftig nicht mehr voll anrechnen dürfen.
Derzeit werden Töchter, an denen eine Bank mehr als 50 Prozent hält, im Konzernabschluss voll konsolidiert. Bei einer Reform dürfte das Kernkapital der Tochter nur noch begrenzt angerechnet werden.